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SELZACH/ Schweiz/Sommeroper: CARMEN (Vierte Vorstellung)

14.08.2024 | Oper international

Georges Bizet: Carmen • Sommeroper Selzach • Vorstellung: 11.08.2024

(4. Vorstellung • Premiere am 02.08.2024)

Eine Kooperation mit dem Theater Orchester Solothurn

Handwerklich perfekte Umsetzung

Die Selzacher «Carmen» begeistert auch beim zweiten Besuch uneingeschränkt. Die Umsetzung ist absolut gelungen: echtes, lebendiges, leidenschaftliches Theater!

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© Sommeroper Selzach

Maria Riccarda Wesselings Inszenierung besticht durch ihre akribische Vorbereitung, profundes Werkverständnis und hochsensible Personenführung. Wesseling, die schon als Carmen auf der Bühne stand und 2018 als Regisseurin debütierte, zeigt ein bewundernswertes Einfühlungsvermögen, so dass eine handwerklich perfekte Umsetzung entstanden ist. Basis der Inszenierung ist eine Studienreise mit Interessierten aus dem Umfeld der Sommeroper zu den Schauplätzen der Oper nach Sevilla. Die Erkenntnisse flossen dann frei ins Bühnenbild ein (Ausstattung: Oskar Fluri). So spielt der erste Akt vor der königlichen Tabakfabrik, der zweite in der Schenke des Lillas Pastia im Hafenquartier Triana, der dritte in einem Tabaklager und der vierte am Eingang der Stierkampfarena. So gibt es maurisch angehauchte Architektur, einen zugleich blühenden und Früchte tragenden Orangenbaum und zahllose getrocknete Tabakblätter in allen Stadien. Besonders gelungen ist das Bühnenbild, das in an den Neorealismo erinnernder Nüchternheit auf den tragischen Konflikt fokussiert. Nun stehen rechts und links die beiden von Anfang an vorhandenen Treppen und deuten mit Chor und Statisterie, die Platz genommen haben, die Arena an. Don Josés Eifersucht wird sanft dadurch verstärkt, dass Carmen und Escamillo den Beginn der Szene auf dem Balkon eines angrenzenden Hauses singen. Sie sind gerade aufgestanden… Diese Empathie erstreckt sich auf jede Person und jedes Kollektiv. Selbst die «Parade» der Kinder lässt diesen Raum zu spielen und ihren Auftritt zu geniessen.

Das Orchester der Sommeroper Selzach unter musikalischer Leitung von Kaspar Zehnder begeistert mit sattem, aber doch leichtem Wohlklang und hörbarer Spielfreude. Valentin Vassilev hat den Chor der Sommeroper Selzach und den Kinderchor der Sommeroper Selzach perfekt vorbereitet. Die Kollektive klingen wunderbar homogen und überzeugen mit Spielfreude und Textverständlichkeit.

In den Dialogen, es wird die originale Version von Bizets Opus ultimum gegeben, sind alle Solisten vorbildlich textverständlich. Deborah Saffery überzeugt als blonde Carmen mit ihrem wunderbar vollen, runden Mezzosopran und überzeugendem, weil wohldosiertem Spiel. James Kryshaks Zuhause als Don José sind die mittleren Lagen: geht es in die hohen Register, klingt die Kopfstimme deutlich dünner. Marcel Brunners Bassbariton ist mit seiner jugendlichen Kraft und Farbenreichtum geradezu ideal für den Escamillo. Marion Grange gibt eine reifere als vom Libretto vorgesehene, deswegen aber nicht minder überzeugende Micaëla. Hierunterstützt die Erfahrung die Wirkung. Stefanie Frei und Astrid Pfarrer als Frasquita und Mercédès harmonieren als beste Freundinnen mit putzmunterem Spiel tadellos. Jasper Leever als Zuniga, Iyad Dwaier als Moralès, Wolfgang Resch als Dancaïro und Konstantin Nazlamov als Remendado ergänzen das superbe, zu Recht vom Publikum mit Standing Ovations gefeierte Ensemble.

LaDina Bucher verkörpert als Flamencotänzerin die freiheitsuchende Seele Carmens.

Grosse Oper!

Weitere Aufführungen: Do., 15. Aug., 19:00; Sa., 17. Aug., 19:00; So., 18. Aug., 17:00.

 

13.08.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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