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ST. MARGARETHEN: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER – Opernfestspiele oder Fantasy Park

11.07.2025 | Oper in Österreich

„Der Fliegende Holländer” – Opernfestspiele oder Fantasy Park (9. Juli 2025)

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Foto: wearegiving.jpg.

Richard Wagner ist zum ersten Mal in Sankt Margarethen zu sehen In imposanter Kulisse. Dafür verantwortlich in Regie Philipp M. Krenn, Bühnenbild Momme Hinrichs und Kostümbildnerin Eva Dessecker.

Dem Libretto Wagners folgend kommt das Geisterschiff mit zerfetzten, blutroten Segeln und schwarzen Masten.  Bald lässt der „Fluch der Karibik” grüßen: Ein Oktupus und ein riesiges Loch zieren das Geisterschiff. Die grauen Zombies verwandeln sich in menschliche Erscheinungen und der verfluchte Seeräuber muss während seiner Arie den ersten Kampf ausfechten.

Daland und seine Mannschaft sind zuvor mit Beibooten an Land gelangt. Sie tragen auffällige Öljacken und Kork-Schwimmwesten. Die Spinnstube wurde in der Inszenierung zum von einer Dampfmaschine betriebenen Firmensitz. Dieses Häuserensemble gleicht einem verschachtelten Hochhaus, das an der Steilküste emporgebaut wurde, und wird durch ein auf der Anhöhe gelegenes Dorf samt Leuchtturm abgerundet, dessen Lichtkegel seine Kreise zieht.

Im zweiten Akt verdeutlichen Live-Videos von Roland Horvath, die an die Felswand des Steinbruchs projiziert werden, das Geschehen in der Stube und die Gefühlsregungen. Dies ist ein gelungener Eindruck, der sich durch die Inszenierung zieht.

Allerdings waren dies aus meiner Sicht auch die einzigen Pluspunkte. Gerade die Größe des Raumes und die Enge der Häuser führen zu keiner vernünftigen Personenführung.

Schon das Aufeinandertreffen der beiden Seefahrer ist eigenwillig gelöst: Der Holländer schleppt sich, seinen Anker ziehend, zu Dalland. Nachdem sie sich aus weiter Ferne darauf geeinigt haben, Schätze gegen die Tochter zu tauschen. Die Szene mit Daland, dem Holländer und Senta ist hingegen schon bemerkenswert.

Vollends absurd wird der dritte Akt gelöst. Wieder wird getrennt: Die Frauen stehen auf den Treppen am Felsen, während die Seemänner des Dorfes versuchen, die Besatzung des Holländers mit Tauen aufzuwecken. Immerhin tragen sie schicke schwarze Anzüge. Nachdem Erik Senta den aus seiner Sicht gebrochenen Liebesschwur vor dem Schiff des Holländers vorgeworfen hat, versucht sie, das Schiff mit einem Tau aufzuhalten. Sekunden später stürzt sie sich von der Felsenküste hinab. Brennend vernichtet sie das ganze Dorf – „Götterdämmerung“ lässt grüßen.

Mit Patrick Lang glaubte man das Dirigat in bewährten Händen. Er bemühte sich um eine aussagekräftige Themen- und Melodieführung und konnte dem Orchester auch angemessenen Drive verleihen.  Jedoch geriet vieles zu schleppend, manches zu drängend. Die Motive im Orchestralklang, der oft teigig, flach und blechern klang, waren in den anderen Tempi eher zur Unterstützung der Sänger gedacht. Sicher ist dies bei dieser Dimension schwieriger als im Opernhaus Wiesbaden, aber es ist für die Sänger keine Aufgabe, die den Fluss und die Stimmführung erleichtert.

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Foto: wearegiving.jpg.

Dies merkte man auch beim Chor. Beispielsweise wurde der Steuermannchor zu einem verhuschten Tempo verleitet, was zu einigen Dissonanzen beim ansonsten routinierten Philharmonia Chor führte. Daland gibt sich zuerst mit Understatement und parlandoartigem Gesang, er steigert sich aber im Laufe des Abends. Mary ist mit Roxana Constantinescu sehr rollendeckend besetzt. Sie versucht, Senta mit ihrem Holländerschwarm in die Schranken zu weisen. Bei der Eheanbahnung Dalands zieht sie sich jedoch schnell zurück. Der Steuermann wird von Jinxu Xiahou angemessen witzig dargestellt, leider hat er stimmlich nicht seinen besten Tag. Als Holländer ist George Gagnidze zu erleben. Er blickt auf eine fast 30-jährige Karriere zurück, doch bleibt seine Leistung am Premierentag hinter den Ankündigungen und Vorschusslorbeeren zurück. Immerhin sammelt er im Finale nochmals seine Kräfte. Erik ist AJ Glueckert, und bei ihm versteht man, warum er mit dieser Rolle an der Met debütiert hat. Er kann nicht nur szenisch überzeugen. Mit seinem auch mal robuster ausfallenden, aber höhensicheren Tenor kämpft er in zwei italienisch inspirierten Arien um seine Liebe. Elisabeth Teige überzeugt als Senta mit einem vibrato-freien Sopran, der auch angenehm timbriert ist, und mit wunderbarem Charme. Sie hat Reserven und kann somit große Gefühle in die Waagschale werfen.

Schon zur Pause flüchten überraschend viele Zuseher, ob aufgrund des windigen Wetters oder der dargebotenen Leistungen bleibt die Frage. Kurzer Applaus des Premierenpublikums und relativ schneller Aufbruch scheinen jedoch eine eindeutige Richtung vorzugeben, woran auch die natürlich jubelnden Meldungen – war ja auch Landeshauptmann und Co begeistert – der burgenländischen Medien nicht wirklich etwas ändern können. Vielleicht hätte nicht so viel in die auffälligen Kostüme investiert werden sollen? Eine Reise ist der Steinbruch immer wert, alternative Besetzungen sind bis 23.August zu erleben.

Rudolf Smolej

 

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