Nikolai Rimski-Korsakow: Der unsterbliche Kaschtschei | Igor Strawinsky: Die Nachtigall (Theater St.Gallen, 17.02.2019, 4. Vorstellung seit der Premiere am 02.02.2019)
“Sag meiner Tochter, sie schulde mir noch einen Kopf”
“Sag meiner Tochter, sie schulde mir noch einen Kopf” gibt in Rimski-Korsakows Oper “Der unsterbliche Kaschtschei dem Held Sturmwind mit auf den Weg.
Foto: Aus dem Trailer
Da die Figuren der russischen Märchen hierzulande weitgehend unbekannt sind, sieht Regisseur Dirk Schmeding die Notwendigkeit die Figuren für das Publikum lesbar zu machen, die Figuren in einem Kosmos zu verorten und so hat er entschieden “Der unsterbliche Kaschtschei” als Weltraummärchen zu erzählen. Bühnenbildnerin Martina Segna hat ihm dazu einen Asteroiden geschaffen, der fast die ganze Bühne einnimmt und die Videos von Johannes Kulz sorgen für die richtige Weltraumatmosphäre und die damit verbundenen Kältegefühle. Frank Lichtenberg hat ihm dazu nahezu ideale Kostüme geschaffen, so dass, beleuchtet von Reinhard Traub, das Konzept “Weltraummärchen” voll aufgeht. Die absolute Verfremdung erleichtert dem nicht mit der Gabe kindlicher Phantasie gesegneten Zuschauer das Verständnis und ermöglicht es dem Regisseur das irgendwie doch an Turandot gemahnende Märchen gradlinig und klar zu erzählen. Riccardo Botta brillierte mit kräftigem, sicheren Tenor als Zauberer Kaschtschei. Von Regisseur Dirk Schmeding wird er körperlich verstümmelt gezeigt, was sicher auch seine unterschwellige Bosheit und Kälte gegenüber seiner Gefangen motivieren mag. Ieva Prudnikovaite, einziger Gast auf dem Besetzungszettel, sang mit wunderbar dramatischem Mezzosopran des Zauberers Tochter Kaschtschejewna. Tatjana Schneider gab Prinzessin Tausendschön mit grosser Bühnenpräsenz und hat ihren Prinz Iwan (Shea Owens) dann. auch bekommen. Martin Summer als Held Sturmwind hatte jeweils den spektakulärsten Auftritt: der Bote wurde jeweils in Raumfahrer-Montur (so wie für den Ausseneinsatz) aus dem Bühnenhimmel herabgelassen und wieder hinaufgezogen.
Foto: Aus dem Trailer
Am Schluss sind doch alle gleich
Für das Märchen von der Nachtigall legt Regisseur Dirk Schmeding nun trotz der Allgemeingültigkeit von Märchen eine Zeitebene fest: die Gegenwart, irgendwo in Asien. Wenn der Fischer nun Rohstoffsammler (Müllsammler) und der Kaiser plötzlich CEO eines Gesundheitskonzerns ist, nimmt Schmeding dem Märchen genau das phantastische Element, das seinen Reiz ausmacht. Im Weltraum funktioniert das, auch dank der skurrilen Kostüme, noch tadellos. Hier kommt aber unweigerlich der Gedanke: „Schon wieder Kapitalismuskritik?“. Das letzte Bild mag man dann mit der Weisheit „Vor dem Tod sind alle gleich“ in Verbindung bringen. Dass der Tod hier die Gestalt der Kaschtschejewna hat, mag die beiden Werke verbinden. Mehr aber auch nicht. Sheida Damghani ist, sobald sie sich warm gesungen hat, eine hervorragende Nachtigall mit glockenreinem Sopran. Im schwarzen Kleid steht sie ganz links im Rang, hoch über dem Orchestergraben: weshalb ein Kind (Thea Pestalozzi) ihre szenische Aktion übernimmt, wird nicht klar. David Maze gibt einen sonoren Kaiser von China, Tatjana Schneider die Köchin. Nik Kevin Koch bleibt mit seiner Kletterei im Abfallberg nur schon auf Grund des Inszenierungskonzepts blass. Shea Owens (Des Kaisers Kammerherr), Martin Summer (Der Bonze), Iskander Turiare (Japanischer Gesandter) und Robert Virabyan (Japanischer Gesandter) ergänzen das Ensemble der Nachtigall. Als Tod tritt Ieva Prudnikovaite auch in der Nachtigall auf.
Der Litauer Modestas Pitrenas, seit dieser Saison Chef-Dirigent des Sinfonieorchesters St.Gallen, feiert nach „Don Carlo“ mit seinem Orchester einen weiteren Erfolg. Mit viel Energie bringt das Orchester die Partituren zum Klingen und sein Dirigent lässt die Verbundenheit zum Orchester wie zu den Partituren spüren. Michael Vogel hat den Opernchor des Theaters St. Gallen bestens vorbereitet.
Weitere Aufführungen: Mittwoch, 6. März 2019 19:30-21:45; Sonntag 10. März 2019, 14:30-16:45; Freitag, 15. März 2019, 19:30-21:45; Dienstag, 2. April 2019, 19:30-21:45.
Jan Krobot