27.7.2017: Musikfestival Steyr: Leonard Bernsteins „WEST SIDE STORY“ – mit frischer Dynamik bis zum blutigen Ende
Nach der Premiere: Intendant Karl-Michael Ebner
Regionaldirektor Klaus Losbichler / Sparkasse OÖ Landesdirektor Mag. Günther Erhartmaier / Wiener Städtische Jan-Werner Schäfer / Darsteller Bernardo Bernhard Viktorin / Darsteller A-Rab Jakob Semotan / Darsteller Riff Juliette Khalil / Darstellerin Maria Ing. Franz Hammelmüller / SKF Martina Dorak / Darstellerin Anita Choreograph Florian Hurler David Sitka / Darsteller Tony BGM Gerald Hackl Regisseurin Mag. Susanne Sommer
New York, die vormals verwahrloste West Side der Stadt, wie lässt sich deren Atmospähre in den Schlossgraben des Barockschlosses Lamberg in Steyr transferieren? Steyr: Einer der wichtigsten österreichischen Industriestandorte mit einem der allerschönsten historischen Ortskerne im Lande. Ein erprobtes Team aus dem Umkreis der Wiener Volksoper gibt hier beim sommerlichen Musikfestival Steyr den Ton an, und Leonard Bernstein ist es, der heuer mit seiner „West Side Story“, seit 1957 immer noch und für immerdar ein geniales Stück der Musikgeschichte, das Publikum beglücken soll.
Eine kahle Hausfront – nicht an NY, eher an baulichen Ementalerstil erinnernd – verdeckt die schmucke Arkadenbrücke über den Schlossgraben. Mit gelegentlichen Projektionen, ziemlich divergenten, wird diese aufragende Dekoration bespielt. Das Musikarrangement von Dirigent Siegmund Andraschek mit starker Betonung des Bläsersoundes und von dessen Cross Over Orchestra Vienna sehr intensiv interpretiert, vermittelt eindringlich die aggressiven Spannungen zwischen Jets und Sharks. Und die Regie von Susanne Sommer erzielt für diese zeitlose Romeo und Julia–Version aus amerikanischer Perspektive mit zunehmender dramatischer Verdichtung ihre stärksten Wirkungen. Dazu gehen die Girls & Boys des Europaballett St. Pölten mit all ihren Emotionen in der stets dynamisch aufputschenden Choreographie von Florian Hurler mit.
Stimmlich wirkt alles überwiegend angenehm, tontechnisch nicht immer so ganz. Juliette Khalil und David Sitka, liebevoll und sympathisch als Maria und Tony, zählen zu den Volksopern-Hoffnungen. Martina Dorak ist in jeder Hinsicht eine perfekte Anita, Amelia Muus und Jakob Semotan stehen in den Gangs an vorderer Front.
Wenn schon die blutigen Bandenkriege in New York, dann auch die noch blutigeren Kriege früher zwischen den Religionen in Europa: Im Stadtmuseum Steyr ist heuer bis November zum Reformationsjahr die Sonderausstellung „Reformation 1517 und heute? Das evangelische Jahrhundert 1517 bis 1627“ zu sehen. Steyr, Österreichs damals zweitgrößte Stadt, protestantisch geprägt und ein reiches Handelszentrum, dokumentiert hier die religiösen und geistigen Entwicklungen und deren Auswirkungen in diesen Jahrzehnten.
Meinhard Rüdenauer