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18.09.2018 | FILM/TV, KRITIKEN

Filmstart: 21. September 2018
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USA / 2018
Regie: Aneesh Chaganty
Mit: John Cho, Michelle La, Debra Messing u.a.

Was ist bemerkenswerter an diesem Film? Dass wieder – diesmal mit koreanischen Hauptdarstellern und einem indischen Regisseur – Asiaten im Mittelpunkt eines US-amerikanischen Filmes stehen (wie in dem Riesenerfolg „Crazy Rich Asians“, bei dem es allerdings vor allem komisch zuging), Menschen, die sich (im Gegensatz zum Vordringen der Schwarzen und Latinos) bisher eher im Hintergrund gehalten haben?

Oder dass der Film so heutig ist, dass er nicht mehr „real“ zu betrachten ist, sondern seine ganze Handling per Internet, Sozialen Medien, Skype, Websites, Searches transportiert? Wie man weiß und hört, besteht das „Leben“ vieler Menschen nur noch in dem, was sie in ihrem Smartphone sehen… Verwirrendes Patchwork ist das nur für jene, die noch ein „analoges“, reales Leben führen. Für alle anderen ist es Selbstverständlichkeit. Auf diese Art liest man mehr Kurzinfos, als dass sich eine Geschichte auf der normalen Kommunikation des Gesprächs entwickelt.

So lernt man David Kim kennen, und aus Daten setzt sich zusammen, dass seine Gattin schwerkrank war, jetzt tot ist (die Kalender Notiz „Mum comes home“ wird mit schlichtem „Delite“ gelöscht), und dass er mit seiner geliebten Tochter Margot, einem halbwüchsiger Teenager, in stetem digitalen Kontakt steht. Die beiden skypen, und Papa möchte ihr noch viel mehr sagen, löscht aber oft, was er ihr schreiben will. Dennoch – zwischen den beiden ist alles in Ordnung.

Darum versteht er nicht, warum er sie – nach drei versäumten Anrufen von ihr – nicht mehr erreichen kann. „Searching“ wird jetzt nicht nur die Suche nach der Tochter, sondern auch die stete Suche im Netz. Man kann ja heute einfach alles „recherchieren“ – und sich wundern, was man erfährt. Etwa, dass Margot schon lange nicht mehr in der Schule war. Und dass sie jetzt angeblich mit Freunden in einen einsamen Nationalpark zum Camping ist.

Wenn er die „Missing Persons“ aktiviert, kommt er zu Detective Rosemary Vick, und allerlei Seltsames stellt sich heraus. Wofür hat Margot 2500 Dollar abgehoben? Wer waren ihre Kontakte? Kein Wunder, dass man auf Fake IDs stößt. Und immer wieder muss der Vater, der es besser weiß, sich anhören, dass seine Tochter vermutlich einfach davongelaufen ist… Schließlich spielen auch YouTube und Massenhysterie, wie man sie heutzutage kennt, mit.

Ist die Suche einförmig? Kommt auf die Einstellung des Kinobesuchers an. Die Lösung – Papa verkehrt mit der beauftragten Polizistin stets per Smartphone – überrascht allerdings, das muss man zugestehen (obwohl sie eigentlich nach den Krimi-Regeln als unfair gelten mag – „der Mörder ist immer der Gärtner“).

Wie dem auch sei: „Searching“, der erste Langfilm des in Indien geborenen, in den USA aufgewachsenen Aneesh Chaganty ist ein Dokument unserer Zeit, wie man sie auch im Kino braucht, um Entwicklungen, die sich in der Realität abspielen, festzumachen. Und vor allem John Cho als Margots Vater, Debra Messing als Detective mit einem Geheimnis und Michelle La als Tochter Margot kommen trotz der Verfremdung ja doch noch wie echte Menschen in ihren Sorgen und Nöten von der Leinwand…

Renate Wagner

 

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