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SOUTHPAW

18.08.2015 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmCover Southpaw~1

Ab 20. August 2015 in den österreichischen Kinos
SOUTHPAW
USA / 2015
Regie: Antoine Fuqua
Mit: Jake Gyllenhaal, Rachel McAdams, Forest Whitaker, Oona Laurence u.a.

Also, gleich zu Beginn: Wer nicht gerade ein Spezialist ist – und noch so viele “Rocky”-Filme machen einen nicht sonderlich daran interessierten Menschen auch nicht dazu -, der wird keine Ahnung haben, was „Southpaw“ beim Boxen bedeutet. Das Internet informiert: „Linkshänder boxen in der Regel in der Rechtsauslage“ (aha), das heißt Southpaw und ist verpönt. Aber man kann damit auch gewinnen. Wie der Mittelgewichtsweltmeister Billy Hope. Gleich zu Beginn des Films und am Ende noch einmal lässt sich Jake Gyllenhaal dermaßen kaputt prügeln, dass sein Gesicht grauenhaft aussieht und er schauerlich herumwankt, aber wahrscheinlich gehen viele Leute ja genau wegen dieses Schlachtfestes ins Kino. Davon gibt es ja im Fernsehen nicht so viel.

Also, Jake Gyllenhaal hängt sich rein, auf den Spuren von Sylvester Stallone und Robert De Niro, den großen Boxern der Kinoleinwand, und anfangs ist man geneigt, das für den üblichen Genre-Film zu halten. Mit geringen Variationen – der Boxer, ein Underdog aus dem Waisenhaus, der sich hochgeschlagen hat, ist glücklich verheiratet mit der Waisenhaus-Kindheitsliebe und scheint selbst ein eher schlichtes Gemüt. Seine ihn liebende, um ihn besorgte Frau Maureen (Rachel McAdams) managt seine Karriere, und alles scheint gut zu laufen: Luxusvilla, Luxusleben, eine vermutlich eher nutzlose Schmarotzer-Entourage, wie sie dazu gehört und reich beschenkt wird, und das private Glück mit dem heiß geliebten, etwa zehn-, zwölfjährigen Töchterchen Leila (Oona Laurence).

Damit alles nicht zu harmonisch wirkt, gibt es da den hungrigen, brutalen Nachwuchsboxer (Miguel Gomez). Dieser Miguel „Magic“ Escobar (man muss sich schon rechtzeitig einen starken Kampfnamen zulegen) will sich unbedingt mit dem Champion messen und scheut keine Provokation, das zu erreichen. Wie wird die Gattin von Billy Hope das steuern? Man erwartet einen Boxer-Karriere-Film…

… und dann kommt’s. Wieder eine Provokation auf einer Party, ein Schuß löst sich, und – melodramatischer geht’s nicht – Maureen stirbt in den Armen des Gatten. Escobar wollte das nicht, hat auch nicht geschossen, und dennoch ist er schuld an der Tragödie. Und jetzt? Rache?

Nein, jetzt finanzielle Katastrophe. Ohne Maureen braucht es nur allerkürzeste Zeit, dass nicht nur alle von dem Helden, der im Grunde ein Schwächling ist, abfallen, Geld weg ist, Villa verkauft wird und die Behörden ihm auch noch die Tochter wegnehmen. Und jetzt ist dieser Film von Regisseur Antoine Fuqua, der seine „harte Hand“ hier wirklich nur bei den Boxszenen zeigt, genau in jenem Kitsch gelandet, in dem er zum Ende tümpelt.

Der Mann, der nichts mehr hat und neu anfangen muss, hat auch zu lernen, sowohl seine Schlägerqualitäten wie auch seine Schlägermentalität in den Griff zu bekommen, wenn er in den Ring zurück und auch Töchterchen zurück haben will. Ein kleiner Vorstadt-Boxverein, in dem Gutmensch „Tick“ Wills (Forest Whitaker), einst ein berühmter Trainer, junge Buben von der Straße wegbekommen will, wird zur Erziehungsanstalt – ja, die üblichen Kamellen: Disziplin, Demut, Gehorsam, alles, was ein Boxstar nicht kennt und nicht brauchte… nur, damit die Tochter wieder gut ist.

Die Kleine bedauert Papa nämlich nicht wegen seines Unglücks, sondern ist empört, dass es mit dem guten Leben vorbei ist – gäbe es da nicht eine zutiefst verständnisvolle und natürlich auch noch bildhübsche Betreuerin im Jugendheim (Naomie Harris)…

Aber die wird fürs Happyend nicht gebraucht. Wenn Töchterchen in einer Suite von „Caesar’s Palace“ in Las Vegas zuschauen darf, wie Papa unten im Boxring den Gegner, der sein Leben zustört hat, zwar knapp, aber doch besiegt, hat man sich zum Happyend der Familienschnulze vorgearbeitet.

Ein Film mit so vielen Drehungen und Wendungen und so viel Banalität in Handlungsführung und Aussage – da können die Darsteller nur tun, was begabte Schauspieler eben mit banalen Rollen anfangen und immer noch etwas erreichen – aber was wird daraus? Kein großer Boxfilm. Keine große Geschichte über Fall und Wiederaufstieg. Kein wirklich berührendes Vater-Tochter-Stück, obwohl nach Kräften auf die Tränendrüsen getreten wird. Von allem etwas und nichts richtig.

Renate Wagner

 

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