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ST.PÖLTEN/ Festspielhaus   . Mahler : „DAS LIED VON DER ERDE“. Tonkünstler/ Graf/ Baumgartner/Pati

27.02.2022 | Konzert/Liederabende

ST.PÖLTEN/ Festspielhaus   . Mahler : „DAS LIED VON DER ERDE“     26.02.2022

 Um es vorweg zu nehmen: ein zu Recht heftigst akklamierter Konzertabend im Festspielhaus, das aber leider nur zu einem Drittel gefüllt war! Sehr schade, daß Corona offenbar die Leute doch mehr verschreckt als man vermuten sollte.

     Mahlers „9. Symphonie“, wie das Werk auch teilweise von ihm selbst  genannt wurde – die zehnte blieb unvollendet – ist im Grunde keine herkömmliche Sinfonie, eher ein Orchesterlied-Zyklus, schwelgerisch, aufrauschend, aber auch in den positiven, „glücklichen“ Liedern – etwa „Von der Jugend“ und „Der Trunkene im Frühling“ – mit einem melancholischen Unterton. Kein Wunder, war Mahler zur Zeit der Komposition von schweren Schicksalsschlägen getroffen worden  – es starb etwa seine vierjährige Tochter an Diphterie, sein Rücktritt als Hofoperndirektor, eine schwere Herzkrankheit. Die Komposition von Liedern altchinesischer Lyrik, für deren Nachdichtungen der deutsche Dichter Hans Bethge bekannt worden ist, hier aus „Die chinesische Flöte“, erfolgte ab 1908 in Toblach – heute italienisch „Dobiacco“ – im Pustertal, wo Mahler 3 Jahre Sommerurlaub verbrachte und es seit 1981  „Mahler Festwochen“ gibt.

     Nun gebe ich offen zu, das mich die Gesangssolisten nach St.Pölten lockten, und ich dabei eine ausgezeichnete Leistung des NÖ Tonkünstlerorchesters erleben durfte, in einer klanglichen Sattheit und Souveränität, wie ich es nicht erwartet hatte. Hans Graf am Pult, der  in seiner oftmaligen Tätigkeit an der Wiener Staatsoper viel zu wenig Beachtung und Wertschätzung erfuhr, war eine erfreuliche Wiederbegegnung. Ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu spielen, überzeugte er durch seine Lesart des Stückes, gab klare, keine übertrieben zum Selbstzweck werdende, Gesten und Einsätze, führte die Solisten,  speziell den Tenor, der das Stück zum ersten Mal sang , kompetent und sicher.

     Der Genannte, Pene Pati, aus Samoa wird seit seinem Debut als Herzog in San Francisco 2017 an den großen Bühnen der Welt gehandelt, in Wien war er in „Anna Bolena“ zu hören. In erstaunlichem Deutsch präsentierte er einen leichten, strahlkräftigen Tenor, der sich in den Mahlerschen Kantilenen offensichtlich wohlfühlte und mit spürbarer Freude diese neue Herausforderung annahm und bestens bewältigte. Tanja Ariane Baumgartner sang ihre Phrasen mit berückender Schönheit, gestaltete differenziert und intelligent und bewies erneut, dass sie ihre Karriere klug auf einem guten Fundament ( Ausbildung, Technik, behutsamer Einstieg in die Welt des Gesanges) aufgebaut hat, und nun beste Leistungen in der ganzen Opern- und Konzertwelt erbringt, und nicht zu Unrecht zu den führenden Rollenvertreterinnen ihrer Zunft gehört!

    Man bedauerte  das gefühlte jähe Ende, die Zeit war geradezu verflogen –  auch ein Indikator für die Qualität einer Wiedergabe, die sich ein übervolles Festspielhaus verdient hätte!

     Eigentlich hätte es – als Auftrag des Festspielhauses ein optisches Spektakel „Das Lied von der Erde / Song of Le Moana“ geben sollen, das Mahlers tiefe Naturverbundenheit mit ozeanischer Philosophie , das menschliche Leben im Einklang mit der Natur hätte zeigen sollen. Aufgrund der Pandemie war das nicht durchführbar, es sprach daher der vorgesehene Regisseur Sala Lemi Ponifasio , aus Samoa wie der Tenor, einige englische Worte ob derer ich eigentlich ganz froh war, das Werk einfach nur zu hören…! Gemeinsam mit dem Tenor sprach/ sang er vor und nach seiner Rede ein paar Worte in seiner Muttersprache – möglicherweise ein Gebet??  Ein Hauch von Südsee also an der Traisen, auch sichtbar an der roten Halskette, die der Tenor über seinem Anzug trug, die man aus den Filmen über seine  Heimat kennt.

Michael Tanzler

 

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