Samstag, 26. Juli 2025
In eigener Sache:
Liebe Leserinnen, liebe Leser und alle Anderen.
So lange Anton Cupak im Spital ist, gibt es einen Überbrückungsdienst mit aktuellen Kultur-News. Niemand kann die Arbeit, die er für diese Seite leistet, auch nur annähernd erbringen. Trotzdem: Der Online Merker läuft weiter, bis der Chef wieder zurück ist.
Bitte senden Sie bis auf Widerruf Ihre Berichte und Informationen an die Redaktion an die Adresse
Danke, R.W.
Aktuelle Meldung:
Anton Cupak nervt die Ärzte, weil er unbedingt schon am Montag nach Hause gehen will. Wie mir seine Frau sagt, macht er sich diesbezüglich wohl Illusionen.
KULTUR-NEWS,
kurz & bündig
Seltsame Käuze, diese Bayreuther „Meistersinger“!
Danke, viele gute Ratschläge kamen herein, wie man den Stream der Bayreuther „Meistersinger“-Premiere in Österreich empfangen könnte, und es hat geklappt. Das reduzierte allerdings die Arbeitszeit um viele Stunden, aber da ist nichts zu machen – wenn der Stream auf dem Computer läuft (und er muss dort laufen, auch wenn man ihn glücklicherweise auf den großen Fernsehapparat weiter leiten kann), dann muss die Arbeit warten. Wagner first, das werden alle Wagnerianer nachempfinden können.
Habe ich von Matthias Davids zu viel erwartet? Kann gut sein, denn er scheint sich weniger auf seinen Verstand verlassen, als den nötigen Bayreuth-Kotau gemacht zu haben. Und hier herrscht seit Katharina nun das Regie-Theater, und niemand sollte wagen, eine Geschichte in normalem Rahmen zu erzählen. Wäre wohl auch zu „fad“ für das 21. Jahrhundert, nicht wahr?
Also, zuerst einmal: seltsame Ästhetik die Bühnenbildner Andrew D. Edwards sich da ausgedacht hat. Im ersten Akt steht die Kirche als kleines Modell am Ende einer riesigen Treppe (und fällt am Ende um) – auf der Treppe begegnet man sich, bevor sich das Bühnenbild dreht und einen undefinierbaren, dunkel getäfelten „Sitzungssaal“ preisgibt. Noch scheußlicher der zweite Akt mit grellbunten Häusern a la Futurismus, eine Telefonzelle als Bücherschrank. Eine Kunstwelt, in der sicherlich kein Flieder duftet…Im dritten Akt sieht die Schusterwerkstatt wie eine Tischlerei aus, ist außerdem ein seltsamer Rundraum, der sich auf Treppen reduziert, wenn es zu dem fatalen Ende kommt… nun ja, es soll hat ein Fest sein. Was tun? Einen Lichterkranz für ein Hollywood-Musical (mit riesiger auf dem Rücken kängender Stoff-Kuh darüber gestülpt) – und hier begibt sich dann auch eine Tanz-Show und ein grenzalberner Einzug de Meister. Ein paar Rätsel am Ende – das Herablassen der Kuh, wenn von den „deutschen Meistern“ die Rede ist, dann zieht Sachs sie wieder hoch… und der Nachtwächter kommt auch noch und hält sich die Ohren zu. Optische und vielfach auch szenische Exzentrik von Anfang bis zum Ende als Ersatz für keine Inszenierung?
Von ähnlicher Häßlichkeit sind die Kostüme. Was ist ein Treffen der Meistersinger eigentlich, dass man sich irgendwelche Tücher überwirft und Karnevalshüte (!) aufsetzt? Wie weit geht Wagner im Veräppeln seiner Figuren? Ist deren konservative Sturheit nicht ernster zu nehmen?
Um bei den Kostümen zu bleiben: Wenn ich die Sängerin des Evchen wäre, würde ich mich weigern, für die beiden ersten Aufzüge in dem rosa-schwarzen Fetzen auf die Bühne zu gehen (aber dann flöge wohl ich aus der Produktion und nicht die Kostümbildnerin Susanne Hubrich). Nun, Stolzing in seinem hellblauen Slacks (ist das darüber ein Holzfällerhemd?) sieht auch nicht besser aus. Geschmacksverirrung – oder heutiger Geschmack, schäbig und billig eben?
Man fragt sich, in welcher Welt der Regisseur diese „Meistersinger“ spielen lässt, was er dazu erzählen will. Hat der beratende Dramaturg Christoph Wagner-Trenkwitz (das ist ja wohl unser Langenlois-Intendant?) hier nivellierend die Hände im Spiel? Glauben er und der Regisseur, wenn sie Eva und Stolzing in heutige Fetzen stecken und sie absolut imbezil agieren lassen, dass dann heutige Menschen daraus werden? Wollen wir überhaupt „heutige Menschen“ in den Wagner-Opern? Ob die beiden aus der Bücher-Telefonzelle wohl je ein Buch mit Niveau „entleihen“? Und sind Jux und Tollerei (zum Beispiel die Lehrbuben, wenn David die Regeln erklärt) nicht einfach zu blöd? Aber darüber hinaus ist konzeptionell wenig zu erkennen.
Natürlich kann Matthias Davids Menschenmengen führen, und er kann es auch mit einzelnen Figuren, wobei man Stolzing und Eva außen vor lassen kann. Christina Nilsson als Eva, teilweise als Quietscherpuppe unterwegs, und Michael Spyres als so weit gut, wenn auch nicht begeisternd gesungener Stolzing, müssen – tut mir leid, es zu sagen – Operette spielen.
Georg Zeppenfeld als Sachs (an Stimmkraft dem Pogner spürbar unterlegen, auch hört er sich für diese Rolle zu „trocken“ an) wirkt verkniffen, was vielleicht mit seiner Erscheinung zusammenhängt. Er ist natürlich ein exzellenter Phrasierer, aber in meinen Augen nicht die Persönlichkeit, um die sich alles dreht. Gut ist Michael Nagy als Beckmesser, im dritten Akt schwer lädiert, der Dauerbeleidigte, was keine Kunst ist, die Figur ist einfach zu gut gezeichnet. Es wäre vielmehr ein Kunststück, nichts daraus zu machen.. Jongmin Park klingt als Pogner eindrucksvoll, ist darstellerisch aber steif.
Natürlich hat man sich immer über die Beziehung von David, dem „Lehrbuben“ von Sachs, und Magdalene, Evas „Amme“, gewundert, was mindestens eine Generation zwischen die beiden legt. So, wie Christa Mayer hinter dem sehr präzisen David des Matthias Stier her ist, wird fast sexuelle Belästigung insinuiert…
Sehr interessant die Sensibilität, mit der Dirigent Daniele Gatti ganz ohne Extreme mit der Musik umging, ohne dass man es als farblos betrachten würde. Kein Furor teutonicus, einfach schöne Musik.
Ich habe mir von Matthias Davids zu viel erwartet. Die „Meistersinger“ sind keine Operette, keine Gegenwartsposse, kein Kölner Karneval, kein Blödsinn, sondern eine tiefe Geschichte im heiteren Gewand. Nein, das war es nicht. Was den Applaus für das Regie-Team betrifft, so schien das Publikum weder begeistert noch ablehnend, man war höflich.
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Ich möchte Ihnen aber fairerweise von dem dpa Bericht (von der APA verlinkt) Meldung machen, der von großer Begeisterung füf diese Inszenierung spricht.
Leider klappt es nicht mit dem Verlinken, aber Sie werden ihn hoffentlich finden können.
Heute: Offizielle Eröffnung der Salzburger Festspiele
Die 105. Salzburger Festspiele werden am Samstag mit einem Festakt in der Felsenreitschule von Bundespräsident Alexander Van der Bellen offiziell eröffnet. Die Festrede hält die polnisch-amerikanische Historikerin und Publizistin Anne Applebaum. Sie gilt als Kritikerin autoritärer Herrschaftssysteme. Am Abend folgt mit „Giulio Cesare in Egitto“ von Georg Friedrich Händel die erste szenische Opernproduktion in diesem Sommer.
https://www.salzburg24.at/news/salzburg/stadt/eroeffnung-der-salzburger-festspiele-viele-prominente-gaeste-erwartet/
Aktuelle Ergänzung:
Salzburger Festspiele nach Störaktion feierlich eröffnet
Während Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) seine Rede hielt, kam es wiederholt zu Störaktionen durch mehrere pro-palästinensischen Aktivistinnen und Aktivisten. Sie unterbrachen Bablers Rede mit Zwischenrufen. Die Aktivistinnen und Aktivisten schwenkten palästinensische Flaggen und rollten Transparente aus. Babler musste seine Rede kurz unterbrechen, während die Aktivistinnen und Aktivisten von Sicherheitspersonal aus dem Saal gebracht wurden. Babler bezeichnete die Festspiele in einer Reaktion auf die Störaktion als Ort „echter gesellschaftspolitischer Debatte“.
https://salzburg.orf.at/stories/3315117/
Salzburger Festspiele: Heute endlich die erste szenische Opernpremiere – nicht Mozart, nicht Strauss, sondern Händel mit „Giulio Cesare in Egitto“
Das Opernprogramm der Salzburger Festspiele ist heuer voll von Seltsamkeiten, wobei sich Intendant Markus Hinterhäuser offenbar auf Interesse und Langmut des Publikums verlässt – denn eigentlich hat er nur zwei wirkliche „Hits“ zu bieten (die denn auch das Fernsehen überträgt, während man den anderen Projekten nicht in die Nähe kommt, wohl, weil man sie einem normalen Fernsehpublikum nicht verkaufen kann). Die Hits sind Händel für Barock-Fans, von denen es viele gibt, und Donizetti für Belcano-Fens, von denen es noch mehr gibt.. Die „Maria Stuarda“ mit Lisette Oropesa wird ab 1. August zweifellos der Opernhit des Festivals sein. Bis dahin ist Georg Friedrich Händel der König der Barockoper, und seine Geschichte von Caesar und Cleopatra gehört zu seinen bekanntesten Opern. Lang ist sie jedenfalls, man bekommt etwas geboren, wenn man mit 475 Euro (!) den Höchstpreis für eine Karte bezahlt. Es inszeniert der Russe Dmitri Tcherniakov, der uns an der Wiener Staatsoper 2020 einen öden „Eugen Onegin“ und Bayreuth 2021 einen solala „Holländer“ beschert hat. Nun inszeniert er hier in Salzburg erstmals eine Barockoper. Sonst sind echte Barock-Fachleute am Werk: Die musikalische Leitung des Le Concert d‘Astrée hat Emmanuelle Haïm . der auch am Cembalo sitzt. Der französische Countertenor Christophe Dumaux zählt zu den Stars des Barockfachs. Die Ukrainerin Olga Kulchynska (die an der Staatsoper einmal die Mciaela sang) gibt die Cleopatra.
Die Fotos auf der Website der Festspiele zeigen schon: Von Ägypten und Antike keine Spur. Nun, Leute, die sich Salzburg nicht leisten können, bekommen die Oper am 2. August auf 3sat geboten…
Helen Mirren feiert heute ihren 80. Geburtstag
Maggie Smith, Judi Dench, Vanessa Redgrave. Glenda Jackson, Emma Thompson… England verfügt über einen wahren Schatz von großen Schauspielerinnen, wobei sie alle schon in die Jahre gekommen sind und es an adäquatem Nachwuchs mangelt. Aber ganz groß in dieser Reihe steht Helen Mirren, die vor 80 Jahren, am 26.Juli 1945, in London geboren wurde und sowohl auf dem Theater wie im Film Außerordentliches geleistet hat. Wenn eine Britin beide großen Königinnen spielt, Elizabeth I. und Elizabeth II., dann geht es nicht höher – und sie war perfekt. Sowohl in der Fernsehserie, wo sie die Virgin Queen verkörperte (2005), wie auch ihre Darstellung der alternden Elizabeth II. in „The Queen“ von Regisseur Stephen Frears (Oscar 2007) sind unvergeßlich und unvergessen. Den Vogel in der Darstellung historischer Figuren schoß sie aber im Vorjahr ab, als sie unvergleichlich Golda Meir verkörperte. Durch den Gaza-Krieg war das Thema damals unerwünscht und so ging der Film in der Beachtung unter – und Helen Mirren verlor den „Oscar“, den sie auch dafür mehr als verdient hätte… Aber die Leistung bleibt, und vielleicht holt man den Film nach Ende des Gaza-Krieges wieder hervor und würdigt eine atemberaubende Leistung.
Einen schönen Tag wünscht R.W.