Kolossalstatue von Konstantin dem Großen in Rom
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Foto: Andrea Matzker
Noch bis zum Ende von 2025 ist im Garten der Villa Caffarelli, einem Seitengarten der Kapitolinischen Museen von Rom, die seltene Rekonstruktion der Marmorstatue von Kaiser Konstantin zu besichtigen. Die gigantische Statue zeigt den sitzenden Kaiser in ein goldenes Gewand gehüllt, in den Händen Zepter und Reichsapfel. Sie misst 13 m Höhe und besteht aus Harz, Poliurethan, sowie Marmorpulver, Blattgold und Gips. Mithilfe der 3-D-Modellierungstechnologie wurde sie anhand der wenigen originalen Körperteile zurück zum Leben erweckt. Damit ist sie, wie ihr Pendant aus Bronze, die einzige Skulptur mit diesen Ausmaßen, die jemals aus der römischen Antike gefunden wurde. Kaiser Konstantin, der maßgeblich zur Verbreitung des Christentums im Römischen Reich beigetragen hat, gab sie selbst im vierten Jahrhundert in Auftrag. Im 15. Jahrhundert wurden Kopf (2,60 m groß), 2-Meter-Füße, ein Teil des rechten Arms und die rechte Hand (1,66 m) am Rande des Forum Romanum an der Via Sacra entdeckt und persönlich von Michelangelo im Hof des Palazzo dei Conservatori untergebracht.
Ursprünglich stand die Statue in der Apsis der Maxentiusbasilika, wo sie Konstantin als entrückten und vergöttlichten Kaiser darstellte, was sich auch in seinem Blick zeigt, der über allen und allem zu schweben scheint. Die Statue bestand aus weißem parischen Marmor. Nachdem man einige Teile im 15. Jahrhundert gefunden hatte, tauchten weitere Fragmente im Jahr 1951 auf. Wie üblich bei einem Akrolith, bestanden die Kleider wahrscheinlich aus weniger widerstandsfähiger Bronze. Nur die unbedeckten Körperteile waren aus kostbarem Marmor. Womöglich stellte die Skulptur einst Jupiter Optimus Maximus dar, bevor sie zu Konstantin umgewandelt wurde. Im Jahre 2023 entstand die jetzt zu besichtigende Statue im Auftrag der römischen Denkmalbehörde. Der römische Bürgermeister Roberto Gualtieri sagte bei ihrer Enthüllung, dass sie deshalb so bedeutend sei, da sie den Menschen von heute die wahren Dimensionen des Altertums näher bringe.
Eine besonders abenteuerliche Geschichte hat der Zeigefinger der Bronzestatue, dem ebenso großen Pendant zur Marmorstatue, hinter sich: Jahrhundertelang ragte die Hand ohne den Zeigefinger in die Luft. Doch nun ist er wieder an seinem ursprünglichen Platz, denn Forscher hatten den abgetrennten Finger zufällig im Louvre wiedergefunden. Dort hatte er unter der Archivnummer BR78 als angeblicher Zeh jahrelang unentdeckt geschlummert. Der 38 cm große Finger war jahrhundertelang verschollen und befand sich bereits seit 1863 im Louvre in der Sammlung des italienischen Kunstsammlers Giampietro Campana. Erst die Wissenschaftlerin Aurélia Azéma bemerkte 2018, dass es sich gar nicht um einen Zeh, sondern um einen Finger handelt. Die Fragmente der dazugehörenden römischen Bronzeskulptur aus dem frühen vierten Jahrhundert bestehen aus dem großen Kopf des ersten christlichen Kaisers von Rom, einem Globus und seiner linken Hand, die diesen Globus wahrscheinlich einmal getragen hatte.
Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger