Gera: Redoute in Reuss, Pasticcio-Operette
nach Motiven von Johann Strauß, 9.2.2024 – Uraufführung
Foto: Ronny Ristok
Eigentlich bin ich darauf gekommen,nach Gera zu fahren und „Redoute in Reuss“ zu sehen, wegen der J.Strauss’schen Musik, da ich letzten Silvester Die Fledermaus, diesmal in Meiningen,nicht erleben konnte.In den früheren 80er Jahren,als ich in Wien studierte, sah ich die ‚Oper aller Operetten‘ immer in der Wiener Staatsoper, und danach,wo möglich,auch immer an Silvester. Also machte mich es neugierig,dass in Gera eine Operette uraufgeführt wurde,was heute ja eher selten vorkommt. Es handelt sich dabei um ein weitgehend reines J.Strauss- Pasticcio,in dem verschiedenste Walzer und Polken,Mazurken, russische Märsche sowie ganze Nummern aus der Fledermaus verwendet werden. Die Zusammenstellung nahm der Komponist Olav Kröger vor, der nur ganz selten in die Strauß -Werke verändernd eingriff,und das Libretto für REDOUTE in Reuss schrieb ihm Sophie Ira.Und das gerät zu einer höchst vergnüglichen Angelegenheit.
Vorzumerken wäre noch,dass es ja bereits 1899 eine Operette „Wiener Blut“ nach Johann Strauß,zusammengestellt von Adolf Müller,gab, die sich gleichfalls auf Reuss-Schleiz-Greiz bezieht.
Die Handlung des Librettos für die ,Redoute‘ ist so: Der 1.Akt spielt in einem Salon auf Schloß Osterstein bei Gera. Es wird befürchtet, dass der Zwergstaat Schleiz-Greiz, zwischen Thüringen und Sachsen gelegen, bei der Neuordnung Europas nach der Niederlage Napoleons,von der Landkarte verschwinden wird,da die Großmacht Preußen sich auch in den Süden auszubreiten gedenkt. Eine Unabhängigkeit wäre eher gegeben, wenn das österreichische Kaiserreich als Schutzmacht fungiert. Um 1812 leben in dem Zwergstaat gerade acht Grafen, Prinzen und Fürsten, die alle auf den Namen Heinrich hören, und aus verschiedenen Orten wie Reuss-Greiz, -Schleiz, -Ebersdorf, -Lohenstein, oder -Koestritz mittlerer Zweig stammen. Das ist nicht die einzige Merkwürdigkeit in diesem verstaubten Fürstentum.
Zu einer Redoute,also höfischer Tanzveranstaltung nach Wiener Vorbild, sind alle Grafen mit Gemahlinnen soweit vorhanden,eingeladen,und zu Mitternacht soll die Verlobung der einzigen heiratsfähigen Prinzessin Adelheid bekanntgegeben werden. Sie hat aber in der Sippschaft viele Verehrer, so ist der Erwählte noch unbekannnt.Zu der Redoute erscheint auch ein Wiener Graf Ferdinand v.Herzmannstal,der sich in Adelheid verliebt, und ihr auf dem Rücken des Zeremonienmeisters Horch von Guckendorf ein Liebesbriefchen schreibt mit der Aufforderung, sich im Pavillon zum Stelldichein einzufinden.Dieser Graf ist der Vetter von Fürst Metternich und kann sich somit auch für den Zwergstaat verwenden. Seine Nichte Gabriele fürchtet ihre anstehende Enterbung, was mit der Räumung ihres Wiener Palais‘ verbunden wäre. Sie lädt Balduin Graf von Zedlau, Sekretär des reussischen Außenministers, nach Wien ein, und sie verlieben sich ineinander. Adelheid tritt incognito bei der Redoute als italienische Koloratursaengerin auf, mit einigem Erfolg, und trifft dann tatsächlich den Wr.Grafen. Er gefällt ihr viel mehr als die anderen Aspiranten, und so werden Mitternacht zwei Verlobungen bekannt gegeben, sowie, dass der Wr Kongreß seine Arbeit aufnimmt. Auf dem Ball tritt jetzt noch eine Mona Lopez mit ihrer Tanztruppe auf,deren Auftritt „mit Peitsche“ Horch von Guckendorf nicht verhindern hatte können. Diese mazurkenhaften Taenze sind für die Emeriti des Zwergstaats eine finale Zumutung. Mona Lopez stellt sich als männlicher Tänzer heraus,und ein Reusser Heinrich, der als „Schwachsinniger‘ wie ein Kind behandelt wird,verliebt sich in ihn. Gabriele von Herzmannsthal war auch mitgekommen,um hier wieder Walzer zu tanzen,der in Wien gerade wegen Anstiftung zum Aufruhr polizeilich verboten war. Nun bringen die Wienerinnen den Reussern den neuen Tanz bei.
Viele gute Gesangsleistungen und das toll aufspielende Orchester samt Chor unter Thomas Wicklein bringen eine neue spritzige Operette in der Inszenierung Kay Kunzes, in der Bühne und den Kostümen von Martin Fischer und Andrea Eisensee auf den Weg!
Friedeon Rosen