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ST. MARGARETHEN/ Steinbruch: NABUCCO

16.07.2022 | Oper in Österreich

ST. MARGARETHEN/ Steinbruch: NABUCCO von Giuseppe Verdi am 13.7.2022

Voriges Jahr wurde im Steinbruch von St.Marghareten Puccinis TURANDOT gespielt. Und selbst wenn man solche eigentlich opernferne, hollywoodeske Over-the-Top-Produktionen (Geisterschiffe, Bergsteiger, jede Menge Projektionen etc.) an und für sich nicht mag, erfreute man sich an den überwältigenden Schauwerten und wurde den ganzen Abend hindurch gut unterhalten.

Die Aufführung war ein Riesenerfolg, um nicht zu sagen: ein Triumph.

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Steinzeit im Steinbruch. Foto: Robert Quitta)

Heuer spielt man im Steinbruch Verdis NABUCCO, und das ist sehr leider ein fürchterlicher Abstieg. Ein Abstieg in die Steinzeit, ein Abstieg in die Ästhetik einer Repertoire-Vorstellung in, sagen wir, Minsk…

Es war schon einmal keine gute Idee, den schon Natur aus schon nicht sehr schönen Steinbruch durch Hinzufügung farblich analoger beiger Pappmaché-Teile noch weiter zu „versteinbruchen“.

Auch die schrägen Stege, auf denen die Zuschauer den Steinbruch betreten, auf der Bühne zu reproduzieren, ergibt keinen Sinn (und sind nahezu unmöglich zu bespielen). Wenn man dann weder ein Interesse an Personenregie der Protagonisten hat noch fähig ist, die Chormassen halbwegs unfallfrei auf-und abtreten zu lassen, dann sollte man sich als Regisseur (ich erwähne seinen Namen bewusst nicht ) eigentlich sein Lehrgeld zurückgeben lassen und als Buße damit einverstanden sein, eine Theaterbühne für mindestens zehn Jahre nicht mehr betreten zu dürfen.

Hinzu kommen noch schauerliche Kostüme: die Juden wurden am Anfang in seltsam erdfarbene Kostüme gesteckt, und dann bei „Va‘ pensier „ in weiße Gewänder wie bei der Massentaufe einer asiatischen Sekte. Überhaupt bekam man im Laufe des Abends immer mehr den Eindruck, dass das Regieteam der benachbarten Passionsspiele klammheimlich hier das Ruder übernommen hätte, so unterammergauig sah das alles aus.

Wenn man das auch nur annähernd geahnt hätte, hätte man vorgezogen, diesen Nabucco nur im Radio zu verfolgen, denn musikalisch war der Abend absolut top.

Am meisten begeisterte die bei uns bisher völlig unbekannte 29jährige, aus der Ukraine stammende (aber am Marinsky-Theater ausgebildete) Ekaterina Sannikova als Abigaille (aber auch  ihre Zweit-und Drittbesetzungen Valentina Boi und Astrik Khanamiryan – die man schon an anderen Opern gehört, sind tolle Sängerinnen). Überhaupt ist das ganze Ensemble stimmlich phantastisch: Lucas Meachem (Nabucco), Jinxu Xiahou (Ismaele), Jongmin Park ( Zaccaria), Monika Bohinec (Fenena) etc.

Die musikalische Leitung hatte Alvise Casellati, der in seiner Heimat Italien ein wenig geächtet ist, weil er erstens zuerst Investmentbanker war und dann erst auf der Julliard School das Dirigieren erlernt hat und zweitens von seiner Mutter, eine der mächtigsten Frauen Italiens (Parlamentspräsidentin !) allzu offen protegiert wird – was ihm naturgemäß mehr schadet als nützt. Hier, im tiefsten Burgenland, kannte seinen Namen niemand, und daher konnte er, von all diesen Vorurteilen unbelastet, verdienterweise sehr gute Kritiken („ein sehr fein ausbalancierter junger Verdi“) einheimsen.

Man kann nur hoffen, dass Daniel Serafin bei der Wahl des Leading Teams für die nächstjährige Carmen eine glücklichere Hand beweisen wird und damit an den verdienten Erfolg der Turandot anschließen kann…

Robert Quitta

 

Robert Quitta, St.Marghareten

 

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