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SALZBURG/ Großes Festspielhaus: DIE LIEBE DER DANAE – als Klangrausch zum Bühnenabschied

01.08.2016 | Oper

Salzburg/ Großes Festspielhaus: „DIE LIEBE DER DANAE“ ALS KLANGRAUSCH ZUM BÜHNENABSCHIED (31.7.2016)


Krassimira Stoyanova. Copyright: Salzburger Festspiele/ Forster

Am Ende wurde gejubelt wie sonst bei Salome oder Ariadne. Und zumindest die musikalische Qualitäten  dieser „Liebe der Danae“-Produktion – also die ideale Interpretin der Titelrolle durch  Krassimira Stoyanova und der Klangrausch, den die Wiener Philharmoniker unter  Franz Welser-Möst bescherten – waren unbestreitbar. Über die comic-artige Regie von  Alvis Hermanis  kann man geteilter Meinung sein, nicht die ganze Besetzung darf man ideal bezeichnen. Aber nehmt alles nur in allem: es könnte sein, dass spät aber doch ein Stück aus der Feder von Richard Strauss in seiner ganzen Pracht neu entdeckt wurde, das bisher  zu Unrecht als „Kümmerling“ galt. Die vorletzte Oper von Richard Strauss  „Die Liebe der Danae“ sollte ja ursprünglich in Salzburg den opulenten finalen  Bühnen-Schlusspunkt des 80jährigen Komponisten markieren. Doch es kam nur mehr zu einer öffentlichen  Generalprobe am 16.August 1944 (Dirigent Clemens Krauss), dann schlossen die Theater ihre Pforten, der Weltkrieg, das misslungene Attentat auf Hitler, der Holocaust – da war keine Zeit für sublimierte Unterhaltung.

Und sublimiert war die „Heitere Mythologie in drei Akten“ – nach einem Entwurf von Hugo von Hofmannsthal und mit einem Text von Joseph Gregor allemal. Wie schon bei Daphne (auch vom Griechen-Experten Gregor) geht es bei der „Danae“ wieder einmal um ein amouröses Abenteuer von Göttervater Jupiter – ein Rolle, die Tomasz Konieczny übrigens alles abverlangt. Und um eine Königstochter, die ihren bankrotten Vater König Pollux durch eine „Traumhochzeit“ retten soll. Diesmal nähert sich  Jupiter als „Goldregen“ – und Danae entscheidet sich dennoch gegen den göttlichen Freier und nimmt sich den Eselstreiber Midas. Bei seinem Scheitern nimmt Jupiter die Gestalt von Midas an, verlockt ihn durch Gold und trennt sich mit einem „leuchtenden, milden Auge“! Ein Stück der Resignation, eine Oper des prachtvoll-melancholischen  Rückblicks. Als die „Liebe der Danae“ 1952 – mit Annelies Kupper in Salzburg uraufgeführt wurde, war Strauss 3 Jahre tot, der Erfolg der „Danae“ mäßig. Und als die Oper vor  14 Jahren unter Fabio Luisi mit Deborah Voigt in Salzburg neuerlich aufgeführt wurde, kam es wieder nur zu einem Achtungserfolg. Das könnte sich nun ändern: die „Danae“ war  diesmal eine Schwester der „Frau ohne Schatten“, brachte mehr typischen Strauss-Klang auf die Bühne als Daphne oder Capriccio. Und die Begeisterung des Publikums war ehrlich und unerwartet.

Eine der Hauptschwierigkeiten des Werkes liegt in den hohen musikalischen Anforderungen. Krassimira Stoyanova erinnerte an die junge Rysanek, die mit dieser Rolle in München und London in den frühen 50er Jahren reüssiert hatte. Die Stoyanova singt weich und innig in den höchsten Lagen, sie wird nie scharf – ihre Stimme klingt stets so, als ob „ein Tropfen persischen Rosenöls darein getan“ wurde und als ob Goldstaub auf den Stimmbändern läge. Großartig! Tomasz Konieczny überzeugt in den Schlüsselstellen, kommt aber mehrmals an seine Grenzen. Hans Hotter ist er wohl keiner! Wahrlich nicht optimal ist auch Gerhard Siegel als Eselstreiber Midas: er singt ansonsten weltweit Mime, Hauptmann oder Herodes. Die Rolle des Midas wird aber wohl nicht zu seiner neuen Glanzpartie. Ein Glücksfall einmal mehr ist Norbert Ernst als Götterbote: er ist  pfiffig, humorvoll und das mit Belcanto-Glanz. Ein echter Nachfahre von Gerhard Stolze oder Heinz Zednik.
Positiv fallen auf: Regine Hangler als dramatische Xanthe, Olga Bezsmertna als erotische Europa und Jongmin Park als klangschöner Schuldeneintreiber.

An der Inszenierung des in Riga geborenen Regisseurs Alvis Hermanis schieden sich die Geister: das Konzept ähnelt frappant der Italiana-Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle: Komik, Klamauk, Harems-Ulk und kaum ein Bezug zum griechischen Stoff. Immerhin ist sie ästhetisch (Bühnenbild ebenfalls von Hermanis), die Vergötzung des Goldes wirkt originell und den Erfolg der musikalischen Qualitäten schmälert sie in keiner Weise. Dennoch: die Hauptlast des Erfolges tragen Franz Welser-Möst und die Wiener Philharmoniker. Sie zaubern Klangrausch-artige Übergänge, leuchten ziselierte Details aus und kommen in den dramatischen Steigerungen an die Hauptwerke von Strauss heran. Mitverbündete sind übrigens auch die Konzertvereinigung  Wiener Staatsopernchor  (Leitung: Ernst Raffelsberger). Und ein überrumpeltes Publikum. 64 Jahre nach der verspäteten Uraufführung wurde ein Meisterwerk entdeckt. Immerhin!

Peter Dusek

 

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