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ST. GALLEN/ Theater: GIULIO CESARE IN EGITTO (4. Vorstellung seit der Premiere)

16.11.2020 | Oper international

Giulio Cesare in Egitto | 26.11.2020

Georg Friedrich Händel: Giulio Cesare in Egitto, Theater St.Gallen, Vorstellung: 15.11.2020

 (4. Vorstellung seit der Premiere am 24.10.2020)

 Fabio Ceresas quicklebendige Inszenierung von Händels 1724 in London aufgeführtem Meisterwerk bleibt auch bei wiederholtem Besuch absolut überzeugend. Massimo Cecchetto hat ihm dazu ein farbenfrohes, aus klassischen Kulissen bestehendes Bühnenbild geschaffen, das, in der Machart an die Appenzeller Scherenschnitte erinnernd, eine Art Zauberwald, hier wohl die Pflanzenwelt einer Oase zeigt. Das ist die Welt der Ägypter, deren wundervolle Kostüme von Giuseppe Palella an die Darstellungen auf den kürzlich in Ägypten entdeckten Sarkophagen erinnert. Ist Tolomeo ein Mann der Tat, der ab und zu auch erst handelt und dann überlegt, so ist seine Schwester Cleopatra die Frau des Geistes, ihr Reich also die Bibliothek im Palast des Bruders. Die Römer, die hier als Fremde eindringen, übernachten, wie es sich für Touristen gehört, im Hotel, in dem durchaus auch Agathe Christie oder ihr Hercule Poirot zu Gast sein könnten. Mattia Agatiello hat die Statisterie des Theaters St.Gallen, die jeweils das Gefolge der beiden Könige darstellt, choreographiert und George Tellos, ein grosser Fan sichtbar gemachter Scheinwerferkegel, beleuchtet das Ganze.

In diesem Rahmen erzählt Ceresa die Geschichte eng am Libretto, immer wieder mal mit einem Augenzwinkern. Giulio Cesare tritt als Forschungsreisender auf, mit Landkarte und Kompass, Ledermütze, Schutzbrille und natürlich grossem Gepäck. Curio ist sein Schirmträger und Fotograf. Cornelia gibt ganz die Lady und ihr Sohn Sesto trägt selbstverständlich Matrosenanzug. Die Ägypter sind farbenfroh-phantasievoll gekleidet, noch ganz Naturvolk. Geschmunzelt werden darf, wenn telefoniert wird, das Zimmermädchen Cleopatra kurzerhand zu Giulio Cesare unter die Decke schlüpft oder die Ägypter den Fremdling vor dem Treffen mit ihrem König baden und entsetzt seine verschwitzten, stinkenden Kleider mit Benzin übergiessen und verbrennen. Kurz, Ceresa zeigt, wie aktuell Händels Oper auf die Bühne gebracht werden kann.

Das Sinfonieorchester St. Gallen unter Rubén Dubrovsky leistet sich an diesem Nachmittag ein paar Wackler. Die geballte Spielfreude überwiegt aber bei weitem und das Orchester begeistert mit sattem Klang

Die Solisten haben sich mit der Routine wie nicht anders zu erwarten weiter verbessert. Raffaele Pe gibt einen leidenschaftlichen, hochmusikalischen Giulio Cesare. Luigi Schifano als Tolomeo agiert mit ihm auf Augenhöhe. Der Sopran von Jeanine De Bique als Cleopatra scheint noch wärmer, runder als bei ihrem Debut. Sonja Runje als Cornelia, sekundiert von Jennifer Parnara als ihrem Sohn Sesto Pompeo, ist mit ihren Trauerarien der ruhige Gegenpol zu den Königen. Samuli Taskinen als Achilla, Vasily Khoroshev als Nireno und David Maze als Curio ergänzen das hervorragende Ensemble.

Zum Schluss das Wichtigste: Es geht ein grosser Dank an die Künstler, dass sie auch für „nur“ 50 Zuschauer mit unverminderter Intensität und Leidenschaft auftreten!

 

Weitere Aufführungen:

Donnerstag 26. November 2020, 19:30-22:20, UM!BAU;

Sonntag 29. November 2020, 19:00-21:50, UM!BAU;

Freitag 4. Dezember 2020,19:30-22:20, UM!BAU;

Sonntag 13. Dezember 2020,17:00-19:50, UM!BAU;

Mittwoch 30. Dezember 2020,19:30-22:20, UM!BAU.

 

15.11.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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