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SCHWETZINGEN/ Rokokotheater: FETONTE von Niccolo Jomelli

14.12.2014 | Oper

SCHWETZINGEN/ Rokokotheater : FETONTE von Niccolò Jommelli am 11.12.2014

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Foto: Annemone Taake

 Das Festival „Winter in Schwetzingen“ widmet sich seit einigen Jahren in verdienstvollster Weise vergessenen Werken der „neapolitanischen Schule“ : Nach Alessandro Scarlattis „Marco Attilio Regolo“, Nicola Porporas „Polifemo“ und Tommaso Traettas „Ifigenia in Tauride“ steht heuer (noch bis 23.Januar) Niccolò Jommellis „Fetonte“ auf dem Programm.

Diese Oper stellte einst den Höhepunkt der glanzvollen Laufbahn des aus Aversa bei Neapel stammenden württembergischen Hofkomponisten dar. Bei der Uraufführung sollen nicht weniger als 436 Statisten, davon 86 zu Pferde, beschäftigt gewesen sein.

Mit solchem Pomp könnte das entzückende kleine Rokokotheaterchen in der ehemaligen pfälzischen Sommerresidenz Schwetzingen naturgemäß nicht aufwarten, und manche Besucher zeigten sich enttäuscht ob dieser doch vorhersehbaren Tatsache.

Dabei muss man dem argentinischstämmigen Tänzer (und nunmehrigen Hauschoreographen des Stuttgarter Balletts) Demis Volpi zugute halten, bei seiner ersten Opernregie aus der räumlichen Beschränkung des historischen Orts wirklich das Beste gemacht zu haben.

Er inszeniert den Mythos des mit dem Sonnenwagen abgestürzten Fetonte(= Phaeton, was ja auch der Name des Unglückswagen von Jörg Haider war) als Kammerspiel einer dysfunktionalen Familie.

Fetonte ist ein bebrillter Nerd in einem unfassbar gelben Rhombenpolunder, der unentwegt und verbissen an einer Flugmaschine bastelt, während seine verwitwete Mutter sich den Avancen mehrerer Freier erwehren muss.

Volpi gelingen sehr schöne Bilder, wie zum Beispiel im letzten Akt, als sich die Überlebenden der Weltkatastrophe im überschwemmten bürgerlichen Interieur auf Fauteuils und Sofas nur noch mühsam fortbewegen können,  Stehlampen als Ruder benützend.

Sängerisch herausragend der erfahrene und sichere Countertenor Antonio Giovannini (Fetonte)und die israelische Sopranistin Rinnat Moriah (in der Doppelrolle von Teti und Fortuna), aus deren Goldkehle die halsbrecherischsten Koloraturen scheinbar mühelos nur so herauspurzelten.

Das große Duett der beiden stellte die Sternminuten dieser gelungenen Aufführung dar.

Sehr beachtenswert auch Jeanine de Bique in der Rolle von Fetontes unglücklicher Mutter Climene.

Felice Venanzoni brachte mit dem Philharmonischen Orchester Heidelberg Jommellis delikate, zwischen Barock und Klassik angesiedelte Musik, einfühlsam zum Klingen.

Eine erfreuliche Wiederentdeckung zum Ausklang des Jommelli-Jahres (der Meister wurde am 10.September 1714 geboren), von dem man ansonsten nicht sehr viel mitbekommen hat.

Nächsten Februar will sich allerdings die Staatsoper Stuttgart seines anderen Opus Magnum Jommellis, „Vologeso“ (hier in Berenike, Königin von Armenien umbenannt) annehmen. Man darf gespannt sein.

 Robert Quitta, Schwetzingen

 

 

 

 

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