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ST. GALLEN/ Theater: GIULIO CESARE IN EGITTO (5. Vorstellung seiter der Premiere). Das Hohe Lied auf die Provinz

27.11.2020 | Oper international

Georg Friedrich Händel: Giulio Cesare in Egitto, Theater St.Gallen, Vorstellung: 26.11.2020
(5. Vorstellung seit der Premiere am 24.10.2020)
Das Hohe Lied auf die Provinz
„Wer ein echter Operngeher ist, der reist dorthin, wo Vorstellungen stattfinden können.“
(A.C. am 16.11.2020)

ST. GALLEN/ Theater: GIULIO CESARE IN EGITTO (4. Vorstellung seit der  Premiere)Online Merker

Wer in der Schweiz Oper sehen will, muss in die Provinz reisen. Hier spielen die Häuser, ob vor 50 Zuschauern (St.Gallen, Luzern), 30 (Solothurn) oder sogar nur 15 (Basel). Das Opernhaus Zürich hat, je nach Sichtweise gezwungen durch die Beschlüsse des Bundesrates vom 28. Oktober, die weiterhinunverändert in Kraft sind, oder in vorauseilendem Gehorsam, den Betrieb bis zum 2. Januar 2021 eingestellt. Der Stellenwert, den die Kultur hat, ist in Zürich besonders gut zu beobachten: Im Restaurant «Bernadette» dürfen sich 50 (oder auch mehr) Leute ohne Maske aufhalten, derweil im Opernhaus nicht mal 50 Besucher mit Maske eingelassen werden. Ausnahme ist die Premiere des„Simon Boccanegra“ vom 6. Dezember 2020, die auf ARTE übertragen wird. Offenbar sind die Beschlüsse des Bundesrats doch nicht so zwingend.

St. Gallen gehört als zu den Häusern, die nicht vergessen haben, wer ihre Subventionen zahlt und spielt. Die fünfte Vorstellung von Händels „Giulio Cesare“ brachte, was die Hauptrollen angeht, eine neue Kombination auf die Bühne. Terry Wey hat von Raffaele Pe die Rolle des Giulio Cesare übernommen. Die Interpretationen der beiden Countertenöre sind so grundlegend verschieden wie gleichermassen faszinierend. Weys Stimme ist etwas kleiner, zierlicher als jene von Pe, trägt aber genauso gut. Seine Interpretation ist artifiziell und diskret, fast etwas abgeklärt, wohingegen Pe südländisches Feuer und Temperament auf die Bühne bringt. Tatjana Schneider singt wieder, wie schon in der Premiere, die Cleopatra. Ihr Sopran klingt für einmal nicht ganz so verführerisch, einzelne Schärfen schleichen sich ein, aber sie weiss dieses Defizit mit intensivem Spiel auszugleichen. Die übrige Besetzung (Luigi Schifano als Tolomeo, Jennifer Panara als Sesto Pompeo, Sonja Runje als Cornelia, Samuli Taskinen als Achilla, Vasily Khoroshev als Nireno und David Maze als Curio) hält das Niveau ohne Einschränkungen und wird vom begeisterten Publikum entsprechend gefeiert.

Der Kreis jener, der die Produktion noch erleben darf, ist bereits bestimmt. So bleibt der Dank an die Provinz für die „kulturelle Versorgung“!
Weitere Aufführungen:
Sonntag 29. November 2020, 19:00-21:50, UM!BAU;
Freitag 4. Dezember 2020,19:30-22:20, UM!BAU;
Sonntag 13. Dezember 2020,17:00-19:50, UM!BAU;
Mittwoch 30. Dezember 2020,19:30-22:20, UM!BAU.
27.11.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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