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STUTTGART/ Ballett: „FÜNF FÜR HANS“ 29.05. (nachm.) – ästhetischer Genuß auch mit Alternativ-Besetzung

31.05.2025 | Ballett/Performance

Stuttgarter Ballett: „FÜNF FÜR HANS“ 29.05. 2025 (nachm.) – ästhetischer Genuß auch mit Alternativ-Besetzung

Als an diesem Feiertag eine Alternativ-Besetzung in den allermeisten Positionen ihr Debut gab, wurde zusätzlich zu den bereits bei der Premiere genannten Erkennungs-Merkmalen von Hans van Manens Stil bewusst, wie gut, ja vorteilhaft er die Tanzenden darin aussehen lässt. Ganz besonders im ersten Stück von 1973, wo noch Anlehnungen an Balanchines Klassizismus erkennbar sind. Die plastischen Konturen seiner Choreographien fordern von den Ausführenden eine höchst konzentrierte Körperspannung und gleichzeitig eine Lockerheit im vielsagenden Einsatz von Blickkontakten.

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Adagio Hammerklavier:  Rocio Aleman und Marti Paixa. Copyright: Roman Novitzky/Stuttgarter Ballett

In „ADAGIO HAMMERKLAVIER“ zu Beethovens gleichnamiger Klaviersonate (von Olga Khoziainova wieder mit großem Atem zusammengehalten) gesellte sich Henrik Erikson mit eben jener Präzision und Leichtigkeit, gerade auch in den teils fast in Zeitlupe gespannten Hebungen, zu den darin von früheren Aufführungen bereits erprobten, kontrastierendes Mienenspiel einbringenden Kollegen Rocio Aleman, Agnes Su, Elisa Badenes (kurzfristig statt Veronika Verterich), Marti Paixa und Ciro Ernesto Mansilla, der nach längerer Pause wieder auf die Bühne zurück kehrte und in guter Form Hoffnung machte, dass er jetzt auch in größeren Rollen durchstarten kann.

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Two Pieces for Het: Elisa Badenes und Friedemann Vogel. Copyright: Roman Novitzky/Stuttgarter Ballett

Einen Paartausch gegenüber der Premiere gab es bei den beiden Pas de deux „TWO PIECES OF HET“ (zu Streichermusik von Tüür und Pärt) und „TROIS GNOSSIENNES“ zur gleichnamigen Komposition von Satie, jetzt gespielt von Alastair Bannerman). Elisa Badenes und Friedemann Vogel erhoben ersteres zu einem weniger erotischen, aber in der Austragung noch differenzierteren Akt des Geschlechterkampfes mit eingestreuten augenzwinkernd komischen Posen. Bis sie schließlich wie versöhnt Schulter an Schulter aneinander hängen.

Während Rocio Aleman und Marti Paixa ihre Stärken in diesem Stück grandios ausspielen konnten, entfalteten sie jetzt im anderen mit etwas reservierterer Kommunikation bei ansonsten technisch-menschlich idealer Harmonie nicht ganz so viel körpersprachliche Würze. Das dürfte sich in weiteren Vorstellungen sicher noch entwickeln.

Das immer für gute Laune sorgende „SOLO“ (1997 für das NDT kreiert) reißt auch dann mit, wenn die drei Tänzer eher gegensätzliche Charaktere sind, entscheidend ist letztlich der reibungslose Fluss ihres virtuosen Durchlaufs zu Bachs erster Violin-Solo-Partita. Und das funktioniert bei dem freudig charmanten Adhonay Soares Da Silva sowie den beiden Neulingen, dem mehr trockenen und noch etwas ernst wirkenden Martino Semenzato und dem gelöst glücklichen und weich beweglichen Gabriel Figueredo in Summe genauso Begeisterung entfachend.

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Frank Bridge Variations: Diana Ionescu und Henrik Erikson.Copyright: Roman Novitzky/Stuttgarter Ballett

In den abschließenden „FRANK BRIDGE VARIATIONS“ war wieder gut zu beobachten, wie van Manen aus der Musik (Benjamin Brittens gleichnamige Streichorchester-Suite) heraus seine Choreographie entworfen und angelegt hat. Wie aus Tempoverzögerungen und farblichen Schattierungen Akzente in der Setzung der Schrittfolgen, ja auch hier bei den Pas de deux mit dezentem Augenspiel Stimmungen entstehen. Anna Osadcenko und Jason Reilly beherrschen das als reife Gestalter schon mit einer gewissen Abgeklärtheit, während die bestechend feinsinnige Diana Ionescu und der leise vergnügliche Henrik Erikson ihre Aufgaben mit Frische und Verve angehen.

Die drei gruppenfüllenden, aber auch in kurzen Sequenzen einzeln geforderten Paare wurden erstmals von Nathalie Thornley-Hall und Noan Alves, Abigail Willson-Heisel und Lassi Hirvonen sowie Priscylla Gallo und Mitchell Milhollin ohne Nachlässigkeiten übernommen.

Streicher des Staatsorchesters Stuttgart steuerten unter der wie immer klanglich anstachelnden Leitung von Noch-MD Mikhail Agrest das musikalische Gerüst bei und rundeten so den ästhetischen Genuss dieses Programms akustisch ab.

Udo Klebes

 

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