Filmstart: 30. August 2018
SAFARI – MATCH ME IF YOU CAN
Deutschland / 2018
Drehbuch und Regie: Rudi Gaul
Mit: Juliane Köhler, Sebastian Bezzel, Sunnyi Melles, Justus von Dohnányi, Friederike Kempter, Max Mauff u.a.
Es ist 20 Jahre her, als „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit“ über die Kinoleinwand flimmerte, das wilde Hin und Her aller verrückter Typen auf der Suche nach Sex. 20 Jahre später kleben alle an ihren Smartphones und hetzen ihren Tinder-Dates nach. Im Prinzip geht es noch immer um dasselbe – den Partner. Für Sex. Oder auch fürs Leben. Aber jedenfalls – die Suche nach der / dem Anderen. Übrigens: das Umkreisen des eigenen Ego scheint noch schlimmer geworden…
Jungfilmer Rudi Gaul hat da nach eigenem Drehbuch ein buntes Durcheinander geschaffen, das Schnitzlers „Reigen“ (wie er im Pressetext auftaucht) besser nicht beschwören sollte. Damit hat es nichts zu tun. Der Querschnitt durch die Gesellschaft, die der Dichter einst lieferte, ist auch kaum gegeben – alle ticken hier nach der gleichen Uhr, verhalten sich mehr oder minder nach dem gleichen Muster.
Sie lernen sich per Internet kennen (diese App macht – Hallo Safari! – Tierchen aus ihnen) und landen schnell im Bett. Mit der Wahrheit nimmt man es nicht so genau – der angebliche Pilot ist eigentlich Straßenbahnfahrer (man kann die Uniform schließlich schnell aufmotzen), die Immobilienmaklerin besitzt die Wohnungen nicht, in die sie ihre Bettpartner einlädt, und alle pflegen ihre Neurosen. Und wandern von einem zum anderen.
Gaul ist es gelungen, eine starke Besetzung für seinen seicht-komödienhaften Ansatz einer Beziehungsgeschichte zu interessieren. Also spielt Juliane Köhler die 50jährige Mona, die sich geradezu erlöst fühlt, dass sie hier – endlich, endlich! – auf dem Smartphone so viel erleben kann, während ihre Tochter längst schon bei der Internet-Abstinenz gelandet ist (diese Umdrehung im Verhalten der Generationen ist natürlich nicht neu, am vergnüglichsten hat man sie aus „Meerjungfrauen küssen besser“ mit Cher und Winona Ryder in Erinnerung).
Witzig ist es, wenn die Gattin von „Pilot Harry“ (Justus von Dohnányi, der im Bett mit Elisa Schlott die allgemeine Rammelei beginnt) in Gestalt von Sunnyi Melles versucht, als Psychiaterin ihren Patienten David (Max Mauff) vor verfrühter Ejakulation zu retten, die ihm bei jedem Date peinlich ist, womit sie aber nur eine ganz arge „Übertragung“ in Gang setzt (und ihn folglich am Hals hat). Die herzige Fanny (Friederike Kempter aus dem Münsteraner „Tatort“) will ja immer nett sein, aber Arif (Patrick Abozen) scheint doch nicht der Richtige zu sein. Und zwischendurch landet der Kinderclown Life (Sebastian Bezzel, einmal nicht der Eberhofer…), der darauf besteht, Schauspieler zu sein, mit Mona im Bett, genauer im Auto, ohne dass man eigentlich weiß, warum. Ja – und auch niemand scheint sich die elementare Frage zu stellen: Zum Teufel, was mache ich da eigentlich?
So richtig Sinn macht das Ganze als Handlung ja nicht, aber als Zeitgeist-Satire erzählt uns der Regisseur eigentlich, wie arm und bedauernswert doch diese tindersüchtigen Menschenkinder sind, die hier auf Komödienebene in allerlei komische Situationen geraten. War da eigentlich nur Kinospaß angestrebt (wenngleich „die deutsche Komödie“, die sich einst auf hohem Standard bewegte, derzeit nicht wieder erreicht wird) – oder hat der Regisseur auch die Nachdenklichkeit angepeilt, die er zumindest bei jenem Teil des Publikums evoziert, die tinder-frei durchs Leben gehen? Andererseits … wer interessiert sich schon für die Gedanken einer solch verschwindenden Minorität?
Renate Wagner