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ST. MARGARETHEN / Steinbruch: AIDA-Premiere

Ein opulentes Sommerspektakel als überwältigender Publikumserfolg

11.07.2024 | Oper in Österreich
Leah Crocetto (Aida) und Raehann Bryce-Davis (Amneris). Alle Fotos: Oper Steinbruch / Tommi Schmid

Leah Crocetto (Aida) und Raehann Bryce-Davis (Amneris). Alle Fotos: Oper im Steinbruch / waeregiving Tommi Schmid

ST. MARGARETHEN / Steinbruch: AIDA

10. Juli 2024 – Premiere

Von Manfred A. Schmid

Nach dem regietheaterlichen Desaster im Vorjahr mit Carmen werden heuer in Verdis Aida alle Register gezogen, um ein sommerliches Opernspektakel zu bieten, wie es von den Besuchern derartiger Veranstaltungen auch erwartet wird. Die Bühne von Regisseur Thaddeus Strassberger, mit Sarkophag und Obelisk eindeutig im alten Ägypten verortet, wird voll ausgenützt. Es gibt Schwertkämpfer, Tanzeinlagen, Feuerschlucker, Unmengen von Bediensteten in farbigen, fantasievoll exotischen Kostümen (Giuseppe Palella), die stilvoll auf- und abmarschieren, einen Feuerschlucker und am Schluss noch einen einsamen Seiltänzer hoch oben am nächtlichen Himmel. Vor allem aber begleiten unablässig choreographisch zur Musik eingesetzte Feuer- und Wasserspiele die Handlung. Mit riesigen Fontänen, die – entsprechend beleuchtet vom Lichtdesign Otto Driscolls – zuweilen wie ein Feuerwerk das Dunkel erhellen. Auch ein Elefant, auf dem Radamès einreitet, darf nicht fehlen. Ein opulentes Spektakel, bei dem es zuweilen schwerfällt herauszufinden, wer gerade wo singt, denn auch da werden alle sich anbietenden Möglichkeiten ausgenützt. Besonders eindrucksvoll die „Radamès“-Rufe des ganz oben auf dem höchsten Punkt auftauchenden Oberpriesters Ramfis (Jongmin Park), wenn er den siegreichen Feldherrn verhört, der die Antwort auf alle Fragen verweigert und dann als Verräter zum Tod verurteilt wird. Die St. Margarethener Aida ist ein veritabler Publikumserfolg und festigt damit die durch die enttäuschende Carmen etwas lädierte Stellung des Intendanten Daniel Serafin, der bei der Begrüßung allerdings seinem Chef Stefan Ottrubay den Vorzug einräumen muss und nur kurz die Handlung der Oper erläutern darf.

In puncto Ausstattung kann St. Margarethen durchaus mit der Arena von Verona mithalten, auch wenn hier die akustischen Bedingungen den Einsatz lautverstärkender Mittel erforderlich machen. Die technische Aussteuerung der Stimmen und des Orchesters ist aber auf dem aktuellen Stand und funktioniert zufriedenstellend. Die ganz großen Namen wie in Verona kann sich das Opernfestival im Steinbruch (noch) nicht leisten, die gesanglichen Leistungen bewegen sich aber dennoch auf einem erfreulich hohen Niveau. Da wurden tatsächlich durchgehend bewährte Kräfte aus aller Welt ausgewählt.

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Leah Crocetto (Aida), Jorge Puerta (Radamès)

In der ausgefeilten Inszenierung Strassbergers wird die Verquickung persönlicher und politischer Motive klar herausgearbeitet. Die amerikanische Sopranistin Leah Crocetto als Aida, die als Sklavin am Hof des Pharaos lebende Tochter des äthiopischen Königs, und die ebenfalls aus den USA stammende Mezzosopranistin Raehann Bryce-Davis als Amneris, Tochter des Pharaos, sind beide in Radamès, gesungen vom peruanischen Tenor Jorge Puerta, verliebt. Alle drei vermitteln in ihren Darstellungen herzergreifende innere Konflikte, sind hin und hergerissen zwischen persönlicher Liebe und der Treue gegenüber den jeweiligen Vaterländern.

Crocetto wie auch Bryce-Davis erweisen sich als selbstbewusste Frauen, die sich plötzlich als Rivalinnen gegenüberstehen. Pychologisch raffiniert geht Amneris im Duett „Fu la sorte dell’armi“ im zweiten Akt vor, wenn sie Aida zuerst fälschlicherweise berichtet, Radamès sei im Kampf gefallen, um dann klarzustellen, dass er noch am Leben sei. Anhand der emotionalen Reaktionen Aidas findet sie heraus, wie sie zu ihm steht. Unter die Haut geht Crocettos flehendes Adagio „Pietà ti prenda del mio dolore“ im ersten Akt. Ein Gebetm in dem sie mit dem mehrmals wiederholten „Numi, pietà …“ ergreifend um Gnade bittet.

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Jorge Puerta und der Elefant

Jorge Puertas Radamès überzeugt durch bewundernswerte Klarheit. Seine Auftrittsarie „Celeste Aida“ klingt lyrisch und direkt und ist noch frei von all den Belastungen, die die Liebe zu seiner Angebeteten später noch heimsuchen werden.

Der oben schon erwähnte ausdrucksstarke Bariton Jongmin Park als Ramfis, der dunkel gefärbte Bass Gangsoon Kim als äthiopischer König Amonasro und der profunde Bass Ivan Zinoviev als Pharao (Il Re) sorgen ebenso für perfekt gezeichnete Nebenfiguren wie Melissa Purnell (Sopran) als Priesterin. Xhoiden Dervishi (Tenor) gestaltet einen profilierten Kurzauftritt als Bote.

Hervorragend präsentiert sich der von Walter Zeh einstudierte Philharmonia Chor Wien. Iván Lopez-Reynoso, dem musikalischen Leiter, steht mit dem vornehmlich mit jungen Musikern besetzten Piedra Festival Orchester ein guter Klangkörper zur Verfügung. Viel Applaus für ein gelungenes Opernspektakel, das den Sommer bereichern und gerne besucht werden wird.

 

 

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