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ROSENHEIM / Lokschuppen: ALEXANDER DER GROSSE

05.08.2013 | Ausstellungen

ROSENHEIM / Lokschuppen:
ALEXANDER DER GROSSE
Herrscher der Welt.
Archäologische Landesausstellung
Vom 22. März 2013 bis zum 3. November 2013

Wer war Alexander?

Alexander – das immerwährende Faszinosum. Weil der „Normalmensch“ weder begreifen noch erklären kann, wie vor knapp zweieinhalbtausend Jahren ein Zwanzigjähriger auszog, die Welt zu erobern, es nahezu geschafft hatte, als er 33 war – und aus Gründen, die wir nie genau wissen werden, starb. Wir werden vieles über Alexander nie wissen, aber die Herausforderung, sich ihm immer wieder anzunähern, bleibt. Eine Ausstellung im Lokschuppen von Rosenheim – die ehemalige Eisenbahnremise, ein faszinierender Industriebau, ist ein phantastischer Raum dafür – versucht es mit gegenwärtigen Mitteln und geradezu bemerkenswert, diesem ewigen Enigma nahe zu kommen. Jedenfalls wird der Besucher reichlich mit Material versehen, um die Frage „Wer war Alexander?“ nach eigener Anschauung zu beantworten.

Von Heiner Wesemann

Der König der Welt Alexander wurde 356 v. Chr. als Sohn von König Philipp II. von Makedonien geboren, gleicherweise zum Soldaten wie zum Denker ausgebildet. 20jährig wurde er König, und bis heute rätseln die Historiker, was er wirklich im Sinne hatte, als er sich wenig später auf den Weg in Richtung Osten machte. Nur das gewaltige Perser-Reich herauszufordern, das unüberwindlich schien? 334 begann dieser Feldzug bei Granichos, 333 schlug Alexander die legendäre Schlacht bei Issos, wandte sich dann nach Ägypten, wo er sich von den Amun-Priestern zum Pharao erklären ließ, eroberte nach der Schlacht von Gaugamela Babylon, Susa und Persepolis – und zog immer weiter. Über den Hindukusch bis Indien, wo er dann umkehren musste. Gestorben ist er am 10. Juni 323, noch nicht 33 Jahre alt, in Babylon.

Verwandler der Welt Alexander hat nicht nur das erobert, was man in seiner Epoche als „die Welt“ begreifen konnte (im Spannungsfeld zwischen Griechenland, Ägypten, Indien und allem, was dazwischen lag), er war auch für den damals größten Kulturtransfer der bisherigen Geschichte verantwortlich. Es waren auch ideologischen Welten, die er durchmaß, von einer spartanischen Soldatenkultur aus den Bergen des Balkan, geistig angereichert durch jenes kulturelle Griechentum, das Alexander (nicht zuletzt durch seinen Lehrer Aristoteles) in sich trug – bis in jene hoch differenzierte, überzüchtete, prunkvolle, aber letztlich auch verweichlichte Welt orientalischen Satrapentums, die er bei den Persern kennen lernte – und deren Reizen er vermutlich auch erlag. Kein Zweifel, dass Alexanders Ende aus den Spannungen zwischen ihm und den „alten Kämpfern“ resultierte, die seit seinen Anfängen bei ihm waren, seine Siege ermöglicht hatten und trotz gewaltsamer Aktionen (die „Massenhochzeit von Susa“ im Jahr 324, um die Kulturen auch biologisch zu vermischen) nicht bereit waren, vor jenem orientalischen Fürsten das Knie zu beugen, in den er sich verwandelt hatte…

Das Leben – eine Reise Den Lebensweg Alexanders kann man auf einer riesigen Landkarte nachzeichnen, und genau das geschieht in der bemerkenswerten Ausstellung in Rosenheim, die die Besucher schon mit einer Phalanx von Soldaten begrüßt, die auf ihren Schildern den Namen des Herrschers tragen, Buchstabe für Buchstabe. Die Kuratoren Harald Schulze und Ellen Rehm verstecken sich nicht hinter theoretischen Überlegungen, die Ausstellungsbesucher dumm dastehen lassen, sondern wählen den geraden Zugang: Man schreitet chronologisch durch das Leben des Mannes, wobei der Zugang ein doppelter ist – einerseits gibt es eine Fülle anschaulicher Originalexponate, die den Anspruch einer „archäologischen“ Ausstellung untermauern, andererseits machen moderne Denk- und Gestaltungsprinzipien den Mann und seine Zeit anschaulich. Man kann Babylon „sehen“, wie es einst in ganzem Prunk erstrahlte, Computerbilder machen es möglich, aber man hat Throne, Streitwagen nachgebaut, zählt die Kilometer seiner Reisen, gibt Modelle von Schlachtenaufstellungen, lässt die Elefanten Indiens zumindest als groß aufgestellte Silhouetten wirken.

Mann der Widersprüche Man versucht, Alexander auch sonst nahe zu kommen. In griffigen Gegensatzpaaren wird der Mann in seiner Größe und in seinem Widerspruch klar. Er war ganz konkret ehrgeizig und wohl auch ruhmsüchtig, aber intelligent genug, um in seinen Taten auch visionär zu denken. Er musste hoch diszipliniert sein – wobei er exakte Strategie mit impulsiver Tollkühnheit verband – , sonst hätten ihm seine Soldaten, an deren Spitze er kämpfte, nie gehorcht, aber er war auch von maßloser Leidenschaft (und in seinen letzten Jahren ein zügelloser Trinker), der auch zu einem Mord imstande war. Er landete, als niemand ihm widerstehen konnte, zweifellos im Größenwahn, neigte aber zur Sentimentalität. Vielleicht hat er seine charismatische Wirkung auch bewusst eingesetzt – der blonde Götterjüngling, den Kopf auf vielen Büsten leicht himmelwärts gewandt, gut und gern mit Apollo zu verwechseln… Zusätzlich erfindet die Ausstellung noch Zitate zu Alexander, die man den Zeitgenossen in den Mund legt – der Mutter, den Mitkämpfern, den Frauen, aber auch seinem Pferd Bukephalos… Vielleicht ist dies ein Element, das man eher in Kinderführungen zu Ausstellungen einsetzt, aber da man ja nicht von einem Publikum versierter Alexander-Kenner ausgehen kann, machen diese Elemente den Zugang schlechtweg einfach. Ohne das Thema zu verschenken. Bisher 75.000 Besucher in Rosenheim zeigen, dass man auf dem richtigen Weg ist.

Ausstellungszentrum Lokschuppen
Rathausstraße 24 83022 Rosenheim
Montag bis Freitag 9 – 18 Uhr Samstag, Sonn- und Feiertag 10 – 18 Uhr

 

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