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STUTTGART: ARIODANTE von G.F.Händel. Wiederaufnahme

22.04.2017 | Oper

Stuttgart: ARIODANTE von G.F.Händel  21.4.2017

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Diana Haller. Copyright: Christoph Kalscheuer/ Staatsoper Stuttgart

An der Staatsoper wurde im März die selten gespielte Oper Ariodante von G.F.Händel inszeniert, nachdem sie 1926 ebenfalls in Stuttgart uraufgeführt wurde. Händel hatte sie anscheinend für die Schublade komponiert. Dabei entspricht sie genau Händels Opern-Erfolgsschema, quasi Arie an Arie zu reihen, wenige Rezitative und Ensembles zu bringen, den Chor außen vor zu lassen und einer relativ langwierigen Dramaturgie zu folgen und dabei in die Qualität der Arien zu investieren. Warum dieses Konzept bei Ariodante nicht aufging, bleibt fraglich, da auch das Libretto nach dem ‚Rasenden Roland‘ sehr griffig ist. Im schottischen Mittelalter liebt der Ritter Ariodante Prinzessin Ginevra, die Verbindung wird vom König befürwortet, aber Polinesso, Herzog von Albany, liebt Ginevra ebenfalls, da er von ihr aber nicht wieder geliebt wird, möchte er die bestehende Verbindung zerstören und macht sich dabei der in ihn verliebten Hofdame Dalinda zu Nutze, die in den Kleidern ihrer Herrin Ginevra ihn lieben soll. Das bleibt von Lurcanio, dem Bruder Ariodantes, nicht unentdeckt . Da der Schein gegen sie spricht, ist Ginevra dem Tod verfallen, falls nicht ein Ritter im Zweikampf siegreich für sie streitet. Polinesso kämpft für sie, wird aber von Lurcanio, der Dalinda liebt, erschlagen. Diese hat das Komplott gebeichtet und erhört nun auch Lurcanio. Ariodante kann nach einem Selbstmordversuch aus Liebe seine Ginevra heiraten.

Das Staatsorchester spielt in ralativ kleiner Besezung sehr gut geprobt, natürlich historisch informiert sowie mit ein paar Barockinstrumenten, die den Klang etwas verfremden können. Giuliano Carella dirigiert spritzig und mit klarem Impetus das fast ganz hochgefahrene Ensemble.

Für die Inszenierung und die Dramaturgie haben sich Jossi Wieler und Sergio Morabito eine ganz in die Moderne verlegte und jeglicher Historie entkleidete Spielform zu eigen gemacht, die an einer musikalischen Revue sehr nahe kommt. Während die Ouvertüre gespielt wird, stellen sich die Protagonisten vor, begleitet von einer elektronischen Anzeigentafel, die in die Menagerie (Nina v.Mechow, auch Kost.)hineinhängt.  Deren Boden ist erst mit Sägemehl bedeckt, später bedeckt ihn ein mittig zentrierter Stern mit langen Strahlen. Für den Zweikampf wird noch eine Box-Arena darauf gesetzt, die hoch- und runterfahren kann. Darunter befindet sich das ‚Gefängnis‘ Ginevras. In diesem Ambiente ziehen die Protagonisten meistens ganz verrückte Tanzshows ab. Polinesso ist auch der Technik-Freak und setzt die Beleuchtung auf den Stahlgestänge darüber in Gang. Dem Bösen fällt aber auch die Aufgabe zu, immer wieder aus dem „Brief über das Theater“ von Jacques Rouseau vorzulesen, in dem das Theater Ende des 18.Jahrhunderts als verkommener Ort beschrieben wird. Die Damen tragen z.T. sexy Kostüme oder Unterwäsche, Ariodante geht in rotem Gewand. Ginevras weiß -blau- gelbes wird von Polinesso sozusagen verhexelt. Das enorme Beleuchtung- und Videokonzept ist von Voxi Bärenklau.

Philipp Nicklaus gibt den Odoardo, einen tenoralen Günstling des Königs. Gerald Thompson (Polinesso) ist ein Countertenor mit hoher heller Sopranstimme, der die Stimme nur unter Einsatz von Schärfe forcieren kann. Sebastian Kohlhepp singt den Lurcanio mit angenehmen manchmal schneidigem Tenor und  setzt  dabei intensive wohlklingende Gesangslinie ein. Matthew Brook singt den König mit gutsitzendem Baßbariton gut im Lamento. Ana Durlovski stellt ihren plastisch  gut ausgesungenen Sopran der Ginevra zur Verfügung und kann in der Aporie, in der sie den Tod wünscht, frappant überzeugen. Diana Haller ist Ariodante, gibt ihrem starken, Koloratur erprobten Mezzo ihr betörendes Timbre mit. Den Vogel schießt aber fast Josefin Feiler als Dalinda ab. Mit ihrem super getragenen Mezzo spinnt sie stupende Phrasen, die unter die Haut gehen, auch wenn sie von der Regie öfters zu unsinnigen und komischen Aktionen angehalten ist.                                                                                             

Friedeon Rosén

 

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