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SCHWETZINGEN: MITRIDATE von N.A. Porpora. Premiere

30.11.2017 | Oper

Schwetzingen: MITRIDATE von N.A.Porpora  29.11. 2017 – Premiere

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Nicola Antonio Porpora

Mit Mitridate von Nicola Antonio Porpora beendet dasTheater Heidelberg den auf 7 Spielzeiten angelegten Zyklus über die in Vergessenheit geratene aber historisch bedeutsame Epoche der Neapolitanischen Schule der Barockoper im 18.Jahrhundert. Diese in der Variante als Buffoopern teils im Gedächtnis verbliebenen Opern, die in dem Zyklus aufgeführt wurden, können auch als Vorläufer zu Mozarts klassischem Opernschaffen gesehen werden Mitridate selber wurde von Mozart als Jugendoper vertont, allerdings in einer anderen Textfassung als bei Porpora, und bei diesem gab es nach der ersten verschollenen Fassung eine zweite für London, wo Porpora sogar Händel Konkurrenz machte und damit die europäische Verbreitung dieses Operstils vorantrieb.

Das kleine Pontus am Schwarzen Meer ist von den Römern bedroht. König Mitridate ist aber mehr mit seinen Liebeshändeln beschäftigt. Er will Ismene heiraten, in die aber auch sein Sohn Farnace verliebt ist. Kurz vor der Hochzeit verstößt Mitridate Ismene aufgrund eines manipulierten negativen Orakels über diese Ehe, da er Semandra, die Geliebte seines anderen Sohnes Sifare begehrt. Er verstößt erst den Sohn, schickt ihn aber dann zur Bewährung als Heerführer in den Krieg gegen die Römer. Nach siegreicher Rückkehr sieht der sich von Semandra verraten, da sie beim König schläft, was aber von diesem auch wieder manipuliert war. Sein Sohn Farnace läßt das Volk gegen ihn aufhetzen, wird aber von Ismene verraten. Semandra und Sifare versöhnen sich, und Sifare verschwindet, um den Aufstand niederzuschlagen. Semandra wird von der Gegenpartei verführt, Gift zu trinken, da sie sich gefangen und in hoffnungsloser Situation befindet. Da wird verkündet, daß Sifare die Aufrührer zurükgedrängt habe und als neuer König für den seinem Giftbecher erlegenen Mitridate amtieren soll. Er überantwortet den abtrünnigen Bruder Farnace dem Tod.

Porpora schreibt eine alle Details des Textes auswalzende zum Teil sehr inspirierte Oper. Durch das festgelegte Arienschema mit obligater Reprise ergeben sich aber Längen, besonders bei dem Hin und Her der Liebe zwischen Semandra und Sifare und den endlosen Versuchen, diese Liebe „im Guten“ umzuleiten, Semandra mit Krone und Zepter zu locken. Sehr gut begleiten und spielen die Heidelberger Philharmoniker. Sie haben sich für Werk wieder einen satten, saftig zupackenden „Originalklang“ zugelegt. Dirigent Felice Venanzoni führt sie sicher und mit starkem Impetus durch die zeitweise faszinierende Partitur. Die Rezitative kommen klangintensiv an den Cembali.

Die Regie von Jacopo Spirei legt fast mehr Gewicht auf  prunkvolle Ausstattung als auf ausgedeutete Personenführung. Diese mutet ganz asiatisch orientalisch mit einem steinernen Diwan an, auf dem schon mal eine Jungfrau in weißem Gewand von dem Priester per Halsschnitt geopfert wird. Die Böden und Wände sind teils gekachelt, es ergeben sich feierliche Prozessionen mi Blumenausschmückung des Saals. Der hintere Raum öffnet sich später und könnte das Schlachtfeld mit dahinter abschließendem Gitter darstellen (Bb: Madeleine Boyd). Die Protagonisten liegen viel wie im Altertum üblich und tragen lange fließende Gewänder, teils mit Kopfbedeckung, Sifare als einziger einen blauen Anzug, wie die Damen z.T. in modernen Kleidern gehen (Kost.: Sarah Rolke).

Mitridate ist David DQ Lee mit schönstimmigem, etwas wolkigem aber farbenreichem Countertenor und singt weitgespannte Melodiebögen. Sifare Ray Chenez ist auch ein Ausnahme-Counter. Anfangs hat er bei einer Arie noch etwas Schwierigkeiten, meistert aber dann ausgetüfteltste Koloraturarien mit einer Verve, die Staunen macht. Natürlich perlen seine Noten bei berückendem Timbre. Wenn er aber im Duett mit Semandra Yasmin Özkan singt,  die mit blitzsauber geführtem, lieblichem Sopran überrascht, stellen sich Wonnegefühle ein.  Shahar Lavi, die schon bei Don Juan als Zerlina überzeugte, singt den Farnace. Ein ganz ausdruckskräftiger Mezzo agiert hier in stattlicher, aber destruktiver Herrscherattitüde, auch den Frauen gegenüber. Mit Katja Stuber kann eine weitere super Sopranstimme als Ismene aufgeboten werden, die in ihren wenigen Arien feinste Koloraturen ineinander übergehen läßt. Als Archelao tritt Zachary Wilson mit gewohnt starkem Bariton auf, und als Arcante kann Seung Kwon Yang einen geschliffenen Tenor beisteuern. Xiangnan Yao rundet mit wohlklingendem Baß das Ensemble ab.

Friedeon Rosén

 

 

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