Rolando Villazon. Foto: Mozarteum
Rolando Villazón über die Mozartwoche 2019 in Salzburg: Mozart lebt!
Adelina Yefimenko: Rolando, unser Gespräch liegt mir besonders am Herzen. Ich reise zur Salzburger Mozartwoche in die Geburtsstadt Wolfang Amadeus Mozarts, aus Lemberg kommend, die Stadt in der Mozarts Sohn Franz Xaver fast 30 Jahren gelebt, geliebt, komponiert, dirigiert und das musikalisches Leben der Stadt, die damals zum österreichischen Galizien gehörte, gänzlich verändert hat. Dadurch fühlt man sich sehr verwandt.
Ihre musikalischen Leidenschaften als Sänger und Regisseur sind weltweit bekannt. Zurzeit geht aber noch ein weiterer Ihrer Lebensträume in Erfüllung. Sie sind nicht nur der Ideenentwickler, sondern auch der Leiter der berühmten Mozartwoche.
Wann ist ein Kern Ihres Traums als Leiter des Mozart-Festivals in Salzburg gesät worden?
Rolando Villazón: Interessanterweise war die erste Oper, die ich als junger Student am Konservatorium in Mexiko gesungen habe, von Mozart: Il re pastore. Danach habe ich mich eher dem romantischen Repertoire zugewandt was sicher auch daran lag, dass dieses Repertoire in Mexiko sehr beliebt ist. Vor bald neun Jahren kam Mozart dann zurück in mein Leben – und das mit voller Macht. Ich war eingeladen, den Don Ottavio zu singen und aufzunehmen. Zur Vorbereitung habe ich Mozarts Briefe gelesen und dabei einen wahren Freund fürs Leben gefunden. Seitdem habe ich sieben weitere Partien Mozarts gesungen und alle seine Konzertarien. Mozart ist ein extrem wichtiger Teil meines Lebens geworden und bringt mir unglaubliche Freude. Als ich gefragt wurde, die künstlerische Leitung der Mozartwoche zu übernehmen, war das ein unglaubliches Glück für mich – und es ist eine riesige Verantwortung.
Adelina Yefimenko: Ich glaube, Sie haben vor, wie früher Mozart-Sohn in Lemberg, das Leben der Stadt Salzburg gründlich zu verändern. Inwieweit wollen Sie einen bekannten Zwiespalt von Tradition und Innovation in der Mozart-Aufführungspraxis lösen?
Rolando Villazón: Ich habe mich gleich zu Beginn entschieden, zu den Wurzeln der Mozartwoche zurückzukehren und nur Mozarts Musik programmieren – Mozart pur. Es wird jedes Jahr einen musikalischen Schwerpunkt geben. 2019 geht es vor allem um Chorwerke und Arien mit obligatem Solo-Instrument – wir zeigen, wie Mozart die Menschen zusammenbringt. Neben den klassischen Konzerten mit den größten Mozart-Interpreten der Gegenwart entwickeln wir auch neue Formate. 2019 gibt es ein Mozart-Kabarett, eine Mozart-Pantomime und viel Tanz. Es gibt Lesungen von Mozarts Briefen, Symposien, Gespräche – wir wollen möglichst viele Menschen einladen, Mozart mit uns zu erleben und zu entdecken. Alle sollen Mozart feiern!
Adelina Yefimenko: Bei einer solch umfangreichen Auswahl von Mozart-Interpreten haben Sie auch klare Vorstellungen, welche Personen Sie zum nächsten und übernächsten Teilnahme an der Mozartwoche einladen wollen, welche Werke sollten gespielt werden? Verlassen Sie sich manchmal dabei auf Ihre spontanen Entscheidungen oder auf plötzliche Impulse? Wie funktioniert das mit der Spontanität kreativer Ideen bei der langfristigen Planung des Festivals? Können Sie ca. 5 Fähigkeiten eines Künstlers nennen, die entscheidend für Sie bei Ihrem Auswahl der Musiker sind. Was soll der Musiker können, wissen, tun, wenn er möchte, nach Salzburg zu kommen und an der Mozartwoche in Salzburg teilzunehmen?
Rolando Villazón: Natürlich, im Grunde stehen meine Pläne für die nächsten fünf Jahre in Grundzügen. Ich weiß genau, welche Werke ich programmieren möchte und habe auch eine Wunschliste von Interpreten – die großen Koryphäen ebenso wie junge Talente. Das wichtigste ist, dass sie Mozart auf ihre Art vermitteln können. Fünf Fähigkeiten kann ich nicht nennen – manchmal ist es ja auch einfach ein Gefühl, das man hat.
Adelina Yefimenko: Wie sehen Ihre Pläne für die Inszenierungen von Mozart-Opern in der Zukunft? Dieses Jahr wird eine absolute Rarität präsentiert. Die wenig bekannte und wenig gespielte Oper Tamos inszeniert die berühmte katalanische Gruppe La Fura dels Baus. Man kann sich im Voraus kaum vorstellen, wie prächtige visuelle Konzepte des Regie-Teams mit der Mozart Musik korrespondieren. Verraten Sie unseren Lesern ein paar Geheimnisse, die nicht direkt die Inszenierung betrifft, sondern, wie Sie zur der Idee kamen, diese Gruppe zur Mitarbeit einzuladen? Von welchen Inszenierungen La Fura dels Baus waren Sie besonders beeindruckt, bevor Sie entschieden, sie zur Mitarbeit einzuladen?
Rolando Villazón: La Fura dels Baus ist eine legendäre, visionäre Theatergruppe und ihre spektakulären Konzepte faszinieren mich schon lange. Als mir klar wurde, dass ich Thamos, König in Ägypten zeigen will, war La Fura meine erste Wahl – und ich war überglücklich, als Carlus Padrissa zugesagt hat. Er legt eine völlig neue Bearbeitung vor, die dennoch Mozarts Musik absolut in den Vordergrund stellt. Es wird hochmodern und gleichzeitig mit einem singulären Blick für die Geschichte der Menschheit. Ich bin sicher, es wird ein spektakulärer Theaterabend werden!
Adelina Yefimenko: Für wie viele Jahre haben Sie das feste Konzept für die Mozartwoche entwickelt? Wird dieses Konzept jedes Jahr erweitert oder weiterentwickelt? Wenn ja, in welche Richtung planen Sie diese Entwicklung?
Rolando Villazón: Für fünf Jahre, mit einem anderen musikalischen Schwerpunkt in jedem Jahr – aber immer Mozart pur.
Adelina Yefimenko: Es gibt in der ganzen Welt zahlreiche Mozart-Festivals. In Augsburg findet das Leopold-Mozart-Festival statt, in Würzburg ist das Mozartfestival berühmt. Es gibt das Mozart Festival Texas, das Mostly Mozart Festival, das Johannesburg International Mozart Festival, das Miltenberger Festival „Alles Mozart oder was?”. Als ich vorletztes Jahr nach Venedig fuhr, entdeckte ich zufällig ein Mozart Festival in einem kleinem Städtchen Portoqruaro. In Lemberg findet im Jahr 2019 das Dritte Festival LvivMozArt, das dem Mozart-Sohn gewidmet ist. Es ist nicht mein Ziel alle Mozart-Festivals zu erwähnen, nur meine Frage ist, ob Sie einige von diesen Festivals besucht haben. Wenn ja, welches Festival hat Sie besonders beeindruckt?
Rolando Villazón: Ich bin so begeistert, dass es all diese Festivals gibt, die sich mit Mozart beschäftigen. Persönlich kenne ich die Programme in Würzburg und bei Mostly Mozart gut und finde sie toll.
Adelina Yefimenko: Haben Sie über Kooperationen mit anderen Mozart-Festivals gedacht? Im kreativen Austausch gewinnt man die Welt.
Rolando Villazón: Immer gerne. Außerdem bringen wir unsere eigene Mozartwoche auf Tournee, in diesem Jahr zum Beispiel zum Osterfestival in Aix en Provence und zum Enescu Festival in Bukarest. Wir präsentieren jeweils Konzerte aus unserer diesjährigen Mozartwoche.
Adelina Yefimenko: Wie könnten Sie Ihr Credo und Ihre künftige Aufgaben als Leiter der Mozartwoche in der Mozarts Geburtsstadt Salzburg zusammenfassen?
Rolando Villazón: In einem Satz: Mozart lebt!
Das Gespräch führte Adelina Yefimenko
Rolando Villazon. Foto: ©Wolfgang Lienbacher