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Retz/NÖ/ Stadtmuseum: Historisches Klavier zum Leben erweckt Robert Pobitschka konzertierte am 20. Mai am Liszt-Flügel

21.05.2023 | Konzert/Liederabende

Historisches Klavier zum Leben erweckt

Robert Pobitschka konzertierte am 20. Mai am Liszt-Flügel im Museum der Stadt Retz

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Robert Pobitschka vor dem berühmten Liszt-Flügel. Foto: Museum der Stadt Retz

Antonia Raab, hochtalentierte Klavierschülerin von Franz Liszt, genoss das Privilleg, dass der Meister persönlich regelmäßig zu ihr nach Retz kam, um sie dort auf ihrem eigenen Bösendorfer-Flügel zu unterrichten. Liszt selbst konzertierte auf dem Instrument, das nach ihm Liszt-Flügel genannt wird.

Bereits im Mai 2022 gab der Pianist und Komponist Robert Pobitschka das erste Konzert am Liszt-Flügel, der seit seiner Renovierung im Museum Retz steht und dort auch besichtigt werden kann. Den vom Museum geäußerten Wunsch nach einem weiteren Konzert nahm er begeistert auf, der zweite Abend mit dem Künstler fand am 20. Mai 2023 statt.

Die interessante Programmfolge führte vom 18. Jahrhundert in die Jetztzeit und begann mit Joseph Haydns Sonate in Es-Dur Hob. XVI:49 aus dem Jahr 1789. Pobitschkas präzise und klare Wiedergabe enthiet auch sehr rhetorisch wirkende Momente, in denen sehr Persönliches zum Ausdruck kam: Haydn hatte das Werk ja für seine Freundin Marianne von Gentzinger komponiert und „auf ewig dero Gnaden zugeeignet“ (Zit. Haydn).

Beeindruckend bewältigte der Pianist die ernormen Schwierigkeiten in Franz Liszts „Apres une Lecture du Dante – Fantasia quasi Sonata“, dem folgenden Werk. Erzählerisch und klanglich illustrativ entwickelt das Werk seine Poesie: Zwischen donnernden Kaskaden und ermattenden Klängen weisen himmlisch anmutende Pianissimoklänge und ein Finale furioso in strahlendem Dur darauf hin, dass Liszt der von Dante ausgesprochenen „ewigen Verdamnis“ der untreuen Francesca da Rimini – die Episode aus Dantes Divina Comedia, die dem Werk als Programm diente – die Rettung durch himmlische Mächte entgegenhielt. Die gleich am Anfang aufscheinende verminderte Quinte (Tritonus oder Diabolus in Musica genannt) erscheint am Schluss in gewaltigen Doppeloktaven und aufgelöst in die reine Quinte. Erlöst auch die Protagonistin.

Die mit 1961 datierte Sechste Klaviersonate von Istvan Szelényi kann als Rarität bezeichnet werden. Harmonisch wirkt das Werk modernistisch aber noch tonal und erinnert an die ungarischen Klänge eines Bartok oder Kodaly. Szelényi lässt Seelenbilder Revue passieren: Bedrängung, Rückerinnerung – ausgelöst durch eingeschobene, entfernt wirkende, zarte Klangregister – Reaffirmation der Kräfte. Am Ende steht klar der Sieg, ausgedrückt in hoch virtuosen Passagen und in strahlendem Dur. Pobitschkas Interpretation lässt sich nicht vergleichen, da eine weitere, mir bekannte nicht existiert. Das Publikum im voll besetzten Museum nahm diesen „schweren Brocken“ aber sehr positiv an und dankte mit viel Applaus. Szelenyi war neben seiner Kompositionstätigkeit auch einer der bedeutendsten Liszt-Forscher des 20. Jahrhunderts und Professor für Komposition an der Liszt-Akademie in Budapest. Er starb 1972. Die Partitur der Sonate gelangte über den Sohn des Komponisten, Laszlo Szelenyi, in den Besitz Robert Pobitschkas.

Letzter Programmpunkt war „Wasser ist Leben“, eine eigene Komposition Pobitschkas aus dem Jahr 2022. Verschiedene Wirkungen des Elementes Wasser scheinen in klanglichen Umsetzungen auf. Auch hier reagierten die Zuhörer mit Interesse. Pobitschka bedankte sich für den anhaltenden Schlussapplaus mit der Sarabande aus Johann Sebastian Pachs Partita I in B-Dur.

Ein vom Museum organisiertes Buffet bot nach dem Konzert Gelegenheit für sehr angeregte Unterhaltungen und Diskussionen.

Isolde Cupak

 

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