REICHENAU/ Festspiele:
SOMMERNACHTSTRAUM von William Shakespeare
Semmering, Südbahnhotel
Bericht über die Premiere am 4. Juli 2025
Regie: Maria Happel
23 Aufführungen bis 3. August. Alle trotz Zusatzvorstellung bereits ausverkauft.
Nicht barrierefrei!
Alle Infos auf www.festspiele.reichenau.at
Resümee nach der Premiere: Besser geht’s nicht! Nur Superlative! Das Publikum ist begeistert! Die Spielfreude des Ensembles steckt an! Nur glückliche Gesichter! Langanhaltender Applaus, Bravos, Blumen! Wie schön ist doch die Märchenwelt mit ihren HAPPY ENDINGS!
Shakespeare – das erste Mal in Reichenau. Gibt’s denn das? Maria Happel setzt im 4. Jahr ihrer Intendanz erstmals auf den englischen Dichter und inszeniert den „Sommernachtstraum“ im Südbahnhotel, dem außergewöhnlichsten Spielort der Festspiele Reichenau.
Das Hotelpersonal wartet auf die Gäste …
Treten Sie ein…
© Lalo Jodlbauer
Maria Happel lässt sich als Regisseurin viel Neues einfallen. So erfindet sie die Figur des Poeten, ideal besetzt mit Martin Schwab. Er begrüßt die Gäste, erklärt den Ablauf des Stationentheaters, agiert als „graue Eminenz“ des Südbahnhotels und führt elegant durch Haus und Stück. Max Reinhardt wäre zufrieden. Die Regisseurin sieht ihre Inszenierung als Hommage an diesen großen Theatermagier, der den Sommernachtstraum 1935 in Hollywood verfilmt hat.
Nicht in der Besetzungsliste, aber eigentlich Hauptdarsteller ist das Südbahnhotel.
Das Spiel beginnt im Foyer bei freier Platzwahl. Der Poet und Puck begrüßen in einer Doppelconference, stellen die Figuren der Handlung kurz vor und sprechen sogleich die Pläne des Investors an, aus dem Jahrhundertwendebau ein modernes Wellnesshotel zu machen. Puck ist dafür, der Poet dagegen, er will nicht renovieren und das Baujuwel als Jugendstilikone erhalten.
Der größte Teil des Schauspiels findet im Waldhofsaal in der Bel Etage des Hotels statt. Maria Happel lässt vor und hinter der längseitigen Verglasung des Saales spielen. Fünf Glaseinheiten mit jeweils einer Türe verbinden den Saal mit der großzügigen Terrasse. Eine besondere Form der Guckkastenbühne entsteht. Gesprochen wird im Saal, sodass das Publikum gut versteht. Gelaufen, getanzt, gesprungen wird auch auf der Terrasse, sodass das prachtvolle Bergpanorama des Rax-Semmering-Gebiets bei bestem Wetter eine Traumkulisse bietet.
Große Hochzeitsfeierlichkeiten stehen bevor. Eine Truppe von Handwerkern bereitet ein Theaterstück vor: „Pyramus und Thisbe“. Sechs Männer spielen Pyramus und Thisbe, die Wand, den Löwen, den Mond und den Prolog. Im Elisabethanischen Theater waren komische, oft derbe Passagen Pflicht. Die Lacher der sogenannten Groundlings auf den Stehplätzen entschieden über Erfolg oder Mißerfolg der Stücke. Die Leistung der Handwerkertruppe im Südbahnhotel ist exzellent, alle im Saal lachen. Das Lachen des Publikums ist der „Applaus“ für André Pohl, Sebastian Wendelin, Florian Carove, Helmut Bohatsch, Jakob Semotan und Paul Basonga.
Foto: Lalo Jodlbauer
Mit dem Einbruch der Dunkelheit hüllt der Traum die Sommernacht ein. Oberon, der König der Elfen, und Titania, seine Königin, zanken. Zur Strafe lässt Oberon ihr durch seinen Vasallen Puck ein Zaubermittel eintröpfeln, sodass die Schlafende beim Erwachen dem ersten Wesen, das sie sieht, in Liebe verfällt. Das ist der in einen Esel verwandelte Zettel. Im Wald irren vier unglücklich Verliebte umher, Hermia, Helena, Lysander und Demetrius. Puck ändert auch bei ihnen mittels Zaubertropfen die Adressaten ihrer Liebe. Der Wald wird eine Spielwiese der Leidenschaften, wo verschiedene Welten aufeinanderprallen: die elegante Hofgesellschaft und die bodenständige Arbeiterschaft, Menschen und Geisterwelt, poetische Sprache und derbe Komik. Traum und Realität werden durcheinandergewirbelt, der Wald ist ein Ort ungeahnter Freiheiten.
Nach der Pause wird im ehemaligen Speisesaal des Südbahnhotels weitergespielt. Im Finale wird der Zauber gelöst. Die „richtigen“ Paare finden zueinander. Wie sagt der Poet? „Jeder kriegt, was er verdient!“ Die Schauspieler agieren auf einem erhöhten Catwalk in der Mitte des Saales, der das Publikum zwar näher an die Bühne bringt, worunter aber die Verständlichkeit etwas leidet, müssen die Akteure doch abwechselnd nach zwei Seiten sprechen. Alle verstehen, dass wir zwar von besseren Welten träumen, aber in der Realwelt leben und dort ist „der Mensch oft nur ein Esel“.
© Lalo Jodlbauer
Die Besetzung ist exzellent und wird daher vollständig wie im Programm wiedergegeben:
Theseus, Herzog von Athen / Oberon, König der Elfen: Nicolas Brieger
Hippolyta, Königin der Amazonen, mit Theseus verlobt / Titania, Königin der Elfen: Barbara Petritsch
Lysander, Liebhaber der Hermia: Sebastian Egger
Demetrius, Liebhaber der Hermia: Johannes Deckenbach
Hermia, in Lysander verliebt: Laura Dittmann
Helena, in Demetrius verliebt: Pia Zimmermann
Poet: Martin Schwab. Die Figur des Poeten wird von Maria Happel neu eingeführt als Gegenpol zu Puck. Martin Schwab ist die adäquate Besetzung für den weisen Kommentator.
Puck, ein Elf: Ludwig Blochberger
Senfsamen, eine Elfe: Melanie Hackl
Squenz, der Zimmermann/Prolog: André Pohl
Zettel, der Weber / Pyramus : Sebastian Wendelin
Flaut, der Bälgenflicker / Thisbe: Florian Carove
Schnauz, der Kesselflicker / Wand: Helmut Bohatsch
Schnock, ein Schreiner / Löwe: Jakob Semotan
Schlucker, der Schneider / Mond: Paul Basonga
Das Leading Team:
Regie: Maria Happel
Textfassung: Sebastian Huber
Bühne: Alexandra Burgstaller
Kostüme: Erika Navas
Musik: Helmut Thomas Stippich
Aufführungsdauer des Reichenauer Sommernachtstraum: 2 ½ Stunden
Die Festspiele Reichenau werden nachhaltig und bieten An- und Abreisemöglichkeiten mit Öffis als Alternative zum Auto. Shuttlebusse bringen die Zuschauer:innen vom und zum Bahnhof Semmering.
Elisabeth Dietrich-Schulz