Rom und das Haus Cazzaniga
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Roma Studio Cazzaniga. Ein Schluessel-Anhaenger Cazzanigas. Foto: Andrea Matzker
Im Mai 2006 fand in Köln auf dem Roncalliplatz vor dem Dom die Installation der 1000 Trash People von HA Schult statt, für die allein eine Million Besucher in die Stadt kamen, um die sogenannten Müllmänner vor dem Kölner Dom zu besichtigen und zu besuchen, denn man konnte durch sie hindurch wandeln. Dankenswerte Eröffnung dieser Ausstellung war ein zauberhaftes Diner, kreiert und serviert von Elke Koska, der Muse des Künstlers, inmitten der antiken Artefakte des Römisch-Germanischen Museums. Zu Gast waren neben allen bedeutenden Politikern und anderen Honoratioren der Stadt die namhaften Goldschmiede verschiedener Länder Europas, die wohl zu dieser Zeit auch irgendeine Ausstellung, eine Preisverleihung oder das Treffen einer Innung in Köln hatten. Das Land Italien wurde vertreten durch das Haus Cazzaniga, einem seit Generationen bekannten und namhaften Juwelier aus Rom, der für seine Kreationen bekannt ist, die an die prächtigen Bilder aus der Barock- und Renaissancezeit erinnern. Seine Werkskataloge gelten als hochgeschätzte Kunst-Bücher.
Roma: Studio Cazzaniga. Giorgio und sein Vater Paolo Cazzaniga. Foto: Andrea Matzker
Paolo Cazzaniga ist der Sohn von Angelo Giorgio, der 1929 das Unternehmen mit den bunten und lebendigen Steinen gründete. Bereits von dessen Vater Luigi wurde man in dieser Stilrichtung beeinflusst, da der Lebensmittelpunkt der Familie die Villa des Prinzen Abamelek Lasarev auf dem Giannicolo Hügel an der Via Aurelia Antica war. Paolo war zur Zeit seines Aufenthaltes in Köln bereits mehrfach auf internationalem Niveau ausgezeichnet worden, weshalb er sich auch zu dieser Zeit in Köln befand. Während des exquisiten, farbenfrohen und blumengeschmückten Diners zwischen all den antiken Amphoren, Statuen und Schätzen des Römisch-Germanischen Museums ergaben sich interessante Gespräche, die sich leider nicht fortführen ließen, da sämtliche Gäste aus dem Ausland die Stadt am Folgetag wieder verließen. Kurz sei nur erwähnt, was der damalige Museumsdirektor und Gastgeber des Diners Hansgerd Hellenkemper zu diesem Ereignis sagte, das die Hochkunst der Archäologie mit der modernen Ausstellung verband: „Für uns Archäologen ist Müll ein wesentlicher Aspekt – wir lesen aus dem Müll. In der römischen Zeit waren die heutigen Einwegverpackungen die Amphoren mit Fischsauce aus Spanien.“ Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma nannte die Installation von HA Schult ein Geschenk an die Stadt und einen großen Imagegewinn. Sie stimme einerseits nachdenklich, aber mache auch Spaß. Es sei eine anregende und lustig-kommunikative Installation.
Roma: Studio Cazzaniga. Eine der Schluesselketten Cazzanigas. Foto: Andrea Matzker
Quasi dem Stern von HA Schult folgend, traf man sich im März des folgenden Jahres 2007 in Rom wieder, denn dort bevölkerten inzwischen die Trash People die Piazza del Popolo. Auf der Terrasse der Bar Canova nahm man einen Aperitif, dinierte und beobachtete das lebhafte Geschehen gemeinsam mit Dr. Cazzaniga und seiner Frau Gemahlin. Die Ausstellung unter freiem Himmel war beeindruckend, der ganze Aufenthalt unvergesslich.
Nun endlich, zum Jahreswechsel 2022, sah man sich aus Anlass einer Kunstreise in Rom wieder und konnte endlich die stilvolle Arbeitsstätte des Juweliers besuchen, der, neben vielen Mitarbeitern, inzwischen von seinem Sohn unterstützt wird. Nach ausführlicher Begrüßung und einem in Erinnerungen schwelgenden Gespräch schauten wir uns die dazu einladenden herrlichen Auslagen des Studios an. Ganz zufällig kam das Gespräch auf eine der letzten Erfindungen des Juweliers, die im Grunde im Verhältnis zu den anderen Schmuckstücken recht einfach wirkt, nämlich die Nachbildung eines 2250 Jahre alten Schmuckschlüssels, den die Römer damals als Kette, manchmal auch als Ring, immer bei sich trugen. Diese Schlüssel verschlossen eine Kassette und sind nicht umsonst seit Jahrtausenden ein Symbol für die Aufbewahrung von Schätzen, Geheimnissen oder Liebesbotschaften. Diese römischen Kleinode wurden in mehreren Fachbüchern bereits beschrieben, sind aber dem größeren Publikum und auch Fachleuten völlig unbekannt, im Grunde gibt es wohl nur ein einziges originales Exemplar, das noch erhalten ist. Völlig begeistert und fasziniert von dieser außergewöhnlichen Form, Schönheit und Bedeutung hat es sich Paolo Cazzaniga zur Aufgabe gemacht, dieses Schmuckstück aus der Antike in der Jetztzeit neu zu beleben und zeigte uns seine wunderschönen Entwürfe und bereits fertig gestellten Exemplare hierzu. Es sind jeweils völlig unterschiedlich handgearbeitete Einzelstücke, die mit seltenen Edelsteinen versehen sind, abgesehen davon, dass jedes Stück weltweit ein Unikat ist. Auch die Kombination der Edelsteine ist jedes Mal anders. Wir konnten selbstverständlich nicht umhin, die Ewige Stadt nicht ohne eines dieser Schmuckstücke wieder zu verlassen und so ein Stück von Rom mit uns nach Köln zu tragen. So beinhaltet dieser Schlüssel den dauernd gehegten Wunsch einer möglichst baldigen Rückkehr nach Rom.