Neue Klänge aus „feurigen Zungen“
Die Weihe der neuen Haupt-Orgel zu St. Peter in Salzburg am Christkönigssonntag gestaltete sich in der vollbesetzten Stiftskirche zu einem in der Festspielstadt großen Musikfest in der Orgellandschaft, das heimische und auswärtige Kirchenbesucher mitfeierten. Eingeleitet wurde das Fest mit einem vom Bischof zelebrierten Pontifikalamt. Chor und Orchester sangen Beethovens „Missa solemnis“. Darauf folgte das Einweihungskonzert. Bei dem aus der Werkstatt Hendrik Ahrend stammenden Instrument handelt es sich um die bestehende Hans-Gröber-Orgel, auf deren Restaurierung lange gewartet und die nun ihrer Bestimmung endlich übergeben wurde. Stilistisch offenbart das Bauwerk eine raffinierte Synthese aus norddeutscher und süddeutscher Klangästhetik und fasziniert durch ihre farbige Vielfalt und ihrer unerschöpflichen Klangbilder. Für diese Bekanntschaft mit den Qualitäten und Registerfeinheiten der adaptierten Orgel ist mit dem Ausnahmeorganisten Professor Roman Summereder aus Wien wahrlich ein Glücksfall gelungen. Schon die Auswahl des Programmes, der wissenschaftlich durchdachte Werkkomplex oder dessen stilistische Gegenüberstellungen verrieten die sorgfältige Beachtung charakterlicher Inhalte. Summereder umrahmte den gesamten Ablauf seines Vortrages mit einem „Bach-Kraftquell“ . Unverzichtbar für jeden Konzertorganisten und längst bei ihm bekannt als der eines absolut authentisch erfolgreichen Barockinterpreten. Bachs Fantasie über Luthers Pfingstlied „Veni sancte spiritus“ mit dem rauschenden Figurenwerk der „feurigen Zungen“ zu Beginn und zum Programmende zu Bach zurück sollten daran erinnern. Wenn der milde Principalklang seiner Fantasia super „Valet will ich dir geben“ erstrahlt, die Pedaltrompete den cantus firmus des mystischen Strophenliedes umhüllt, und dann die kühnen harmonischen Experimente in der g-moll-Fantasie, hier kann erst die Fuge gelöst mit Spannung aufwarten, die bis zum Schluss anhält. Aber ohne Überraschung beendet Summereder sein Programm nicht. Diesmal bedachte er noch Robert Schumann mit dessen sechsteiliger Fuge über den Namen BACH, ein formal wertwolles Stück Orgelmusik, gesteigert zu einem symphonischen Finale des Konzertes. Die grandiose Studie ist nicht so oft so transparent zu hören.
Aber alle vorherigen Glanzlichter auf der neuen Orgel sollte der Mittelteil von Summereders Programm noch mehr zum Strahlen bringen. Die Teilung der Stilpositionen der Stücke auf niederländisch-französische, italienisch-süddeutsche und norddeutsche-dänische förderte gewiss gewinnende Unterschiede des Orgeltyps in klanglicher Hinsicht zutage mit dem Ergebnis aber, dass das neue Instrument die Feuerprobe insgesamt großartig bestanden hatte. Ob die Fantasie des Pariser Orgelmeisters Charles Racquet 1636, der Wiener Hoforganist Johann Jakob Froberger mit seiner Canzona romantica, die Klangwelt des Lübecker Marien-Organisten Franz Tunder im Psalm„In dich habe ich gehoffet“ oder die drei kurzen Stücke aus dem späten 20. Jahrhundert von Klaus Huber (1924-2017), Jean Pierre Leguay (Jg. 1939) und Bengt Hambraeus (1928-2000) Summereder zu Aufführungsehren verhalf, jedes Werk blühte unter seinem souveränen Einsatz virtuoser Hingabe auf und gewann durch seine Persönlichkeit an zusätzlicher Bedeutung für die Aufführungspraxis in der Orgelliteratur. Langer Beifall, eine herzliche Verbindung mit und zum Instrument im Gefühl, beendete den historischen Wert der Veranstaltung.
Georgina Szeless
Kulturjournalistin

