RUPPERSTHAL/ Weinbergwiese des Pleyel-Kulturzentrums: PLEYEL LEBT ! von und mit Adi Ehrentraud
am 6.9.2024
Die Jakobiner singen Pleyels Revolutionshymne. Foto: Robert Quitta
Ignaz Joseph Pleyel (1757 – 1831) war einst einer der meistgespielten Komponisten der Welt. in seiner Wahlheimat Paris erinnern heute noch Metrostationen, Bahnhöfe, Cafés und natürlich die von ihm gegründete Salle Pleyel (sozusagen der französische Musikverein) an ihn. In Österreich hingegen ist er vergessen. In ganz Österreich ? N e i n ! In Ruppersthal, einem kleinen Dorf im Weinviertel (417 Seelen), seinem Geburtsort, ist ihm ein Rächer herangewachsen, Professorix Adolfix Ehrentraudix, der seit Jahrzehnten ehrenamtlich versucht, diesem Vergessen und dieser Ungerechtigkeit Einhalt zu gebieten und Pleyels verlorene Ehre und verblassten Ruhm wieder ein wenig wiederherzustellen. Und das durchaus sehr erfolgreich. In der ehemaligen Volksschule hat er ein wunderbares, kleines, aber reichhaltiges Museum installiert, er hat einen Konzertsaal erbaut, in dem jedes Wochenende hochkarätige kammermusikalische Konzerte (mit Mittagstisch!) stattfinden, er hat d i e Pleyel-Biographie verfasst (die er jetzt noch erweitert hat), er veranstaltet Reisen zu den Pleyel-Gedenkorten in Frankreich, er lässt seine Werke für eine CD-Edition einspielen, er ist einfach unermüdlich Tag und Nacht (und das ist keine Übertreibung, denn seine emails erreichen einen meistens so um 2h früh) als Apostel des Heiligen Ignaz unterwegs und sollte für seine unermesslichen Verdienste eigentlich selbst bald heilig gesprochen werden oder zumindest selig …
Als Höhepunkt der sinnlichen Divulgation seines umfangreichen Wissens hat Ehrentraud jetzt die dritte Version seines Monumentalwerks PLEYEL LEBT zur Aufführung gebracht. In über drei Stunden wird hier auf zwei Bühnen die Lebensgeschichte Ignaz Joseph Pleyels erzählt (vom Hl.Adi als 74jährigen alten Pleyel selbst) und von einer grossen Anzahl von Mitwirkenden dargestellt: seine Kindheit in Ruppersthal, die Entdeckung seines außergewöhnlichen musikalischen Talents, seine Lehrjahre bei Haydn in Wien und Esterháza, seine ersten Opern, seine Berufung als Organist ans Münster in Strasbourg, seine Verfolgung durch die Jakobiner, die ihn dazu zwangen, eine große Revolutionshymne zu schreiben, das Wiedereinreiseverbot nach Österreich durch Metternich, die Gründung seiner Klavier-und Harfenfabrik bei Paris, das Alter auf seinem Landsitz in La Chapelle Gauthier und und und….
Es ist schwer zusagen, wie man dieses Monumentalwerk, dieses summum opus von Ehrentrauds Liebe und Leidenschaft bezeichnen soll. Es ist eine total ungewöhnliche Mischung aus dramatisierter Biographie, in Dialoge gefasstem Wikipedia-Content, Schulfunk, Laienspiel, professionellem Gesang, Volksfest, Volkstanz, Kirtag, partizipativem Theater, Community-Projekt (ich glaube alle Einwohner von Ruppersthal und den umliegenden Gemeinden spielen mit), Singspiel, Soap, Chorkonzert, Ballett und Kammeroper…
Denn musiziert wird natürlich ja auch, und das auf exzellentem Niveau, vom Janacek-Quartett, dem Amici Vocali Chor und dem Pleyel Orchester. Man hört sie allererste Komposition des 12jährigen Wunderkinds, sein Tantum Ergo, Teile seiner Streichquartette, Symphonien, zwei Opern-Arien und als absolutem Höhepunkt im Finale die Hymne „La Revolution du dix aout 1792 ou le tocsin allégorique“ aus dem Jahre 1793…
Tja, jemandem, der diesen Abend nicht erlebt hat, lässt er sich nur schwer beschreiben. Aber bei der Umtriebigkeit des Heiligen Adi kann man hoffnungsvollerweise davon ausgehen, dass es in nicht allzulanger Zeit eine vierte Version dieses Trumms, Monstrums, dieses einzigartigen Pleyel-Dings geben wird.
Und dann nix wie hin in die Weinberge bei Ruppersthal…
Lang lebe der lange unbekannt gebliebene , jetzt langsam wieder entdeckte Ignaz Joseph Pleyel !
Robert Quitta, Ruppersthal