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STEFAN KOCAN – ich habe nicht so sehr Ziele, mehr Wünsche

21.11.2016 | Sänger

Interview mit dem Bassisten Stefan Kocan am 16.11.2016 (anlässlich seines Gastspiels am Theater an der Wien als Banquo (Macbeth)

Das Gespräch führten Elena und Wolfgang Habermann.


Stefan Kocan beim Interview mit dem Online-Merker. Copyright: Barbara Zeininger

Stefan Kocan wurde in Dolne Dubova (bei Trnva) in der Slowakei geboren
, wo seine Familie auch jetzt noch lebt. Schon mit 10 Jahren machte er erste musikalische Erfahrungen, weil er für einen verstorbenen Organisten einsprang. Zu speziellen Anlässen bildete er später mit seinem Bruder und Freunden ein kleine Band und spielte die Hits der 80er. Mit 14 sang er am Konservatorium in Bratislava vor und studierte Operngesang, ohne vorher je eine Oper live gesehen zu haben. Ursprünglich wurde er als Bariton angesehen. Erst als 1998 Yewgeny Nesterenko einen Meisterkurs in Piestany hielt, erkannte dieser das Potential des Basses in Kocan. Nesterenko gab aber keine Privatstunden und so ging Kocan nach Wien ans Konservatorium in seine Klasse. Um diese vier Studienjahre zu finanzieren, opferten seine Großeltern ihre Ersparnisse und er arbeitete in zwei Jobs als Tellerwäscher und ähnliches. Einmal im Jahr,  zum Geburtstag, war aber eine Waffel von Rosenberger um 3,50 Euro die Belohnung.

Nach Abschluss des Studiums sang er in einem Konzert des Club XIX (bei Elena Habermann!) den Banquo und genau diese Partie war dann auch der Einstand bei seinem ersten festen Engagement in Linz, wo er in vier Jahren viele wichtige Partien seines Faches sang. So sang er seinen ersten Philipp, aber auch Kezal, Osmin und Mefisto.  In kleinen Partien gastierte er in dieser Zeit auch schon in Nice und Barcelona, ehe er in der Saison 2004/05 als Komtur und Großinquisitor an der Wiener Staatsoper debutierte.

Nach vier Jahren in Linz wollte er nicht mehr fest an ein Haus gebunden sein und sang in Basel in der Hoffnung auf einen Gastvertrag vor, bekam zunächst aber nur wieder ein Angebot auf einen Festvertrag. Er lehnte ab und Basel besserte das Angebot nach, indem eine ausreichende Anzahl von  Gastiermöglichkeiten angeboten wurde. Nach zwei Jahren waren die Angebote anderer Theater so zahlreich, dass er auf den Festvertrag verzichten konnte.

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Stefan Kocan mit seiner Kollegin in der Wiener „Macbeth-Produktion, Davinia Rodriguez. Copyright: Barbara Zeininger

2009/10 kam das Met-Debut als König in der Aida und ein Jahr später folgte in Los Angeles der Banquo und danach der Ramphis. Die Mailänder Scala kam mit der Eröffnung der Saison 2011/12 mit dem Masetto neben Peter Mattei, Bryn Terfel und Anna Netrebko. In der Folgesaison war wieder Banquo dran, diesmal unter Valery Gergiev und im Jahr darauf sowohl Philipp, als auch Großinquisitor. Sogar in einer Kino-Übertragung aus der Met konnten wir Stefan Kocan erleben . in der Produktion „Fürst Igor sang er neben Ildar Abdrazakov die zweitrösste Bassrolle.

Seit seinem Debut war er in jeder Saison an der Met und sang dort den Sparafucile in der Schenk-Produktion, den Ferrando im Trovatore, Komtur und Ramphis. Auch in der neuen (Las Vegas-) Rigoletto-Produktion war er wieder der Sparafucile. Später kam auch der Gremin hinzu. (Eine angenehme Rolle: Man kommt eine halbe Stunde nach Beginn ins Haus, hat eine wunderschöne Arie und ist schon wieder fertig.) In München war er Zaccaria und in Chile Attila.

An der Wiener Staatsoper sind in der nächsten Zeit leider keine Auftritte geplant, aber in Bratislava kommen einige Vodiks (Rusalka) und beim neuen Projekt von Placido Domingo mit Aida in Stadien ist er auch mit von der Partie und nicht zuletzt ist auch ein Gurnemanz in absehbarer Zeit in Amsterdam geplant. Ein großer Teil seiner Aktivitäten spielt sich in den USA ab, an der Metropolitan-Opera New York ist er für Sparafucile, Komtur und Gremin gebucht. In Miami (ein herrlicher Platz, um dort eine Zeit zu leben) wird er Sparafucile singen.

Skeptisch betrachtet Stefan Kocan seinen „Sparafucile“ in der Produktion der Metropolitan-Opera. Foto: Herta Haider

Nach Wien kommt er immer gerne, die Erinnerungen an seine Studienzeit verbinden doch sehr mit dieser Stadt. Er hofft, dass sich an der Staatsoper eine schöne Aufgabe für ihn findet. Als Bassist hat man es nicht so leicht, die wirklich großen und dankbaren Rollen sind nicht dicht gesät. Stefan Kocan zählt aber zu den „schwarzen Bässen“ – diese eher seltene Spezies ist aber gefragt.

Ziele setzt sich Stefan Kocan keine (es kommt ohnedies, wie es kommt – aber Wünsche natürlich sehr viele. Der Auftritt von Stefan Kocan bei diesem Interview war derart sympathisch, dass wir ihm für die Erfüllung seiner Wünsche fest die Daumen drücken.

YOUTUBE-Beispiele

Sparafucile in „Rigoletto“ un der Metropolitan Oper

Sarastro in „Die Zauberflöte“

 

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