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RENOIR

07.04.2013 | Allgemein, FILM/TV

Ab 12. April 2013 in den österreichischen Kinos
RENOIR
Frankreich / 2012
Drehbuch und Regie: Gilles Bourdos
Mit: Michel Bouquet, Christa Theret, Vincent Rottiers u.a.

Wer „Renoir“ sagt, denkt „Renoir“ und schwellende weibliche Formen in herrlichen Pastellfarben. Und das bekommt man in diesem Film reichlich – man ist mit dem 74jährigen Maler Auguste Renoir im Jahre 1915 an der Cote d’Azur, in dem großzügigen Landhaus „Les Collettes“ in Cagnes-sur-Mer bei Nizza, wo er sein Lebensende verbrachte. Eine Wunderwelt aus Licht und Natur, die von Regisseur Gilles Bourdos auch so beschworen wird, dass sich auf der Kinoleinwand die Sonnenstrahlen so verführerisch brechen, wie sie nur ein Impressionist auf seine Leinwand bannen und Bild werden lassen konnte…

Der alte Renoir war seit Jahren an schwerer Arthritis erkrankt, und das Malen bereitete dem alten Mann mit den verkrüppelten Händen große Beschwerden. Michel Bouquet spielt ihn greisenhaft und unsentimental – ein Besessener des Pinsels, der sich dennoch nie wie ein besessener Künstler, sondern wie ein kaltschnäuziger Bürger aufführt. Betreut von einer Schar ihm leidenschaftlich ergebener Frauen (alle wohl Ex-Modelle und Ex-Geliebte), die für ihn den Haushalt führen und ihn aufopfernd pflegen… Sie binden ihm auch den Pinsel, den er nicht mehr halten kann, in die Hand, sie drücken ihm die Farben aus, sie tragen ihn mit einer Sänfte in den Garten, damit er dort malen kann.

Seine Themen waren die Natur – und die Frauen. Doch man sollte nun nicht das große Leidenschafts-Drama erwarten, wenn Andrée Heuschling in sein Haus kommt: Nur ihr vollendeter Körper interessiert ihn, den er in allen Variationen malt. Das allein gibt, so viel ist klar, noch keinen Film, auch wenn man Natur, Luft, Licht und Sonne und auch weibliche Nacktheit mit der Kamera noch so liebevoll umkreist.

Tatsächlich müsste dieser Film im Grunde „die beiden Renoir“ heißen, oder: „Wie Auguste Renoir seine letzten Jahre verbrachte und Jean Renoir seine Berufung fand“. Man ist, wie erwähnt, im Jahre 1915, der Erste Weltkrieg ist zumindest an durchziehenden Soldaten zu bemerken. Der alte Mann, kürzlich verwitwet (aber „Madame“ erscheint ihm auch schon noch mal im Traum), lebt hier mit seinem jüngsten Sohn, dem störrischen Coco (wunderbar: Thomas Doret), für den er ebenso wenige Gefühle kundtut wie für die anderen Söhne. Der älteste ist noch im Krieg, Jean, der Mittlere (ideal besetzt mit Vincent Rottiers), kommt humpelnd nach Hause, um seine Beinverletzung auszukurieren.

Zwischen dem jungen Mann und dem schönen, wenn auch kühlen, berechnenden und exzentrischen Modell Andrée (die später den Künstlernamen Catherine Hessling annahm) entspinnt sich nun die Beziehung, und Christa Theret hat die ungewöhnliche und herausfordernde Attitüde, die sich mit dieser Figur, so wie sie der Film zeigt, zu einem perfekten Bild (das gar nicht sympathisch sein muss) verbindet. Keine respektvolle Dienerin des Meisters, sondern eine exzentrische Egomanin, die in dem Renoir-Sohn eine Zukunft für sich wittert und skrupellos zugreift. Das Drehbuch, das mehr Impression sein möchte als handfester Biographie-Film, weist dennoch auf die reale Zukunft: Jean Renoir und Andrée teilten die Liebe zum Film, damals noch Stummfilm in Schwarzweiß, aber schon eine eigene Kunstform. Vielleicht auch das Abrücken des Sohnes von der bewunderten Malkunst des Vaters…

Tatsächlich ist Jean Renoir in den Weltkrieg zurück gegangen, wie man es am Ende des Filmes sieht (das Geschehen folgt Vater Auguste nicht bis zu dessen Tod 1919). Er ist zurückgekommen, hat Andrée geheiratet, sie haben Filme zusammen gemacht. Der Nachspann verrät (und man versteht es, angesichts dessen, wie die Charaktere präsentiert wurden), dass die Ehe nur ein Jahrzehnt dauerte. In dieser Zeit spielte sie Hauptrollen in den Filmen des Gatten, danach geriet sie in Vergessenheit, während Jean auch in Hollywood große Karriere machte.

Es ist ein Film über Vater und Sohn Renoir und die Frau, die für einen sein letztes Modell, für den anderen seine erste Hauptdarstellerin war. Die ergreifendsten Szenen des Films sind jedoch jene, wo der wunderbare Michel Bouquet aus der Distanz des kranken Alten heraustritt und mit voller Emphase von dem schwärmt, was sein künstlerisches Leben beherrscht hat: die Liebe zur Schönheit, vor allem zur weiblichen…

Renate Wagner

 

 

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