Eröffnung der Salzburger Mozartwoche mit Mozarts „David Penitente“, 22. Jänner 2015 – Die Pferdeliebe von Marc Minkowski
Die „Stars“ beim Ausladen vor dem Auftritt. Foto: Ernst Kopica
Dort wo in den Sommermonaten zur Festspielzeit die Schickeria ihre Roben zur Schau stellt und darauf wartet, ins TV-Bild zu kommen, stand diesmal der Pferdetransporter aus Maisons-Laffitte, 12 edle Rösser wurden an einem kalten Winterabend entladen – 11 Schimmel und ein Brauner, allesamt Lusitanos und Sorraias. Kein Klirren von Sektgläsern, statt dessen zufriedenes Wiehern. Pferde also in der Felsenreitschule, dort wo sie ja – nomenestomen – hingehören, und das zu Klängen von Wolfgang Amadeus Mozart in seiner Geburtsstadt Salzburg. Das ist ja eigentlich ganz logisch, so dachte es sich auch Marc Minkowski, der künstlerische Leiter der Mozartwoche, dessen Leidenschaft seit einigen Jahren neben der Musik und seinen Musiciens du Louvre Grenoble auch den Pferden gilt. Und als Franzose kennt er natürlich seinen Landsmann, den Performance-Künstler Bartabas, der seit 1985 erfolgreich Pferdechoreographien entwirft und vor rund 20 Jahren auch schon zu Gast bei den Wiener Festwochen war. Mittlerweile gründete Bartabasdie Académieéquestre de Versailles, wo seine Truppe in den unterschiedlichsten Sparten ausgebildet wird. Neben Reiten, Singen und Tanzen wird in seiner Schule auch Kyudo (das traditionelle japanische Bogenschießen) praktiziert. Bach und Strawinsky waren die Komponisten, zu deren Musik die Kompanie ihre letzten Programme entwarf.
Für Salzburg stellte Minkowski die sehr selten aufgeführte Mozart-Kantate Davide PenitenteKV 469 in den Mittelpunkt und platzierte rund um sie weitere Mozart-Stücke aus der gleichen Entstehungszeit und vorwiegend auch in der gleichen Tonart, nämlich c-Moll: Adagio und Fuge KV 546, den Priestermarsch Nr. 9 aus der Zauberflöte, die Maurerische Trauermusik KV 477 und das Andante aus der Symphonie C-Dur KV 96.
Bereits beim Betreten der Felsenreitschule durfte man beeindruckt sein: Das Orchester (natürlich mit Originalinstrumenten) hatte in den unteren Arkadenreihen Platz genommen, ganz oben stand der Salzburger Bachchor und auf der „Bühne“ drehten die 12 Pferde mit ihren Reitern zur Gewöhnung an das Spektakel ruhig ihre Runden. Um die Nebengeräusche der Pferde gering zu halten, hatte man Unmengen von Sand aufbringen müssen: Für die Vierbeiner ein ideales Geläuf, für die weiblichen Solistinnen und deren Stöckelschuhe beim Schlussapplaus ein eher schweres Terrain! Nicht einfach hat es auch der Dirigent den nötigen Kontakt zu seinem Orchester herzustellen, das über die ganze Breite der Felsenreitschule verteilt saß, aber Minkowski und seine Musiker verstehen sich offenbar auf jede Distanz.
Als die ersten Töne des Adagios erklangen fokussierte sich die exzellente Lichtregie (Bertrand Couderc) auf den EquipechefBartabas, der sein Pferd bei den ruhigen Anfangspassagen mit Spanischem Tritt, später in der Fuge mit Trab und Galopp kongenial zu den Klängen Mozarts bewegte. Das Publikum spürte sofort die Faszination, die von diesen Bildern und der Musik ausging und verzichtete erfreulicherweise auf einen Applaus nach dem ersten Stück, sodass Minkowski gleich zum Priestermarsch schreiten konnte. Der Braune stand dann (übrigens während der ganzen nachfolgenden Zeit) wie ein Denkmal am rechten Bühnenrand und die vorwiegend weiblichen Reiterinnen zeigten in einer Art Quadrille wunderbare Reitfiguren. Später kristallisierten sich auch noch zwei weitere Solisten heraus, die einen Art Pas de Deux ritten. Der Kritiker in mir vergaß schließlich auf seine Pflicht zur Berichterstattung und gab sich voll den Eindrücken hin – ohne jetzt darauf zu achten, wer gerade die Oberhand hatte, einmal waren es die (hervorragenden) Bläsersolisten des Orchesters, dann wieder die anmutigen Bilder der ornatsmäßig gewandeten Reiterinnen, dann das Schnauben der Pferde, ihre Piaffen und Passagen!
Den Höhepunkt erreichte der Abend als bei „Davide Penitente“ (von Mozart auf der Vorlage seiner c-Moll-Messe komponiert) dann auch noch die menschliche Stimme dazu kam: Christiane Karg mit perlenden Sopran-Koloraturen, Marianne Crebassa mit flirrendem, erotischem Mezzo und der weitgehend unbekannte solide Tenor Stanislas de Barbeyrac. Alois Gassner hatte den Salzburger Bachchor exzellent einstudiert und auch die schwierige Akustik konnte die Damen und Herren nicht beirren. Und dass die Truppe von Bartabas ihre Ausbildung wirklich ernst nimmt, erfuhr man spätestens dann, als die acht Reiterinnen während ihrer Galopptour den großen Chor vokal unterstützte und sich in weiterer Folg als coropiccolound solistisch stimmlich in Szene setzte, beeindruckend!
Am Ende erst zurückhaltender Beifall, als das Publikum merkte, dass die Pferde applausgewöhnt sind, stürmischer Jubel!
Weitere Aufführungen am 25. und 30. Jänner, der ORF wird „Davide Penitente“ zusammen mit einer aktuellen Doku über die Pferdeschule von Bartabasin Versailles am 8. Februar ausstrahlen.