SALZBURGER FESTSPIELE: DER ZAUBERBERG nach Thomas Mann am Landestheater Salzburg, Premiere am 20. August 2024. Kurzkritik
Mangelndes Verständnis
Copyright: Salzburger Festspiele/Konrad Fersterer
Gestern Abend hatte „Der Zauberberg“ von Thomas Mann in der Regie des polnischen Regisseurs und Altmeisters Krystian Lupa im Landestheater vor einem zunächst recht gut besetzten Haus Premiere, mit fünfeinhalb Stunden Länge bei einer Pause. Das Stück, bei dem man im Hintergrund wissen sollte, dass Thomas Mann 1929 mit seiner Frau in Nida (deutsch Nidden) an der Kurischen Nehrung Litauens war und dort daraufhin ein Sommerhaus bauen ließ, wurde wohl nicht zuletzt wegen dieser Gegebenheit und der natürlich litauischen Darsteller auf Litauisch gespielt und mit deutschen und englischen Übertiteln versehen.
Es handelt im Rahmen der Geschichte um Hans Castorp am Sanatorium Berghof, dem Zauberberg, in einer weit gefassten Form von Leben, Liebe und Tod in meist recht eindrucksvollen Bühnenbildern und entsprechendem Licht, ebenfalls von Krystian Lupa. Die stets passenden Kostüme steuerte Piotr Skibabei. Wladimir Schall war für die bisweilen befremdliche Komposition mit allzu oft raunenden bis schnarchähnlichen Untertönen, wohl einerseits den fernen Krieg und andererseits die nächtlichen Geräusche im Schlafsaal insinuierend. Natan Berkowicz war für die intensive Video-Regie zuständig. Man erlebte aber einen ständig wechselnden und phantasievoll gestalteten Bilderreigen, dessen Inhalte und Dramaturgie wie auch die Textfassung von Lupa nicht immer ganz verständlich und nachvollziehbar waren, aber stets in Assoziation zu Thomas Manns „Zauberberg“ standen – deshalb auch nach Thomas Mann. Dabei gab es auch eine intensive Karnevalsszene, die sich bis in Publikum hineinzog. Immer wieder gab es eine zweite Spielebene in einer seitlich eingeschobenen Box, vor allem das Krankenzimmer Castorps.
Allein, es scheiterte am Ende doch signifikant an dem wohl kaum jemandem im Publikum geläufigen Litauisch, was einen zwang, sich mit allzu kleinen Übertiteln über der Bühne und viel zu flach angewinkelten Screens in den mittleren Proszeniumslogen um Verständnis des oft mitnehmenden Geschehens zu bemühen. Oft liefen die Texte auch zu schnell ab, und im Parkett bekam man fast Genickstarre. So stiegen wir nach der Pause auf den dann ohnehin weitgehend geleerten 2. Rang, von dem man Text und Bild viel besser sehen konnte. Leider verließ zur Pause fast die Hälfte des Publikums das Haus, einige schon während des ersten Teils, wohl ausschließlich wegen des Verständnisproblems. Das war sehr schade angesichts einer durchaus ansprechenden Produktion mit Donatas Zelvys als Castorp, Matas Dirginčius als Joachim Ziemßen, Valentinas Masalskis als Hofrat Behrens und Mynheer Peeperkorn sowie Alvydé Pikturnaité als Clawdia Chauchat.
Man sollte sich für die weiteren Aufführungen vielleicht Gedanken zu einer besseren Lesbarkeit des Textes machen. Es kann ja nicht der Sinn einer Festspiel-Produktion sein, dass zur Pause die Hälfte des Publikums nach Hause geht. Eigentlich, bei allem Verständnis für den geschichtlichen Hintergrund in diesem Fall, ist ein Stück in einer solch ungewöhnlichen Fremdsprache selbst für eine Festspiel-Aufführung wohl nicht der Weisheit letzter Schluss.
Schlussapplaus. Foto: Klaus Billand
Das Regieteam. Foto: Klaus Billand
Schussapplaus vor bereits etwas reduziertem Publikum. Foto: Klaus Billand
Klaus Billand aus Salzburg