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STUTTGART/ Ballett: SCHWANENSEE

Mit neuer Schwanenkönigin

01.06.2018 | Ballett/Tanz


Hyo-Jung Kang – die neue Schwanenkönigin, hier als Odette. Copyright: Carlos Quezada

Stuttgarter Ballett: „SCHWANENSEE“ 31.5.2018 – mit neuer Schwanenkönigin

 Die vorerst letzten beiden Vorstellungen von John Crankos nun 55 Jahre alter Choreographie standen im Zeichen des wichtigen Debuts von Hyo-Jung Kang in der Doppel-Hauptrolle. Die koreanische erste Solistin ist wie ihre letztes Jahr verabschiedete berühmte Namenskollegin (Sue Jin Kang) eine sich mit spürbarer Freude und Enthusiasmus hingebende Ballerina, die gleichermaßen mit feiner, schön zelebrierter Lyrik wie mit natürlicher dramatischer Kraft besticht. Obwohl nicht mit den schlanksten Beinen gesegnet und nicht so schwebend grazil im Einsatz der Arme wie so manch andere Kolleginnen  erzielt sie durch eine bis in die kleinste Nuance musikalisch perfekt abgefederte Balance eine von viel Poesie durchdrungene Interpretation der leidvollen Schwanenkönigin. Ihre Stärken liegen dabei mehr in der Spannungswahrung der langsam geprägten Teile als in der vorwärts drängenden Virtuosität der Verführerin, wo in den abschließenden Fouettes zumindest gewisse Grenzen erkennbar sind. Faszinierend ist ihr Wandel von der süffisant lächelnden Odile zur von Trauer umflorten betrogenen Odette, für die Cranko mit der Entlehnung des Adagios aus Tschaikowskys „Hamlet“ eine so bewegend atmosphärische Entsprechung gelungen ist.


Hier als Odile mit Jason Reilly als Siegfried (und Sonia Santiago als Königin). Copyright: Carlos Quezada

Hyo-Jung Kang profitiert auch von der Erfahrung und menschlichen Reife ihres Partners Jason Reilly, der sich gerade in diese tief gehenden Phasen in den letzten Jahren zu einem glaubhaft würdigen Gestalter entwickelt hat. In keinem Moment lässt er erahnen, dass ihm die Partie des Siegfried laut eigenem Bekunden nicht sonderlich nahesteht, und erfüllt den Prinzen auch jetzt wieder als Einspringer für einen verletzten Kollegen mit einer Mischung aus gesetztem Wissen und spontaner Nachempfindung. In einigen weiten und hohen Sprüngen sowie einer gescheit abgewandelten Variation im 3. Akt beweist er, dass auf ihn auch als Techniker weiterhin Verlass ist. Und erst recht auf seine gerühmten Fähigkeiten als höchst zuverlässiger, starker Partner.

Roman Novitzky hat sich inzwischen zu einem Furcht erregenden Rotbart gemausert, der seine Dämonie in Verbindung mit dem Einsatz des schwarzen Zauberumhangs vor allem auf dem Fest des 3. Aktes ausspielt.

Im Ensemble mit den vielen Soli der Bürgerinnen und internationalen Abgesandten herrschte allgemein bereits bei früheren Vorstellungen gewürdigtes hohes Durchschnitts-Niveau, das Schwanen-Corps absolvierte seine bravourösen Synchron-Formationen durchweg mit schwebender Leichtigkeit und Balance.

James Tuggle leitete das Staatsorchester Stuttgart (mit feinen Soli von Violine + Cello) mit Verve, aber auch einigen Grobheiten, die sich im Repertoire-Betrieb wohl nicht vermeiden lassen.

Kräftige Ovationen, in fast gleichem Maße auch für die Musiker.

 Udo Klebes

 

 

 

 

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