Mauro Peter (Tamino) mit den drei Knaben). Copyright: Ruth Walz/Salzburger Festspiele
TTT‘s Einwurf zur TV-Übertragung vom 4.8.2018
Zauberflöte Salzburg 2018 – empathiefreie Wüste
Dieses Ärgernis führt doch eine frappierende Übereinstimmung vor:
Musikalische wie szenische Leitung sind nicht in der Lage, sich Mozart zu näheren, beide bewegen sich in empathiefreier Wüste. Diese Wüste mit wüstem musikalisch-szenischem Rabaukentum war wohl mehr als Spektakel und Profilierungssucht zweier Personen initiiert, denen Talentfreiheit in mangelhaftem Handwerk von der Leitung dieser Festspiele zugestanden wurde. Es ist eine „An und für sich – Inszenierung“: Dirigent und Regisseurin arbeiten an sich und für sich – aber nicht für Publikum, Zauberflöte und Mozart. (vulgo: was macht jemand, der an sich und für sich rumfummelt?)
Das Dirigat wirkt überwiegend wie das Resultat eines Tarantelstichs, wie vom Affen gepudert pinselt der Dirigent seine Profilierungswut runter – um dann immer mal trunken vor Selbstverliebtheit in Zerdehnung zu landen.
Die eigentlich schöne Inszenierungsidee wird durch kognitiv akademisches Unvermögen zerbröselt und verblödelt. Ohne Gefühl/Intuition (s. Theater für den 6. Sinn: https://onlinemerker.com/dramaturgische-schriften-von-tim-theo-tinn-nr-3/) kann man weder musikalisch noch szenisch Mozart finden. Das kann nicht erst in der Premiere offenbar geworden sein. Einer meiner begnadeten Intendanten, Prof. Grischa Barfuss, („der letzte Prinzipal“) hat selbst einen Gian Carlo del Monaco, einen hochartifiziellen Inszenierungskünstler, nach Hause geschickt, als seine Traviata-Konzeption untragbar schien.
Das Besetzungsbüro der Salzburger Festspiele legt hier völlige Ahnungslosigkeit offen. Diese Personen scheinen die wesentliche Fehlbesetzung zu sein. Es gibt keine lyrischen Stimmen. Tamino hat große Teile seiner früheren Klasse verloren, Pamina nähert sich mglw. einer dramatischen Stimme – Pamina kann sie nicht. Sarastro: es kommen in der Mittelage durchaus brauchbare Töne, allerdings in luftpumpenden, fast spastisch anmutenden Körperwindungen, nach unten wird gedrückt, nach oben gestemmt. Und dann holte man als Vertretung für die erkankte Albina Shagimuratova eine völlig unreife junge Dame zum behaupteten besten Festival der Welt für die Königin der Nacht: die Mittellage ist völlig unausgewogen, eigentlich funktioniert nur das exponierte oberste Register ganz ordentlich -aber jenseits dem silbrig schwebenden Wunderweben, das wir an dieser Stelle erwarten/ verlangen dürfen. Die einzige Weltklassestimme, Tareq Nazmi, wird nur sehr unterqualifiziert eingesetzt.
Quo vadis Salisburgum tribuisti?????
- August 2018
Tim Theo Tinn