Marize Fumero & Arionel Vargas, Milwaukee Ballet, “Mussetta’s Waltz”, Choreographie: Laurent Deschamps. Fotocredit: Yenney Rojas Perez.
Salzburg, 09.11.2019: „10. INTERNATIONALE BALLETTGALA“. – edler Strauss an tänzerischen Kleinoden
Zur Jubiläumsausgabe der Internationalen Ballettgala zugunsten der Aidshilfe Salzburg sind auch diesmal wieder Tanzstars aus Europa und Übersee ins Salzburger Landestheater gekommen. Einmal mehr bietet diese Gala – längst Fixpunkt im Spielplan – Hochkarätiges: neben beliebten und bekannten Gustostückerln des klassischen Balletts, wie sie gern auf Galaabenden präsentiert werden, herrscht hier auch die schöne Tradition neue Werke aufzuführen – das angestammte Salzburger Ballettpublikum weiß dies wohl zu schätzen, ist die Kulturstadt längst auch Tanzmetropole und nicht nur für Mozart bekannt: Zwei europäische Erstaufführungen und drei Uraufführungen, dazu als Preview Ausschnitte aus den bevor stehenden Premieren der Salzburger Ballettcompagnie wurden diesmal ebenso geboten.
Márcia Jaqueline & Kt. Flavio Salamanka, Ballett des Salzburger Landestheaters, „Romeo und Julia“ Pas de deux, Choreographie: Reginaldo Oliveira. Fotocredit: Yenney Rojas Perez.
Besondere interessant waren die vielen zeitgenössen Piecen. Yen Han (Yen Han Ballet Productions Zürich) berührte mit ihrer feinen poesievollen Gestaltung von „Aurora“ als europäische Erstaufführung der Kreation von Ken Osola zu Musik von Steve Reich und Philip Glass. Rocio Aleman vom Stuttgarter Ballett überzeugte in einer weiteren europäischen Erstaufführung: „As Long as…“ von Tänzerkollegin Katarzyna Kozielska (Musik: Ezio Bosso), die sich bereits mit ihren Werken einen Namen als Choreografin gemacht hat. Salzburgs Ballettchef Reginaldo Oliveira beauftragte Kammertänzer Flavio Salamanka damit für diese Gala ein Stück zu kreieren: mit „World´s Exile“ gestaltete er mit Partnerin Harriet Mills einen sehr berührenden und zu Herzen gehenden Pas de deux zur Musik des Brasilianers Heitor Villa-Lobos. Auch die Gäste vom Nederlands Dans Theater steuerten eine Uraufführung bei: LAL (Luca-Andrea Lino) Tessarini und Jon Bond schufen gemeinsam „Jenga“ als dynamisches und sehr stimmiges Männer-Duo zu Musik von RY X.
Einen spannenden Kontrast bildet die romantische Musik von Frédéric Chopin und die kühle und klare Bewegungssprache in Edward Clugs in „Ssss…“, das er vor einigen Jahren für das Stuttgarter Ballett kreiert hat und woraus der Brasilianer Adhonay Soares da Silva ein Solo ausdrucksstark überzeugend verkörpert hat.
Auch heuer kamen wieder Gäste vom Ballett am Rhein Düsseldorf/Duisburg – hatte doch dort Peter Breuer seinerzeit viele Jahre als Erster Solotänzer bei Erich Walter getanzt. Martin Schläpfer, designierter Ballettdirektor des Wiener Staatsballetts und derzeit noch künstlerischer Direktor Ballett am Rhein und Chefchoreograph, fördert auch junge choreographische Talente wie Brice Asnar, der mit Partnerin Wun Sze Chan seinen choreographischen Erstling „As it leaves…“ zu einem Musikmix zeigte, in dem es in sensibler tänzerischer Auseinandersetzung um Verlust und den daraus resultierenden emotionalen Kampf geht.
Zu den klassischen Highlights zählten der spektakuläre Pas de deux aus „Flammen von Paris“ in der Choreografie von Vasily Vainonen (Musik: Boris Wladimirowitsch Assafjew), den der sprunggewaltige András Rónai und die quirlige Miyu Takamori (mit tollen hingezirkelten Fouettés) tanzten – beide vom Ungarischen Nationalballett. Edle Ballettkunst gab es mit einem Ausschnitt aus „Schwanensee“: Lucas Lima (Norwegisches Nationalballett Oslo) tanzte mit Elisa Badenes vom Stuttgarter Ballett, die als Einspringerin für die ursprünglich vorgesehene Kollegin aus seiner Truppe fungierte, den Pas de deux aus dem 2. Akt (Choreographie: Marius Petipa, Musik: Pjotr Iljitsch Tschaikowsky). Mikino Karube und Klevis Neza (beide vom Ballett des Salzburger Landestheaters) gefielen mit einem Pas de deux aus „Le Corsaire“ (Choreographie: Marius Petipa, Musik: Riccardo Drigo).
Aus den USA angereist kamen Marize Fumero und Arionel Vargas von der Milwaukee Ballet Company, Wisconsin und verzauberten mit ihrem Pas de deux „Musetta´s Waltz“ mit Pianist Isaac Rodriguez zur Komposition von Giacomo Puccini; Choreographie Laurent Deschamps. Die Compañia Nacional de Danza de España Madrid schickte Aida Badia und Ángel Garcia Molinero, die mit ihrer Interpretation des bewegungsintensiven Duos „Symbiosis“ zu Musik von Philip Glass in der Choreographie von Altea Nuñez gefielen.
Aurora Dickie vom Staatsballett Berlin bewies ihre Vielseitigkeit mit dem Solo „Der sterbende Schwan“ zur Musik von Camille Saint-Saëns in der legendären Choreografie von Mikhail Fokine sowie mit dem einminütigen Solo „Yellow“ (Choreografie: Jonathan dos Santos, Musik: Pjotr Iljitsch Tschaikowsky).
Aus dem reichen Repertoire-Schatz der Kreationen von Peter Breuer ließen Yulian Botnarenko und Cassiano Rodrigues mit einem Pas de deux aus „Tschaikowsky“ sehr innig das Bild des Komponisten für das Ideal seiner Liebe erstehen. Als Ausschnitt aus „Marilyn“ skizzierte der Pas de deux die Beziehung zwischen dem Hollywoodstar und Arthur Miller, verkörpert von Anna Yanchuk und Iure de Castro.
Mozart war als musikalischer Lokalmatador nota bene stark vertreten – so präsentierte sich die gastgebende Compagnie als Entrée schwungvoll mit „Ein Satz zu tanzen“ von Flavio Salamanka sowie mit dem fröhlich-witzigen „Conducting 11“ von Reginaldo Oliveira – getanzt von Larissa Mota.
Zu einem Musikmix stellte sich das Salzburger Tanztalent Benjamin Skupien mit dem beklemmend-eindrucksvollen Solo „Addicted“ vor. Der junge Tänzer ist am Europaballett St. Pölten engagiert und hat dieses Stück gemeinsam mit Laura Ike entwickelt.
Stets eingeladen, aber noch nie aufgetreten war das Wiener Staatsballett. Dafür waren jetzt 6 Mädchen und 6 Burschen der Jugendkompanie der Ballettakademie der Wiener Staatsoper vertreten, die mit frischem Eifer die Uraufführung „Rugby“ vorstellten (Choreographie: Peter Rille, Musik: Arthur Honegger).
Als kleinen Vorgeschmack auf die Premiere am 22. Februar präsentierten Flavio Salamanka und Márcia Jaqueline einen sehr sensibel gezeichneten Pas de deux aus „Romeo und Julia“, kreiert von Reginaldo Oliveira, der gespannt sein lässt auf die Umsetzung des gesamten Handlungsballetts zur Komposition von Sergej Prokofjew. Mit einem weiteren Appetizer lockten die Tänzer vom Salzburger Ballett mit „Libertango“ als Ausschnitt aus „Tanto…Tango“ mit Uraufführung am 7.5. im Probenzentrum Aigen (Choreographie Reginaldo Oliveira und Flavio Salamanka, Musik: Astor Piazolla) – Melancholie, Leidenschaft, Erotik sind hier die wirkungsvollen Ingredienzien. Das Finale des Galaabends mit „M.movers“ (Choreographie: Flavio Salamanka, Musik: Wolfgang A. Mozart) legte einen Bezug zur kommenden Mozartwoche ab 27.1., zu der Rolando Villazon sieben Dramolette von internationalen Autorinnen und Autoren verfassen ließ, die als Schauspiel aufgeführt werden und wo es auch eine tänzerische Beteiligung durch das Salzburger Ensemble geben wird.
Intendant Carl Philip von Maldeghem, Peter Breuer und Reginaldo Oliveira führten wieder im lockeren Gespräch durch das umfangreiche und abwechslungsreich gestaltete Programm, das vom Publikum mit langanhaltendem begeistertem Applaus bedacht wird.
Ira Werbowsky