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STIRB LANGSAM – EIN GUTER TAG ZUM STERBEN

14.02.2013 | Allgemein, FILM/TV

Ab 14. Februar 2013 in den österreichischen Kinos
STIRB LANGSAM – EIN GUTER TAG ZUM STERBEN
A Good Day to Die Hard / USA / 2013
Regie: John Moore
Mit: Bruce Willis, Sebastian Koch, Jai Courtney, Yuliya Snigir u.a.

Man rekapituliere kurz:

1988 erschien John McClane in Gestalt des damals 33jährigen Bruce Willis erstmals auf der Leinwand. „Die Hard“, zu Deutsch: „Stirb langsam“, spielte in einem Hochhaus, Gegenspieler: Alan Rickman, und der Filmtitel wurde zum Markenzeichen.

1990 hieß es im Original „Die Harder“, auf Deutsch setzte man einfach die „2“ hinter den Titel – „Stirb langsam 2“. Diesmal spielte die Handlung während eines Blizzards zu Weihnachten am Flughafen von Washington, der Bösewicht war Franco Nero.

1995 war von „Die Hard with a Vengeance“ die Rede (zu Deutsch: „Stirb langsam – Jetzt erst recht“), man hetzte durch New York, teilweise durch U-Bahn-Schächte, Jeremy Irons war mit Blondhaar der „Böse“ (ein Deutscher!), Samuel L. Jackson nervte in einer großen Nebenrolle.

2007 – die Pause von 12 Jahren war ziemlich lang – hieß es dann „Live Free or Die Hard“, während auf Deutsch wichtig war zu sagen, dass man bei Teil 4 angelangt war, deshalb der Titel „Stirb langsam 4.0“. Das verwies auch schon aufs digitale Zeitalter, und tatsächlich war dem in seinen Methoden noch etwas „gestrigen“ John McClane ein Kid als Computer-Genie beigegeben (tatsächlich hat man von diesem Darsteller, Timothy Olyphant, dann nicht mehr viel gehört).

2013 ist es so weit: „A Good Day to Die Hard“ heißt auf Deutsch „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“, begibt sich erstmals aus den Vereinigten Staaten hinaus, aber der Film ist russenfeindlich genug, dass er nicht in Russland, sondern ersatzweise in Ungarn gedreht wurde. Sebastian Koch, einer von Deutschlands Paradeschauspielerin (vor allem in TV-Produktionen aus der Zeit des Dritten Reichs als Stauffenberg und Albert Speer), steht als russischer Dissident vor der Kamera, und McClane ist diesmal als helfender Vater unterwegs…

Da sollte man doch meinen, dass längere Pausen – zwar nicht zwölf Jahre wie zwischen Film 3 und 4, aber immerhin noch gute fünf seit dem letzten Film – eine Garantie dafür abgeben, dass alle Beteiligten sich sorgfältig den Kopf zerbrechen. Die Vorgaben für „Stirb langsam“ sind schließlich hoch, hier wurde um die Persönlichkeit von Bruce Willis ein eigener Stil kreiert, der Action und Humor auf das nachdrücklichste mischte.

Immer etwas irreal, steckte doch in der Figur des Cops John McClane auch als Substanz einiges Wunschdenken: Solche Männer sollte es geben, die die Welt beschützen und retten. Härter als James Bond, wie er es bis Pierce Brosnan war (Daniel Craig hat ja ein neues Kapitel aufgeschlagen), und auch glaubwürdiger. Schmutziger und witziger.

Der fünfte Teil von „Die Hard“ enttäuscht, um es gleich vorwegzunehmen, auf vielen Ebenen. Am wenigstens noch bei der so wichtigen „Action“, denn das ist etwas, das Regisseur John Moore kann, und wenn dann bei einer Autojagd durch Moskau die Riesenlaster Purzelbäume schlagen, hat das etwas Choreographisches und fast Vergnügliches an sich…

Nein, das ist eigentlich die einzige Ebene, wo dieser Film wirklich funktioniert, wenngleich man auch hier einschränken muss: „Schneller, besser, höher“, was ja – in Paraphrase – auch im Action-Kino die Vorgabe ist, kann in der Realität kaum mehr eingelöst werden. Mittlerweile ist alles schon einmal gemacht worden, hat man alles schon einmal gesehen, es ist toll, gut – na und? Der Gewöhnungseffekt greift. Und wie so oft ist auch bei „Die Hard 5“ der kurze Trailer wirkungsvoller als der ganze Film, der mit relativ normalen eineinhalb Stunden glücklicherweise nicht sonderlich lang ist – mehr hätte er auch nicht vertragen.

Denn Manko Nr. 1 ist das Drehbuch von Roderick Thorp und Skip Woods. Bislang war John McClane immer in seiner amerikanischen Heimat unterwegs, aber man weiß schließlich, dass die meisten Action-Filme einen Teil ihrer Wirkung aus exotischem Lokalkolorit beziehen. Warum es McClane gerade nach Moskau verschlagen muss, sei dahingestellt (weil die Optik hier nur mäßig ergiebig ist), aber vielleicht sitzt den Amerikanern „der Russe“ als alter Feind noch so in den Knochen (obwohl sie mittlerweile genügend andere haben), dass man hier glaubwürdig die Bösen jagen kann.

Es beginnt damit, dass Papa Cop erfährt, dass sein Sohn Jack, von dem er lange nichts gehört hat, in Moskau im Gefängnis sitzt und auf seinen Prozess wartet. (Sagen wir zwischendurch, dass die Besetzung dieses Sohnes mit dem australischen Schauspieler Jai Courtney extrem farblos ausgefallen ist.) Besorgter Papa – nichts als in den Flieger und hinüber nach Russland, dort ein sehr schwacher Dialog mit einem Taxifahrer, und schon landet Papa vor dem Gerichtssaal, wo der Sohn (angeblich) gegen einen Dissidenten aussagen will. Diesen hat man als Kinozuschauer schon kurz kennen gelernt und sofort als den „Guten“ identifiziert, der sich von den „bösen“ Apparatschiks nicht unterkriegen lassen möchte: Sebastian Koch als Komorov (wer er eigentlich ist, kommt kaum heraus) war kurz in seiner Zelle zu sehen, intellektuell über ein Schachspiel gebeugt, unerschütterlich allen Angriffen widerstehend…

Wenn dann die Action beginnt, Sohn und Dissident aus dem Gerichtssaal „gesprengt“ werden (es gibt natürlich furchtbar viel Krach hier), in ein „sicheres Haus“ flüchten, wo sich dann herausstellt, dass Söhnchen ein CIA-Agent ist – da erweist sich dann, dass das Drehbuch mehr Löcher hat als ein Schweizer Käse und es weder logische Übergänge noch glaubhafte Aktionen gibt: Allein, wo all die Fahrzeuge, Waffen, Kleidungsstücke herkommen, die unseren Helden immer zur Verfügung stehen, hängt völlig in der Luft. In einer Kinowelt der hektischen Schnitte muss man froh sein, wenn man die jeweiligen Hauptfiguren nicht aus dem Auge verliert, etwas wie eine auch nur halbwegs logische Handlungsabfolge erweist sich als lächerlich naive Erwartung.

Abgesehen davon, dass jeder Hauch von Glaubwürdigkeit verloren geht, wenn Papa und Sohn die Konsistenz von Comic-Figuren haben – was sie allein an Sprüngen durch Fensterscheiben und aus höchsten Höhen in die Tiefe leisten, müsste sie nach fünf Kinominuten killen. Aber mehr als gelegentlich (schlecht) aufgeschminktes Blut, das sie interessant machen, aber nicht verschandeln soll, ist da nicht zu holen… Das ist wieder einmal ein Film, der die Kinozuschauer für blöd verkauft, aber diesmal weitgehend darauf vergisst, ihnen das durch Ironie ausreichend mitzuteilen.

Dabei gibt sich das Drehbuch ja sogar „politisch anspruchsvoll“ – die Tochter des geretteten Dissidenten (wie dieser Komorov immer von hier nach dort kommt, schwebt auch im Ungewissen) ist offenbar bei den „Bösen“ daheim. Mit diesen zieht der Tross dann nach Tschernobyl, wo eine wunderbare „Entseuchung“ der Luft stattfindet, damit unsere amerikanischen Helden am Ende des Films nicht etwa kontaminiert heimkehren müssen. Aber die Geschichte schlägt noch lächerliche und durchaus vorhersehbare Volten, wenn es darum geht, wer eigentlich das hier lagernde, angereicherte Plutonium verbrecherisch um Millionenbeträge verscherbeln will… Wie in allen „Die Hard“-Filmen spielen die Frauen übrigens eine so minimale Rolle, dass es schon fast an Frauenfeindlichkeit grenzt, aber die wenigen Male, wo sie frontal vor die Kamera darf, erweist sich Yuliya Snigir wenigstens als sehr hübsch.

Eine weitere, geradezu peinliche Schwäche des Films ist die knüppeldicke eingebaute Familiensentimentalität des Ganzen: Vater und Sohn, einst entfremdet, nähern sich einander geradezu neckisch an (absolut kein Klischee ausgelassen), und wenn die Handlung je für einen Minuten-Dialog innehält, dann geht es nur darum, dass die beiden einander versichern, wie sehr sie sich lieben. Dann kann man auch wieder die Maschinengewehre packen, die sich praktischerweise immer irgendwo finden, und weiter losballern…

Wie es dann vom Showdown fix in die alte Heimat zurück geht, damit auch noch die McClane-Tochter in die Familienliebe einbezogen werden kann (wo ist eigentlich die Mutter?), hätte eigentlich auch noch ein paar Drehbuchseiten verdient, aber, wie gesagt, mit Logik hält sich hier keiner auf. Und leider auch nicht mit dem sonst so unwiderstehlichen Bruce-Willis-Humor: Der ist auf Sparflamme ganz tief hinuntergedreht. Dafür trieft es wie in einer Familienserie der fünfziger Jahre. Wohin ist man da geraten?

Sollte Willis wirklich, wie er ja bereits verkündete, Lust auf einen sechsten Teil haben, sollte er das Drehbuch mit kritischem Verstand lesen, bevor er „ja“ sagt. Er hat doch in der Vergangenheit genügend wirklich gute Action-Filme gemacht, um zu wissen, wie so etwas aussehen muss.

Renate Wagner

 

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