SALZBURG/MOZARTWOCHE/HAUS FÜR MOZART: L‘ORFEO von Claudio Monteverdi
am 24.1.2025 (Premiere)
Als die Welt noch heil war. Foto: Werner Kmetitsch
Es ist schon erstaunlich, dass die erste aller Opern – L’Orfeo von Claudio Monteverdi (uraufgeführt 1600 am Hof der Gonzaga in Mantova) – bereits ein so vollkommenes Meisterwerk ist, dass man sich genaugenommen die weitere Operngeschichte auch hätte sparen können.
Die heurige Mozartwoche eröffnete nach langer Zeit wieder mit einer szenischen Produktion – eben diesem Orfeo. Die Wahl des Werkes mag nur jenen unverständlich erschienen sein, die das Motto der Woche – Destination Mozart – nicht verstanden bzw. das grundlegende Buch von Nikolaus Harnoncourt über Monteverdi, Händel und Mozart („Mozrat ist ohne Monteverdi nicht vorstellbar“) nicht gelesen haben.
Auf alle Fälle gestaltete sich die Premiere – trotz und entgegen der anfänglichen Skepsis gewisser Kreise – zu einem großen Erfolg, um nicht zu sagen: zu einem totalen Triumph.
Und das ganz verdientermassen: denn die musikalische Ausführung an diesem Abend war nun wirklich exzellent. Christina Pluhar (auch wenn sie am Schluss einige unmotivierte Buh-Rufe ernten musste) leitete ihre L‘Arpeggiata historisch informiert, aber undogmatisch delikat ganz auf der Höhe unserer Zeit.
Pluto in der Grottenbahn. Foto: Werner Kmetitsch
Und das Sängerensemble, in allen Positionen perfekt besetzt, harmonierte ebenfalls auf das Wunderbarste miteinander. Angeführt wurde es vom künstlerischen Leiter der Mozartwoche, Rrrrrrolando Villazon, gefolgt von Tamara Ivaniš (Euridice), Céline Scheen (La Musica), Luciana Mancini (Messagiera), João Fernandes (Caronte) und allen anderen Darstellern, die alle aufzuzählen hier zu langwierig würde. Nicht zu vergessen der grandiose Philharmonia Chor Wien.
Einziger Wermutstropfen (bzw,in diesem Fall ein ganzes Wermutsfass) war bei dieser Produktion – zumindest für den Unterzeichneten (das Publikum schien sich nicht daran zu stören) – die Inszenierung von Nikolaus Habjan. Über das Bühnenbild – obwohl sehr schematisch und plakativ – kann man ja noch reden, und auch über die kitschigen und etwas plumpen Kostüme. Das Problem waren die – bei Habjan halt unausweichlichen – Puppen, zumal es nicht einmal die von ihm sonst verwendeten Klappmaulpuppen waren. Nein, Habjan bastelte diesmal zwei lebensgrosse „Doppelgänger-Puppen“ für Orfeo und Euridice, die (Zumutung!) von Villazon & Ivaniš zusätzlich zu ihren gesanglichen Höchstleistungen auch noch geführt werden mussten…
In den p.r.-Texten und Interviews wurde über deren Bedeutung („Seele“ und so) viel herumgeschmust. Die Wahrheit aber ist, dass sie dem Geschehen nicht nur nichts hinzufügten, sondern im Gegenteil dieser doch sehr berührenden Handlung dadurch, dass sie aussahen wie zwei jeglicher Regung unfähigen ChatGP-Roboter, aller möglichen Emotion beraubten.
Apollo rettet Orfeo. Foto: Werner Kmetitsch
Noch schlimmer waren nur noch die riesigen schwarzen Grottenbahn-Monsterpuppen wie in einem trashigen Horrormovie, in die Habjan Pluto und Proserpina (die doch das innige Verhältnis von Orfeo und Euridice auf ihre Weise vielleicht noch inniger widerspiegeln) gesteckt hat.Da hat jemand offenbar dieses geniale Libretto weder gelesen noch verstanden. Schade!
Aber davon abgesehen, war es ein ganz wunderbarer und denkwürdiger Abend. Rolando Villazon verkündet ja bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit, dass Mozart lebt. Wir möchten hinzufügen: auch Monteverdi lebt !
Robert Quitta, Salzburg