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Schumann „Poetica“ mit Claudio Bohorquez und Peter Nagy

Viele emotionale Kontraste

25.10.2019 | cd

Robert Schumann „Poetica“ mit Claudio Bohorquez und Peter Nagy bei Berlin Classics erschienen/

Viele emotionale Kontraste

Bildergebnis für schumann poetica

Claudio Bohorquez (Violoncello) und Peter Nagy (Klavier) interpretieren die drei Fantasiestücke op. 73 von Robert Schumann als ausgesprochen melodiöse und lebendige Charakterstücke. Die drei Romanzen op. 94 schrieb Schumann ursprünglich für Oboe. Hier betonen die beiden Musiker in überzeugender Weise die leidenschaftlichen Ausbrüche und differenzierten thematischen Verbindungen. Schon als Kind hatte Robert Schumann übrigens Cello gespielt und ein tiefes Verständnis für dieses Instrument entwickelt. Dies zeigt sich auch bei den hier sehr differenziert und sensibel musizierten Fünf Stücken im Volkston op. 102. Spanische Folklore offenbart sich dabei reizvoll bei „Mit Humor“. Im nachfolgenden „Langsam“ kommt es dann zu einem intimen Dialog zwischen Cello und Klavier. Bei „Nicht schnell, mit viel Ton zu spielen“ fesselt als drittes Stück ein eindringlicher Dialog von Cello und Klavier. Die emotionalen Kontraste dieser Musik werden facettenreich ausgelotet. Vor allem auch die „Märchenbilder“ op. 113 überzeugen bei dieser CD-Einspielung aufgrund der nie nachlassenden spieltechnischen Energie und des inneren Feuers, mit dem hier die beiden Künstler agieren. Die lyrischen und melodischen Qualitäten dieser Komposition werden nie verleugnet, thematische und motivische Gestalten zeigen immer wieder neue klangfarbliche Nuancen. Der Wechsel zwischen d-Moll, F-Dur und D-Dur bei den Nummern „Rasch“, „Lebhaft“ und „Langsam“ hinterlässt hier einen harmonisch überaus vielschichtigen Eindruck. Die Klangräume werden bis zur letzten Konsequenz ausgelotet. Nur kurze Zeit später setzte die geistige Erkrankung Schumanns ein, die bei diesen Stücken allerdings nicht wirklich herauszuhören ist. Dem langsamen folgt hier ein punktiert marschähnlicher Satz – gerade dieser Übergang wird von Claudio Bohorquez und Peter Nagy präzis herausgearbeitet. Die „Drei Romanzen“ op. 94 fesseln nicht nur aufgrund der kontrapunktischen Verdichtung, sondern auch aufgrund der feinen dynamischen Schattierungen. Die drei Fantasiestücke op. 73 gefallen bei dieser Interpretation auch aufgrund ihrer klanglichen Flüssigkeit, die unerschöpflich zu sein scheint. Die größte Überrachung ist auf dieser akustisch gelungenen CD allerdings die abwechslungsreiche Bearbeitung des Liedzyklus „Dichterliebe“ op. 48. Das Werk enstand zu der Zeit, als Claras Vater sich weigerte, der Ehe von Robert und Clara Schumann zuzustimmen. Sie beantragten 1839 den Ehekonsens vor Gericht. Auch hier reisst das leidenschaftliche melodische Fließen den Zuhörer sofort mit. Einzelne Nummern wie „Im wunderschönen Monat Mai“, „Wenn ich in deine Augen seh'“, „Ich grolle nicht“, „Das ist ein Flöten und Geigen“, „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ oder „Aus alten Märchen winkt es“  bewegen den Zuhörer aufgrund ihrer einfühlsam gestalteten Melodik, die viel von der gesanglichen Deklamation erahnen lässt. Aus den „Kinderszenen“ op. 15 erklingt zuletzt noch  die Nummer 13 „Der Dichter spricht“ – leise, verhalten und in sich gekehrt. Diese CD-Einspielung huldigt vor allem dem romantischen Melodiker Robert Schumann in besonderer Weise. Träumerischer Glanz und verschwimmende Harmonien wechseln sich ab.  

Alexander Walther

 

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