Giuseppe Verdi: Aida • Gastspiel des Theaters Pforzheim im Stadttheater Schaffhausen • Vorstellung: 19.11.2024
«Aida» als Kammerspiel
Mit Verdis «Aida» bestreitet das Theater Pforzheim das zweite Opern-Gastspiel der Saison im Stadttheater Schaffhausen. Regisseur Markus Hertel zeigt exemplarisch, dass «Aida» als Kammeroper auch in einem kleineren Haus bestens funktionieren kann.
Foto © Theater Pforzheim
Markus Hertel (Inszenierung) hält sich bei seiner Arbeit eng ans Libretto und überzeugt mit der Personenführung, die den Solisten den Raum gibt, das Kammerspiel als solches zu gestalten. Auf der Bühne genügen zwei Treppen-Elemente und ein Thron, um die Phantasie des Zuschauers zu animieren. Im Verbund mit den Kostümen ersteht das alte Ägypten, oder das, was wir dafür halten, vor unseren Augen wie von selbst (Ausstattung: Sibylle Meyer).
Die Badische Philharmonie Pforzheim unter musikalischer Leitung von Michael Pichler überzeugt mit beseeltem, grossartig ausgefeiltem Spiel. Die verschiedenen Register sind bestens austariert, Solostellen werden glasklar hörbar, so dass auch die Instrumentierung hörbar macht, dass das Werk als Kammerspiel und nicht als Blockbuster für grosse Bühnen, geschweige denn Arenen, konzipiert ist. Die Piano-Stellen gelingen an diesem Abend traumhaft. Johannes Berndt hat Chor und Extrachor des Theaters Pforzheim ideal vorbereitet: Mit differenziertem Wohlklang fügen sie sich bestens in die musikalische Gestaltung des Abends ein.
Ivi Karnezi gibt die Aida mit vollem Sopran, der in der Mittellage bestens anspricht, in den Höhen leicht zur Schärfe tendiert. Julia Rutigliano gestaltet die Amneris mit prächtigem Mezzo. Die szenische Gestaltung der Rolle würde etwas mehr Intensität vertragen: in ihrer Machtposition als Königstochter bleibt sie zu blass. Felipe Rojas Velozo gibt einen stimmgewaltigen Radamès. Er interpretiert die Rolle mit absoluter Leidenschaft ohne Rücksicht auf die Ressourcen. So bricht im Schlussduett die Stimme weg und er kann bestenfalls noch markieren. Vorher ist die Interpretation stilistisch unpassend, stark veristisch angelegt. Die «Träne in der Stimme» ist in diesem Umfang bei Radamès völlig fehl am Platz. Martin Berner gibt den Amonasro mit gepflegtem, dezentem Bariton und engagiertem Spiel. Aleksandar Stefanoski leiht dem Ramphis seinen voluminösen, wohlklingenden Bass. Lukas Schmid-Wedekind als König, Elisandra Melián als Tempelpriesterin und Leopold Bieber als Bote ergänzen das Ensemble.
«Aida» beeindruckt als Kammerspiel.
23.11.2024, Jan Krobot/Zürich