Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

SACD RICHARD STRAUSS SALOME: Sensationelles Rollendebüt von Malin Byström, der wohl stimmschönsten Salome unserer Zeit, Royal Concertgebouw Orchestra Records

13.08.2019 | cd

SACD RICHARD STRAUSS SALOME: Sensationelles Rollendebüt von Malin Byström, der wohl stimmschönsten Salome unserer Zeit, Royal Concertgebouw Orchestra Records

Veröffentlichung: 6. September

Selten gibt es sie, diese Momente, wo das Auftauchen eines großen leuchtenden Sterns am Opernfirmament die Zeit kurz stehen lässt. Beim Anhören dieser CD kommt selbst ein erfahrener Opernfreund aus dem Staunen nicht heraus, dass es heute eine Sopranistin gibt, die die Salome so schön und leicht singt wie die Cebotari, mit einem cremigen Timbre à la Te Kanawa und einer Stimmpower wie Leonie Rysanek. Vom Geheimtipp mittlerweile zu einer begnadeten und weltweit anerkannten Interpretin von Mozart, Verdi und Richard Strauss geworden, ist die blendend aussehende Schwedin heute gern und oft gesehener und gehörter Gast am Royal Opera House Covent Garden London, an der MET, in München, Paris, San Francisco oder Stockholm.

Die Salome ist inzwischen so etwas wie das Markenzeichen der Mittvierzigerin geworden. Sie wiederholte die Rolle in der Regie von David McVicar zu Beginn 2018 in London. Als am 17.8. letzten Jahres in Salzburg Asmik Grigorian absagen musste, war mit Byström rasch eigenprofilierter Salome-Ersatz gefunden. Byström wird am 8. März 2020 in der Scala-Premiere die Salome unter der Stabführung von Riccardo Chailly sein (Regie Damiano Michieletto).

Dem vorliegenden Album liegen zwei Aufführungen an der Dutch National Opera in Amsterdam vom 24. und 27.6.2017 zugrunde. Dass die Aufführung musikalisch rundum  gelungen ist, ist nicht zuletzt dem Royal Concertgebouw Orchestra mit seinem Dirigenten Daniele Gatti zu verdanken. Die wohl üppigste aller Jugendstil-Partituren lässt Gatti rauschhaft aufblühen, die zahllosen Soli funkeln wie die von Herodes Salome angepriesenen Topase, Opale, Chrysolithe, Berylle und Rubine. Dabei findet dieser großartige Sängerbegleiter stets die stimmige Balance zwischen der Macht der Orchesterfluten, den zur Verfügung  stehenden Protagonisten auf der Bühne und lässt zudem den vielen exotischen Details der Musik viel Aufmerksamkeit zukommen. Den „Tanz der sieben Schleier“ habe ich auch aufnahmetechnisch (welche Räumlichkeit!) seit Soli und Karajan in ihren legendären Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern nicht mehr so unglaublich schön und brillant zugleich gehört. Ein orchestraler Trumpf sondergleichen.

Malin Byström verfügt über einen in allen Lagen geschmeidigen, puren Sopran mit einer fundierten Tiefe und  einer wie karamellisierten Mittellage, der in der Höhe zu strahlen beginnt wie weißglühendes Licht. Der jugendliche Klang der Stimme erlaubt ein erschütterndes Salome-Porträt der Wandlung einer verwöhnten Göre hin zu einer gnadenlosen Mörderin. Man höre nur ihr letztes wild fauchendes „Ich will den Kopf des Jochanaan“, bevor Herodes resigniert veranlasst ihr zu geben, was sie verlangt. Der Schlussgesang ist ein vokales Meisterstück an differenziertem Ausdruck, mit destruktivem Wahn dialogisierender Lust, ein schwarzer Trumpf des allverzehrenden Eros über das Leben.

Ihr Jochanaan ist der Russe Evgeny Nikitin, ein hell metallisch klingender Bassbariton als glaubhafter religiös-keuscher Fanatiker, der vor allem in den hohen Lagen zu überzeugen vermag. Herodias und Herodes sind mit Doris Soffel und dem Heldentenor Lance Ryan bestens besetzt. Dekadenter und fiebriger als Lance Ryan kann der Herodes nicht vermittelt werden. An Stimmvolumen und Glanz hat sein Tenor zwar schon eingebüßt, Höhen und schräg verdorbener Ausdruck sind bei ihm allerdings bestens aufgehoben. Doris Soffel scheint stimmlich, so oft man sie hört, immer noch zulegen zu können. Ihre Herodias ist eine Mischung aus zynisch dunklem Machtspiel, weiblicher Raffinesse und vokalen Urkräften. Ein Ereignis. Peter Sonn als Narraboth und Hanna Hipp als Page der Herodias ergänzen das exzellente Ensemble. Die Aufnahme ist ein Muss nicht nur für diejenigen, die im März nach Mailand fahren.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

Diese Seite drucken