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SOLOTHURN/ Stadttheater: Liederabend der Stipendiaten der Dino Arici-Stiftung,

13.06.2020 | Konzert/Liederabende

Liederabend der Stipendiaten der Dino Arici-Stiftung, TOBS, Stadttheater Solothurn, 12.06.2020

  „In Gedenken an den Solothurner Mäzen und Kulturliebhaber Dino Arici unterstützt seine Stiftung jährlich zwei junge Gesangstalente auf ihrem professionellen Werdegang. Die Sänger/innen werden in TOBS-Opernproduktionen ins Ensemble eingebunden, erhalten von der Operndirektion musikalische Betreuung und können sich am Ende der Spielzeit mit einem eigenen Lieder- und Arienprogramm dem Publikum vorstellen.“

In dem kurzen Fenster zwischen Lockerungen und Sommerpause konnten das Theater Orchester Biel Solothurn den Liederabend der Stipendiaten der Dino Arici-Stiftung doch noch durchführen. Intendant Dieter Kaegi, der sich sichtlich freute, wieder Publikum in seinem Theater begrüssen zu können, wies mit berechtigtem Stolz darauf hin, dass sein Theater die Künstler, Sänger wie Musiker, auch während der Krise bezahlt hat. Für die irische Sopranistin Aoife Gibney sind zahlreiche Vorstellungen als Regimentstochter ausgefallen und der israelische Countertenor Maayan Licht konnte in der Produktion «Liaisons dangereuses» gar nicht auftreten (verschoben auf die Saiyon 2022/2023).

Das Programm des Abends begann mit «Rossignols amoureux» aus «Hippolyte et Aricie» von Jean-Phillippe Rameau (1683-1764). Maayan Licht besitzt einen sehr hellen, klaren, sauberen Sopran mit hervorragender Technik, den er bestens einzusetzen weiss. Darauf folgte das erste Duett des Abends: Aoife Gibney und Maayan Licht sangen «Pur ti miro» aus «L’incoronazione di Poppea» von Claudio Monteverdi (1567-1643). Klanglich passten die Stimmen bestens zusammen, akustisch dominierte aber der recht dramatisch eingesetzte Sopran Gibneys. Mit «Un pensiero nemico di pace» aus «Il trionfo del Tempo e del Disinganno» (Georg Friedrich Händel, 1685-1759) konnte Licht zeigen, dass die Stimme technisch perfekt ausgebildet ist. Das wäre auch deutlich geworden, wenn Studienleiter Francis Benichou am Piano kein so übertrieben rasches Tempo angeschlagen hätte. Mit «Padre, germani, addio» aus «Idomeneo» (Wolfgang Amadeus Mozart, 1756-1791) bestätigte Gibney ihre enorme Vielseitigkeit: trotz aller Dramatik der Stimme sang sie einen hervorragenden Mozart. Mit Lichts Interpretation des «Son qual nave» aus «Artaserse» (Riccardo Broschi, 1698-1756) wurde, bei allen Stärken die er hat, ein sicher noch zu behebendes Defizit des jungen Sängers deutlich: die emotionale Durchdringung der Partien. Jedes der im Verlauf des Abends vorgetragenen Stücke, von Monteverdi bis Rossini klang ähnlich. Mit «Quel guardo il Cavaliere» aus «Don Pasquale» (Gaetano Donizetti, 1797 – 1848) konnte Gibney den grossen Erfolg, den sie mit über 30 Vorstellungen der Regimentstochter bei TOBS hatte, sofort nachvollziehbar machen. Nicht wirklich klar wurde die Auswahl von «Giusto ciel, in tal periglio» aus «Maometto II» (Gioachino Rossini, 1792 – 1868) für das Programm von Licht. Sollte ihm mit der Auswahl der Arie von Anna, der Tochter von Paolo Erisso, venezianischer Statthalter in Negroponte, die Möglichkeit gegeben werden, die Technik seiner Stimme vorzuführen? Da hätte es durchaus stilistisch passendere Stücke gegeben. Vor dem nächsten Auftritt Gibneys zeigte sich ihre gegenüber Licht wesentlich grössere Erfahrung: in bestens verständlichem Englisch und absolut souverän erklärte sie dem Publikum das nun folgende «O waly waly» von Benjamin Britten (1913 – 1976) und die beiden traditionellen irischen Melodien «I will walk with my love» und «O danny boy». Das offizielle Programm endete mit dem von Licht angesichts des vorherigen Auftritts von Gibneys etwas unvorteilhaft angekündigten Duett «Sospiro, deliro» aus «Sigismondo» (Gioachino Rossini, 1792 – 1868). Mit sichtlicher Freude kündigte nach grossem Applaus Gibney die Zugabe des Abends an: «Quando m’en vò» aus «La Bohème». Licht und Benichou sekundierten als Marcello und Sugar-Daddy Alcindoro.

Ein höchst erfreulicher Abend, der das Kennenlernen mit zwei höchst interessanten Künstlern in unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung brachte.

Keine weiteren Aufführungen.

13.06.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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