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SALZBURG/ „Mozartwoche“/ Felsenreitschule: REQUIEM von W.A.Mozart – und es galoppierten die Pferde!

29.01.2017 | Konzert/Liederabende

SALZBURG MOZARTWOCHE – FELSENREITSCHULE, 29. Jänner 2017

Wolfgang Amadeus Mozart – Requiem

Und es galoppierten die Pferde!

Requiem2  ISM_Matthias Baus
Copyright: IMS/ Mathias Baus

Bereits vor zwei Jahren gastierte der Pferdekünstler Bartabas (er begann als vagabundierender Pantomime) mit seiner „Académie équestre nationale du domaine de Versailles“ bei der Salzburger Mozartwoche. Der selbst sehr pferdeaffine Marc Minkowskihatte sich diese Kombination in den Kopf gesetzt und seine „Les Musiciens du Louvre“ waren die künstlerischen Partner der Pferdetruppe. „Davide penitente“ lautete da der Titel des Werks. Die Akzeptanz durch das Publikum und die mediale Präsenz waren phänomenal, obwohl eines der Pferde beim Ausritt aus dem Stall im Salzburger Umland zu Tode kam.

Minkowski setzte heuer noch eines drauf und wagte sich an Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem, eines der wichtigsten Sakralwerke der Musikliteratur. Auf die Frage, ob es nicht ein Sakrileg sei Pferde an einer Messfeier teilnehmen zu lassen, entgegnete der heuer zum letzten Mal für das Mozartwochen-Programm verantwortliche Dirigent: „Pferde begleiten in fast allen Kulturen die Seelen der Toten. Es gibt dafür sogar einen exotischen Ausdruck, nämlich Psychopompos. Was soviel bedeutet, wie das Pferd führt den Geist der Verstorbenen ins Jenseits.“

Aber bevor die ersten Takte des d-Moll-Requiems KV 626 erklangen, ritt Bartabas solo in den Sand der Felsenreitschule – und zwar zum Miserere KV 85, das der genius loci im Alter von 14 Jahren komponiert hatte. Da der Textur des Introitus zum Requiem Georg Friedrich Händels „Funeral Anthem for Queen Caroline“ zugrunde lag, bildete dessen Largo assai dann die Überleitung zum Hauptwerk.

Orchester, Chor und Solisten (Genia Kühmeier, Elisabeth Kulman, Peter Sonn und Charles Dekeyser) waren auch heuer wieder in den Arkaden postiert, eine brillante Lichtregie (Bertrand Couderc) sorgte für die jeweiligen Stimmungen. Der Salzburger Bachchor (einstudiert von Alois Glassner) blieb von diesen akustischen Unwägbarkeiten unbeeindruckt, beim Solistenquartett (besonders beeindruckte Genia Kühmeier) wirkte sich die Entfernung zum Publikum etwas deutlicher aus. Die Stars des Nachmittags waren aber die Pferde! Im Gegensatz zu 2015, als argentinische Criollos zu sehen waren, kamen dieses Jahr 12 Lusitanos nach Salzburg.

Gleich deren erster Auftritt hatte es in sich, als ihre Reiterinnen wie Leichname über den Pferderücken lagen. Und dass Pferde auch über musikalische Fähigkeiten verfügen müssen, merkte man in der einen oder anderen Generalpause, die von den Vierbeinern für ein lautes Schnaufen genützt wurde. Die dressurmäßige Ausbildung der Lusitanos beeindruckte ihren Rezensenten, der auch im Pferdesport tätig ist: Pirouetten ohne Einwirkung von Zügel und Hand, nur mit Gewichtsverlagerungen – das muss Bartabas einmal einer nachmachen. Und auch perfekte Traversalen in den abwechslungsreichen Choreographien bekam das Publikum zu sehen. Anklänge an unsere Hofreitschule verspürte man im Agnus Dei bei der Arbeit am langen Zügel – eine Paradeübung der „Spanischen“. Dabei gingen die Reiter hinter dem Pferd und sitzen nicht im Sattel– dort befanden sich nämlich menschliche Skelette – archaische Szenen, Bilder von Tod und Unendlichkeit! Die Spannung im Publikum hielt bis zum letzten Ton an. Und dass die Reiterinnen und Reiter in Versailles eine vielseitige künstlerische Ausbildung genießen, demonstrierten sie nach dem Schlussapplaus, als sie die 46 Takte von Mozarts „Ave verum corpus“ KV 618 im Sattel ihrer Pferde sitzend sangen! Riesenjubel, der leider in ein dem Anlass nicht entsprechendes finales rhythmisches „Parteitagsgeklatsche“ überging. Aber das war auch schon der einzige Makel dieser rundum begeisternden Aufführung.

Ernst Kopica

MERKEROnline

 

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