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SOFIA/ Oper und Ballett: „ONE THOUSAND AND ONE NIGHTS“ – Ballett von Fikret Amirov

30.05.2022 | Ballett/Performance

Sofia / Oper und Ballett: „ONE THOUSAND AND ONE NIGHTS“ – BALLETT VON FIKRET AMIROV –29.5.2022

Heuer wäre der berühmte, aus Aserbaidschan stammende, Komponist Fikret Amirov 100 Jahre alt geworden. Der Begründer des symphonischen Mugham-Genres in der Geschichte der aserbaidschanischen Musik hatte seine große Schaffensperiode in der Sowjetzeit und neben einem umfangreichen Kompositionsspektrum schrieb der Sohn eines berühmten Aserbaidschanischen Sängers, welcher auch kompositorisch tätig war, quasi alles Mögliche. Zu seinen bekanntesten Stücken gehören symphonische Werke wie „Shur“ (1946), „Kurd Ovshari“ (1949), „Azerbaijan Capriccio“ (1961), „Gulustan Bayati-Shiraz“ (1968), „The Legend of Nasimi“ (1977), „Zur Erinnerung an die Helden des Großen Nationalkrieges“ (1944), „Doppelkonzert für Violine, Klavier und Orchester“ (1948) u. a. 

Zu seinen Balletten gehören „Nizami“ (1947) und „One Thousand and One Nights“, das 1979 uraufgeführt wurde. Amirov schrieb 1953 die Oper „Sevil“ sowie „Song“, „Nocturne“, „Humoreska“, „Lyrical Dance“, „Waltz“, „Lullaby“ und „Toccata“. Außerdem schrieb er zahlreiche Filmmusiken. Die Sofia Nationaloper unter der seit Jahrzenten erfolgreichen Leitung von Plamen Kartaloff huldigte dem hierzulande zu Unrecht vergessenen Komponisten mit einer Premiere und erstmaligen Aufführung in Bulgarien seines wohl berühmtesten Balletts: „One Thousand and One Nights“ nach einem Libretto von Rustam und Maksud Ibrahimbekovi in der famosen Choreografie vom großen Eldar Aliyev und erreichte einen nahezu bombastischen Erfolg. 

Das Sofioter Publikum stürmte quasi die Vorstellungen dieser Ballettproduktion und gab der Company um Ballettdirektor Alexandar Alexandrow einen immensen Support. Es bejubelte jede der restlos ausverkauften Vorstellungen. Weshalb man in Deutschland dieses Handlungsballett mit der 1:1 erzählten Scheherazaden-Handlung dem Publikum seit Jahren (mir sind keine Aufführungen bekannt) vorenthält dürfte mit Arroganz und Unkenntnis zu tun haben. Ich bin mir sicher, in München, Leipzig, Dresden, Wien, Stuttgart, Düsseldorf und Hamburg wäre der Publikumszuspruch dem des bulgarischen gleich, zumal sich dieses Ballett mit 1:45 min. Gesamtdauer ohne Pause gerechnet für einen Familienbesuch mehr als empfiehlt und reichlich Geld einspielen dürfte. 

Die aus 70 Tänzern bestehende Ballettcompany von Sofia Oper und Ballett ist eine wirklich hoch qualitative, ambitionierte und fleißige Company mit einem, besonders der Klassik verpflichteten, immensen, abrufbaren Repertoire und fabelhaften Solisten. In der besuchten Vorstellung am Sonntag, den 29.05.2022 tanzte Marta Petkova die Scheherazade mit klarer Körpersprache und beeindruckender Grazie und Tsetso Ivanov die eigentliche, herausfordernde und sehr lange Hauptpartie des Sultan Shakhriyar, was dieser mit enormer Kondition und bestechender Disziplin bis zum Ende durchhielt und es an Anmut, Eleganz und Akkuratesse nicht fehlen ließ. Aliyev, welcher selber ein weltweit geschätzter Tänzer war und nun ebenso legendär als Choreograf arbeitet, ging speziell bei der Erarbeitung des Sultans sicher vom eigenen einstigen Leistungsvermögen aus, was einige extrem schwierigen Hebefiguren bewiesen, welche Tsetso Ivanov mit höchster Konzentration und Kraft, Sicherheit, wirklicher Schönheit im Ausdruck und eben mit hartem Stehvermögen bewältigte.

Katerina Chebykina als seine Gattin Nurida tanzte gut und der, in der Handlung alles verderbende, Sklave wurde von Emil Yordanov mit leichten Handycapes interpretiert. Von den vielen Solisten der drei erzählten Geschichten aus 1001 Nacht (Sindbad, Alladin und Ali Baba) stach der erst 20jährige Simeon Atanasov (Achtung Ballettdirektoren – einmaliges Talent) als Aladdin hervor, dessen federnde Leichtigkeit, fabelhafte Sprünge und fröhliche, witzige und energetische Interpretation stark beeindruckte. Aber auch das witzige Trio der Ali-Baba-Story, akkurat getanzt und mit köstlicher darstellerischer Komik versehen, von Venera Hristova, Georgi Asparuhov und Ivan Georgiev gefielen besonders und wurden vom Publikum besonders gefeiert. Auch das Corps de Ballett und die weiteren Solisten glänzten und bewiesen das hohe tänzerische Niveau des Sofioter Balletts. 

Die Sopranistin Ayla Dobreva, der Chor des Hauses (eingesetzt bei den Melisma-Gesängen) und das Orchester von Sofia Oper und Ballett sangen und spielten exzellent. Der aus Aserbaidschan engagierte Gastdirigent Ayyub Guliyev, ein Kenner dieser Musik und deren Aufführungstradition, erwies sich als sachlicher musikalischer Leiter und lieferte eine fehlerfreie sowie rhythmisch exakte und klangliche Ballett-Dirigenten-Leistung. Das verführerische, orientalische und ästhetisch schöne Bühnenbild schuf Semyon Pastukh. Die prächtigen, farbigen, aber nie zu dick aufgetragenen, Kostüme wurden von Galina Solovyova entworfen. 

Rico Förster

 

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