Ein Opernfest für Schärding
Szenische Probe
In der Zeit vom 24. bis zum 27. Juli 2024 fand in Schärding das Opernfest „Mixed Tradition“ nunmehr zum zweiten Mal statt. An den vier Abenden mit der teilweise öffentlichen Generalprobe besuchten ca. 2.000 Besucher das Fest. Schärding selbst hat um die 5.000 Einwohner und die andere Gemeinde auf der anderen Seite des Inns weitere 3.600. Zusammen also 9.000 Einwohner. Mithin waren über 20% Prozent der Region zu Gast bei diesem Opernfest. Welch großes Theater wäre mit einer derartigen Akzeptanz nicht mehr als zufrieden. Ich persönlich habe mir alle vier Tage das Fest angesehen und muss im Nachhinein wirklich sagen, es hat mich sehr beeindruckt.
Philipp Mayer, regional verwurzelt und Réka Szabó spielen mit dem Feuer und wagen etwas, was ich nicht für möglich gehalten habe. Ein Opernfest für die Region. Nicht die Menschen sollen zu Oper kommen, sondern die Kultur kommt zu den Menschen. Einen Ansatz, den ich schon immer für wichtig gehalten habe. Nur mit dem Einklang erreicht man auch die Akzeptanz, die es benötigt, um wahre Lichter zum Strahlen zu bringen. Lisa Anetsmann mit der Produktionsleitung gab ihr übriges hinzu.
Was durfte ich also Erleben? Auf dem Hessen-Rainer-Platz gleich neben der alten Brücke am Inn, die Schärding mit Neuhaus verbindet und sich als imposante Spielstätte entpuppte, war nun eine Bühne aufgebaut und es war nur ein Teil vom Opernfest, das mit weiteren Veranstaltungen weiteres Publikum erreichte. Um die 500 Plätze waren auch annähernd an allen Tagen gut angenommen worden und geboten wurde eine großartige Operngala. Nicht nur eine konzertante Aufführung, sondern ein breites Spektakel wurde dem Publikum geboten und gestützt auf eine etwas triviale Geschichte, die die regionalen Gegebenheiten einbezieht. Fast 20 Opernarien und Ouvertüren aus unterschiedlichen Epochen wurde nun in diese regionale Geschichte mit einer in sich stimmigen Handlung eingebettet, angereichert durch ein szenisches Spiel von Schauspielern, Artisten und auch Kinderdarsteller.
Ustina Dubistky als Dirigentin führte das Opernfestorchester mit überwiegend Musikern aus der Region zu wahren Höhen und einer Einheit, die man nach so kurzer Zeit nicht erwarten darf und die keinesfalls selbstverständlich sind. Das Orchester hält so manchen Vergleich stand und zeigt, was man alles erreichen kann, wenn man nur will. Meinen großen Respekt möchte ich hier zollen!
Auf der Ouvertüre von Wagner „Der fliegende Holländer“ folgte „Mamma, son tanto felice“ von Bixio, gesungen von den sehr beeindruckenden isländischen Tenor Alexander Jarl Thorsteinsson, der mit großer Freude und einem hinreißenden Schmelz das Publikum sofort mitnahm. Es folgte „Les oiseaux dans la charmillie“ von Offenbach, gesungen von der Sopranistin Diana Schnürpel, die das Trachtengeschäft führte und mit ihren Koloraturen das Publikum verzauberte. Es gab schon während der Arie viel Zwischenapplaus. Aber gerade nach dieser Arie beantwortet sich die Frage, ob es wirklich sein muss, dass man bei derartig schönen Arien, diese mit einer Geschichte aufweichen sollte. Hat nicht Offenbach selbst z.B. in seinem „Orpheus in der Unterwelt“ diese Operette mit den Pariser Lokalkolorit angereichert und so ein großes Publikum erreicht?
Mit „La calunnia è un venticello“ von Rossini setzte sich nun der Hausherr und Bass-Bariton Phillipp Mayer musikalisch in Szene. Keine Angst liebe Leser, ich werde jetzt nicht alle Arien aufzählen, obwohl jede einzelne es wert wäre. Die Sopranistinnen Réka Szabó und Nora Mayer ergänzten die sängerische Darbietungen und gaben dem Abend ein hochwertiges Ganzes. Eingebettet wurde die Szenerie mit Tanz.
„Inn“brünstig steigerte der Fluss wohlwollend mit einem leichten Rauschen die traumhafte Atmosphäre. Neben den sich auch einbringenden Abendhimmel waren Videoprojektionen und ein gekonntes Lichtspiel auf der Felsenwand zum Schlosspark hinaufsteigen zu bewundern. Nicht vergessen werden darf der Tanz und die akrobatische Darbietung.
Das Publikum des Opernfestes war sichtbar gegriffen und dankte es teilweise mit Standing-Ovation. Mehr geht wohl kaum und es war ein wahrer Genuss, was alles möglich ist, wenn man mit so viel Herzblut bei der Sache ist.
Szenische Probe
Am Schluss möchte ich auch alle Akteure hier aufzählen, beginnend mit den Kinderdarsteller*innen Augustin Neiss, Emma Knonbauer, Lura Tika und Lilia Defranoux Dubitsky, die mit einer Ernsthaftigkeit und Konzentration dabei waren, die mich nur erstaunen lässt. Fanny Vaucher und Valentina Vitales Tanz; Santiago Ruiz Albalate, Akrobat; Gody Brandmayer, Jongleur; Constanze Winkler, Produktionsassistenz; Lukas Froschauer, Tontechnik; Domenik Engermann, Lichttechnische Leitung; Lisa Rodlauer, Video; Peter Walchshäusel, Korrepettions und Gerda Breuer, Kostüm/Requisite.
Im Festorchester spielten: I. Geige: Sebastian Schmidt, Chrissi Amereller, Selestina Vuckovic, Jutta Wurzer, Eleonora Lebeda und Lea Reisegger; II. Geige: Anja Kreuzhuber, Carina Wimmer, Doris Matzelsberger, Jonas Grossl, Anja Scharinger, Katrin Schober und Hannah Zeilinger; Bratsche: Vinciane Vinckenbosch, Barbara Oberascher, Thomas Koslowsky und Miriam Humer; Cello: Beatrice Holzer-Graf, Elisabeth Lancester, Nicolas Defranoux und Marlene Duschelbauer; Kontrabass: Stephan Bauer und Martin Wagner; Flöte: Lisa Penninger und Theresa Mühringer; Oboe: Sigi Mösenbichler-Schraml und Thomas Rischanek; Klarinette: Alexander Muhr und Magdalena Gaisböck; Fagott: Elisabeth Fernandez und Andreas Stocker; Horn: Maria Eder, Hanna Dullinger, Michael Scharfetter und Maximillian Moritz; Posaune: Daniel Fleischmann, Klaus Feichtenschlager und Dominik Ortmaier; Trompete: Hannes Moritz und Roman Anzengruber; Tuba: Jakob Gattermann; Schlagwerk/Pauke: Felix Streif, Lorenz Wienerroither und Viktor Burgstaller; Harfe: Martina Rifesser.
Carl Osch
Schärding, den 28.07.2024