ROBERT SCHUMANN: Streichquartette Op. 41 – Neuerscheinungen mit dem Quatuor Modigliani und dem Stradivari Quartett, Mirare CD, RCA Red Seal
„Nimm meinen herzinnigsten Kuss, deren ich Dir tausend geben möchte für die Freude, welche Du mir heute verschaffest!“ Clara Schumann zu ihrem 23. Geburtstag an Robert
Die drei überwiegend lichten Streichquartette in A-Moll, F-Dur und A-Dur von Robert Schumann haben Konjunktur, zumindest im Aufnahmestudio. Kurz hintereinander sind zwei bemerkenswerte Neueinspielungen erschienen, die zeigen, wie jeweils auf sehr hohem Niveau mit unterschiedlichen Akzenten und differenzierten klanglichen Visionen eindringliche und überzeugend individuell ansprechende Ergebnisse erzielt werden können.
Die 2003 in Paris gegründete reine Männerformation bester Freunde des Quatuor Modigliani mit Amaury Coetaux, Loic Rio, Laurent Marfaing und Francois Kieffer lässt sich für diese drei 1847 in einem Zeitraum von nur zwei Monaten entstandenen Werke ausreichend Zeit. Die Spieldauer beträgt 79 Minuten. Im direkten Zeitvergleich sind die seit 2007 zusammen musizierenden „Stradivaris“ (Xiaoming Wang, Sebastian Bohren, Lech Antonio Uszynski, Maja Weber) mit insgesamt 79,25 Minuten Spielzeit ungefähr im gleichen Tempo unterwegs.
Wer im Adagio des Op. 41 Nr. 1 thematisches Material aus der Neunten Beethoven heraushört, irrt sich nicht. Auch Joseph Haydn und Mozart haben Spuren in dem doch so neuartigen Zugang Schumanns zur Gattung der Streichquartette hinterlassen. Der Ton des Quatuor Modigliani ist von großer Leichtigkeit und melancholisch unterlegtem romantischem Fluidum. Die dynamischen Ausschläge sind weniger ausgeprägt als beim Stradivari Quartett. Scheinen fließende Eleganz und rhythmische Detailarbeit übergeordnete Prinzipien im Spiel der Franzosen, so ist der Zugang des Stradivari Quartetts zu diesem kammermusikalischen Kosmos Schumanns dramatischer, gleichsam biographischer geprägt. Eine musikantisch flexible, aus der Wiener Klassiktradition rührende Rubatokultur charakterisiert ihr Spiel. Beiden Formationen gelingen faszinierende Interpretationen auf der Höhe der Zeit, das heißt in hoher Durchhörbarkeit und in feinem, gleichwertig die einzelnen Stimmen harmonisch zueinander verschränktem Zusammenspiel, ohne apodiktisch zu wirken. Die „sanglichen“ Qualitäten der Solisten sind durchaus gleich gut verteilt, wenngleich das Stradivari Quartett für mich persönlich ein Quentchen poetischer und sommerlich flirrender klingt. Piani, Stil und Klangkultur sind in beiden Einspielungen vorbildlich. Von der Aufnahmequalität ist die RCA-Einspielung des Stradivari Quartetts derjenigen aus dem Hause Mirare um wenige Punkte technisch überlegen.
Dr. Ingobert Waltenberger