EIN EVENT FÜR JUAN DIEGO FLOREZ UND DIE WIEDERENTDECKUNG EINER OPER – UMJUBELTE KONZERTANTE VERSION VON „IL TEMPLARIO“ VON OTTO NICOLAI (27.8.2015)
Alois Glaßner, Juan Diego Flórez, Clémentine Margaine, Luca Salsi, Kristiane Kaiser, Andrés Orozco-Estrada, Adrian Sâmpetrean, Armando Piña und Franz Supper (v.li.).© Festspiele/ Marco Borelli
Der Großteil des Publikums war wohl gekommen, um ein Event mit Startenor Juan Diego Florez zu erleben. Das gab es auch prompt. Aber zur Überraschung Vieler konnte man zugleich die hochkarätige Wiederentdeckung eines Werkes erleben, das zwar vom Komponisten der „Lustigen Weiber“ Otto Nicolai stammt, aber mit dem deutschen Romantiker – Stichwort „Mond-Chor“ – fast gar nichts gemein hat. Die 1840 in Turin uraufgeführte Oper „Il Templario“ – auf Deutsch „Der Tempelritter“, Libretto von Girolamo Maria Martini – stammt aus den „italienischen Jahren“ des 1810 in Königsberg geborenen Musikers, der kurz nach dem Erfolg der „Lustigen Weiber“ in Berlin 39jährig an den Folgen einer Gehirnblutung starb. Und in seiner 3. Oper klingt der Gründer der Wiener Philharmoniker wie ein „missing link“ zwischen Donizetti und Verdi. Schwungvoll und „italienisch“, melodienreich, mit tollen Ensembles und hinreißenden Chören. Man wird an Ernani und Trovatore erinnert und an Mercadante, dessen „Giuramento“ vor fast 4 Jahrzehnten in der Wiener Staatsoper mit Placido Domingo konzertant gegeben wurde. Nun also „Il templario“ – eine wahre „Ritteroper“ – nach einer Romanvorlage von Sir Walter Scott.
Es spielen die Wiener Philharmoniker (Ehrensache!), am Pult steht Andres Orozco-Estrada. Er peitscht das Orchester (und den exzellenten Salzburger Bach-Chor-Leitung Alois Glassner) zu Höchstleistungen. Es geht um Kreuzzüge und Richard Löwenherz. Um den Kampf der Angelsachsen gegen die Normannen. Die zentrale Rolle – für einen höhensicheren Tenor also für Juan Diego Florez – fällt dem Ritter Ivanhoe, dem Sohn des angelsächsischen Gegenkönigs Cedrico –sehr respektabel verkörpert vom rumänischen Bass Adrian Sampetrean – zu. Der Vater ist empört darüber, dass sein Sohn mit Richard Löwenherz ins Heilige Land zog. Dort wurde er von einer schönen Jüdin namens Rebecca medizinisch betreut als er verwundet wurde. Diese Rolle, die einem Mezzo alles abverlangt, wurde ursprünglich mit Joyce Di Donato angekündigt. Die „Ersatz-Sängerin“ war –ähnlich wie bei Thais- dann die positive Überraschung. Die Französin Clémentine Margaine war eine Idealbesetzung. Höhensicher, ein schönes-dunkles Timbre, temperamentvoll. Denn die Oper lebt von Konflikten. Die Gegenspielerin von Rebecca, die Angelsächsin Rovena – sie wird von der österreichischen Sopranistin Kristine Kaiser sehr achtbar bewältigt – bietet Lyrik und „blonde“ Unschuld. Und es geht um Turniere und um Tempelritter ( einer davon heißt Luca di Beaumanoir und wird von Armando Pina (aus Mexico) respektabel verkörpert. Ivanhoe siegt über den als unschlagbar geltenden Briano – sehr eindrucksvoll der italienische Bariton Luca Salsi –, er versöhnt sich mit dem Vater. Zuletzt raucht der Scheiterhaufen, ein Zweikampf zwischen Ivanhoe und Briano soll ein „Gottesurteil“ herbeiführen. Und welche Überraschung – Ivanhoe siegt, die als Hexe angeklagte Rebecca ist gerettet. Ihr Vater – Isac von York ( von Franz Supper mit schönem Tenor versehen) – nimmt sie in seine Arme. Denn Ivanhoe zieht weiter und Lohengrin lässt grüßen!
Der Initiator und Star der konzertanten Vorstellung – Juan Diego Florez -kann jedenfalls zufrieden sein. Er legt den Ivanhoe eher lyrisch an und begeistert nicht nur durch zahlreiche Spitzentöne. Er machte die Wiederentdeckung einer hörenswerten Oper von Otto Nicolai zum Event. So oft kommt das ja nicht vor.
Peter Dusek