SOFIA: „OPERA EUROPA“ INTERNATIONAL FORUM MEETING – 22.-24. März 2018
Anlässlich der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft 2018 entschied der Vorstand von “Opera Europa”, ein International Forum Meeting zum ersten Mal in Bulgarien abzuhalten. Es kamen Generaldirektoren, Operndirektoren, Produktionsmanager, Technische Direktoren, Marketing-Direktoren, Verwaltungsdirektoren, Public Relations Manager, Kommunikationsdirektoren, Stage Manager, Persönliche Assistenten, Personalverwalter, Buchhalter, Berater, Journalisten etc. nach Sofia, und zwar aus Europa (Albanien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Rumänien, der Russischen Föderation, Schweden, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich); sowie aus Nordamerika (Kanada, USA).
Nicholas Payne, Exekutiv-Direktor von Opera Europa. Foto: Klaus Billand
Opera Europa ist die führende Dienstleistungsorganisation für professionelle Opern-Compagnien und Opernfestivals in Europa. Sie hat derzeit 182 Mitglieds-Compagnien aus 42 Ländern und ist mit Sitz in Brüssel dort als kulturelle Organisation in Übereinstimmung mit den belgischen Recht registriert. Der Vorstand hat 15 Mitglieder, die für drei Jahre gewählt werden. Ein Exekutiv-Direktor, ein Manager und zwei Koordinatoren führen die Organisation und kümmern sich um die Anliegen der Mitglieder.
Es geht Opera Europa vor allem um Fragen praktischen Interesses wie Einnahmensmaximierung, Publikumsentwicklung, neue Technologien und Medien, Personal, Fund Raising und PR/Marketing. Ferner bieten die Konferenzen exzellente Möglichkeiten für die Kontaktanbahnung zur Entwicklung europäischer Ko-Produktionen.
Das Meeting in Sofia drehte sich vor allem um Fragen, wie man Veränderungen im Management und in der Führung von Opern-Compagnien bewerkstelligen kann. Daneben ging es um das benchmarking der an einer Opera Europa-Umfrage teilnehmenden Mitglieder zu Geschäftsdaten sowie Produktionsbedingungen und -zahlen.
vlnr: Acad. Plamen Kartaloff, Generaldirektor Sofia Oper und Ballett
Mr. Boil Banov, Kulturminister
Ms. Lilyana Pavlova, Ministerin für die Bulgarische EU-Ratspräsidentschaft 2018
Mr. Vezhdi Rashidov, Vorsitzender des Parlamentarischen Kultur-Kommittees
Foto: Klaus Billand
Das Meeting wurde eröffnet von: Acad. Plamen Kartaloff, Generaldirektor der Sofia Oper und Ballett; Boil Banov, Kulturminister; Lilyana Pavlova, Ministerin für die Bulgarische EU-Ratspräsidentschaft 2018 und Vezhdi Rashidov, Vorsitzender des Parlamentarischen Kultur-Komitees.
Die Delegationen nahmen an folgenden Themenpräsentationen und -besprechungen teil:
1. Change Leadership
Hier hielt der Konsulent Lars Sudmann eine key note presentation, in der es um Fragen zu sechs Führungskriterien ging, i.e. Envison, Explore, Engage, Enable, Energize und Execute.
2. Opera Europa members mapping
Hier ging es um die vorläufigen Ergebnisse einer Umfrage unter den Mitgliedern von Opera Europa zu ihren Geschäftsdaten und Produktionsbedingungen und -zahlen etc., um die Bedürfnisse der Opernhäuser exakter zu ermitteln und ihre gesellschaftliche Bedeutung besser darzustellen. Dieses mapping hat bisher allerdings nur vorläufigen und auch partiellen Charakter, da bisher weniger als die Hälfte aller Mitglieder von Opera Europa daran teilgenommen haben. Auch wurden ihre Ergebnisse noch nicht einer Überprüfung unterzogen. Sie sollen unter anderem die Mitglieder zu weiteren Forschungen und Analysen anregen, insbesondere jene, die noch nicht am mapping teilgenommen haben.
3. Qualitätsmanagement/Schlankes Management
Hierbei ging es um effizientere Methoden eines schlankeren Managements, moderiert vom Konsulentin Timo Tuovila und dem Opera Europa Operndirektoren, Exekutiv-Direktor Nicholas Payne.
4. Personalanalyse und Produktivität – benchmarking
Hier ging es um das Thema der personellen Ausstattung der Compagnien und der entsprechenden Überlegungen zur Produktivitätssteigerung.
5. Die Budgetierung der Kasseneinnahmen
6. Die Entwicklung von Führungsstilen: die zukünftige Arbeit
7. Die Analyse von Verkaufsdaten – benchmarking
8. Unternehmenskultur – wie kann man die gesamte Compagnie überzeugen, dieselben Werte zu teilen?
9. Personalaustausch – Pilot-Schema
10. Belästigung am Arbeitsplatz #metoo
Die key note presentation von Lars Sudmann zum Change Leadership konzentrierte sich auf Aspekte, die aus dem Teamwork und Führungstheorien mehr oder weniger bekannt sind. Es war der Verdienst dieser Präsentation, die sechs Elemente guten Führungsstils so klar umrissen zu haben.
Auch wenn die Ergebnisse des members mapping nur vorläufigen und partiellen Charakter haben und eine Überprüfung, also ein formalles Auditing, noch aussteht, war es interessant zu hören, dass die Gesamtheit der 86 Compagnien nur 29% der Einnahmen aus dem Kartenverkauf erzielten, während 71% aus sog. Contributed Income, also Beiträgen, sei es von staatlicher oder privater Seite, kamen. Die Oper ist also – wie schon bekannt – ein großer Zuschussbetrieb. Es ist allerdings von Bedeutung, die unterschiedlichen, ja bisweilen heterogenen Strukturen der Compagnien dabei zu berücksichtigen, und man war sich dessen auch bewusst. So gibt es Mehrspartenhäuser, in der die Oper nur eine Teilrolle spielt, oder Opernhäuser mit mehreren Bühnen etc.
Das Thema der Unternehmenskultur war äußerst interessant, da gerade in einem künstlerischen Betrieb wie einem Opernhaus die Mitarbeiter sehr unterschiedliche Wertstrukturen haben können, zumal auch aufgrund der häufigen Internationalität der Angestellten und GastsängerInnen. Hier wurden wichtige Aspekte aufgezeigt, wie dennoch ein Kanon gemeinsamer Wertvorstellungen gesichert werden kann.
In der #metoo-Debatte ging es recht intensiv zu, und es wurde insbesondere auf die Null-Toleranz-Linie der Compagnien bei aller Art von Belästigungen am Arbeitsplatz, insbesondere des sexual harrassment, hingewiesen. Einige Compagnien legen den GastsängerInnen bei Vertragsabschluss entsprechende Dokumente zur Akzeptanz der jeweiligen Regeln des Hauses vor. Insbesondere wurde, m.E. völlig zu Recht, darauf verwiesen, dass die Gefahr des sexual harrassment gerade bei einem Opernbetrieb besonders hoch ist, da die Arbeit auf der Bühne immer wieder mit mehr oder weniger starker körperlicher Annährung verbunden ist. Offenbar wurde das bisher von verschiedenen Künstlern manchmal missverstanden…
Am letzten Tag fand ein Besuch des berühmten Rila-Klosters in den Rila-Bergen unweit von Sofia statt. Diese Berge spielen in der von den Teilnehmern des International Forum Meeting besuchten Oper von Lyubomir Pipkov „Yana’s Nine Brothers“ eine große Rolle.
Klaus Billand