CD-Veröffentlichung
Rudolf Schock –
Lieder in Aufnahmen 1957-1959
(Relief 2 CD CR 3010)
Rudolf Schock war nach dem Zweiten Weltkrieg gleich zur Stelle und hat als Mozart-Tenor auf sich aufmerksam gemacht. Das sportliche Image des blendend aussehenden Tenors – er war ein Tennis- und Wanderfreak – hat seiner Popularität sicher nicht geschadet. Aber es war seine Stimme, ursprünglich ein rein lyrischer Tenor, der jedoch aufgrund seiner baritonalen Basis, ohne Schaden zu nehmen, Ausflüge ins dramatische Fach wagen konnte. Die Gesamtaufnahmen von den „Meistersingern“ mit seinem Stolzing (Dirigent: Rudolf Kempe) und seines Lohengrin (Dirigent: Wilhelm Schüchter) lassen einen jugendlichen Helden hören, der ein betörendes Timbre verströmte und dabei alles andere als „old-fashioned“ klang. Er nahm bei seiner Hauptfirma, der Electrola (bzw. EMI) und später bei Eurodisc, eine Menge, fast Unmengen von Platten auf. Dabei hatte er weder Berührungsängste mit der Operette und noch mit Volksliedern. Doch auch auf dem Königspfad des sogenannten Kunstliedes wusste er seinen Weg zu gehen. Und das war in den Hoch-Zeiten eines Dietrich Fischer-Dieskau und Hermann Prey kein Einfaches. Schock hatte seinen eigenen Stil, sang – man kann fast sagen – frei von der Leber weg. Und gerade das ist es, was diese Liedaufnahmen, die aus Schocks besten Gesangs-Jahren stammen, so auszeichnet.
Was beim ersten Hören der beiden CDs sofort gefangen nimmt, ist die absolut natürliche Herangehensweise an die Kunstform des Liedes. Schock singt diese Juwelen des deutschen Liedgutes ohne je überkandidelt zu wirken. Dabei gilt es die genaue Intonation, das Legato, seinen erstaunlich langen Atem und seine natürliche Musikalität zu bewundern. Und vor allem ist seine Wortdeutlichkeit zu loben, die das Mitlesen der im Booklet abgedruckten Liedtexte eigentlich überflüssig macht. Besonders hervorzuheben ist Adolf Stauch, der ausgezeichnete Begleiter am Flügel. Neben seiner pianistischen Virtuosität drängt er sich nie in den Vordergrund und ist dem Sänger ein ebenbürtiger Duo-Partner.
Wenn man etwas kritisieren kann, dann ist es vielleicht, dass Schock gerne eine aufsteigende Linie zum Anlass nimmt, quasi opernmässig mehr Druck zu geben. Könnte es so gewesen sein, dass Schock, der kurz vor diesen Aufnahmen 1959 in Bayreuth seinen Einstand als Walther von Stolzing gegeben hatte, die Leichtigkeit in der Höhe zur Zeit der Plattenaufnahme nicht gegeben war. Er sang übrigens von den fünf Aufführungen des „Meistersinger“ im Bayreuth des Jahres 1959 nur die ersten drei; nachher übernahm der Wagner-Recke Wolfgang Windgassen die Partie.
Besonders schön gelingen Rudolf Schock Lieder von Brahms und Wolf. Die sechs Orchesterlieder von Richard Strauss (Dirigent: Wilhelm Schüchter) sind ein schöner Bonus zu einer absolut gültigen Wiederveröffentlichung durch die Firma Relief.
John H. Mueller