REMAGEN: „Heilige Körper“ im Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Frau Dr. Susanne Bloecker erlaeutert den Schlafenden Jesse von ca. 1530. Foto: Andrea Matzker
Die Ausstellung, die bis zum 1. April 2024 geplant ist, zeigt 50 religiöse Gemälde und Skulpturen in der Kunstkammer Rau des Museums und gliedert sich in vier Bereiche. Die Kuratorin der Kunstkammer Rau, Frau Dr. Susanne Blöcker, beschreibt die Ausstellung folgendermaßen:
Antonio Solario: Madonna mit Kind, Anfang 16.Jh. Foto: Andrea Matzker
„Das Kapitel Die heilige Familie erzählt von den zentralen Gestalten des Christentums, Maria, Joseph und Jesus. Wesentliche Ereignisse ihrer Familiengeschichte, wie die Geburt des Messias, sein Tod, sowie seine Auferstehung und anschließende Himmelfahrt, werden in Kunstwerken vom Mittelalter bis in die Anfänge der Moderne verbildlicht. Seit ungefähr 1300 steht in der Kunst das innige familiäre Miteinander zwischen Mutter und Sohn im Mittelpunkt. Die Himmelskönigin und der Weltenherrscher vergangener Kunstepochen werden nun in Malerei und Bildhauerei uminterpretiert und als empfindsame menschliche Individuen wiedergegeben. Diese Darstellung transportiert sich über die Jahrhunderte hinweg auch in private Kontexte (…).
Johann Koenig: Das Opfer des Noah nach der Sintflut-1629. Foto: Andrea Matzker
Der zweite Ausstellungsbereich Opfer illustriert die Bedeutung des rituellen Opfers, das weltweit im Mittelpunkt vieler Religionen steht. Geopfert wird etwas besonders Kostbares – ein Gegenstand, ein Tier oder sogar ein Mensch. Auch im Christentum ist dies der Fall. Im Alten Testament ist es das Tieropfer, das zur Kommunikation zwischen Mensch und Gott dient, so wie es Johann Königs Das Opfer des Noah nach der Sintflut (1629) zeigt. Im neuen Testament ist es Christus selbst, der zum Lamm Gottes wird, der sich in letzter Konsequenz gewaltlos und friedvoll für seine Ideale, seinen Glauben und die Gemeinschaft opfert: Ein Opfer, das in der kirchlichen Messe und im Abendmahl gewürdigt und nachvollzogen wird.
Das dritte Kapitel rückt die Bedeutung der Propheten in den Vordergrund. Jüdische, christliche und islamische Propheten wie Johannes, Jesus oder Mohammed sind Verkünder göttlicher Botschaften, die sie in enger Zwiesprache mit Gott empfangen. Ihre religiösen Prophezeiungen bilden das Fundament für Tanach, Bibel und Koran. Daneben spielen aber auch ihre direkten Nachfolger, die Jünger und Apostel Christi oder die islamischen Havariyun, eine große Rolle in der weiteren Verbreitung der Glaubensbotschaft. Und auch in späteren Jahrhunderten kommt es immer wieder zu visionären religiösen Erlebnissen Einzelner, wie z. B. bei Hieronymus oder Franziskus, die schriftlich niedergelegt werden und den Glauben untermauern.
Ausstellung Heilige Körper: Saal der Propheten. Foto: Andrea Matzker
Im abschließenden Kapitel Heilige Körper stehen die skulpturalen Stellvertreter der Heiligen im Vordergrund. Hautnah vermitteln sie abstrakte Glaubensinhalte. Heilige Körper berühren, in dem sie bildhaft von der geistigen und körperlichen Stärke einzelner erzählen. Sie wollen berührt werden, denn die in ihnen konservierte Kraft vermag zu heilen. Ein Werk des frühen 16. Jahrhunderts aus Flandern präsentiert ein eindrückliches Beispiel, den enthaupteten Heiligen Dionysos, der gegen Leiden wie Kopfschmerzen oder Migräne angerufen wird. Heilige Körper gibt es in ähnlicher Form weltweit und in vielen Regionen. Aus ihnen spricht das Bedürfnis, Religion greifbar werden zu lassen (Zitat-Ende Dr. Susanne Blöcker).“
Johann Georg Platzer: Anbetung der Hirten 1750. Foto: Andrea Matzker
Antonio Rossellino: Madonna mit Kind ca.1460. Foto: Andrea Matzker
Johann Georg Platzer. Anbetung der Hirten 1750. Foto: Andrea Matzker
Werkstatt des Meisters von Kirchheim am Ries. Anna Selbdritt mit der Stifterin ca.1500. Foto: Andrea Matzker
Jan Pollack: Christus als Salvatore Mundi um 1500. Foto: Andrea Matzker
Fra Angelico Erzengel Michael, ca. 1425. Foto: Andrea Matzker
Anonym. Das schlafende Jesukind. Memento Mori. 2. Hälfte 16. Jhds. Foto: Andrea Matzker
Georges Rouault: Das Heilige Antlitz 1940. Foto: Andrea Matzker
Werkstatt Lukas Cranach d. Ae. Madonna mit Kind und Johannesknaben mit Besucherin um 1515. Foto: Andrea Matzker
–Jonathan Meese: Feuerrotes Erddrachenbaby 2008. Gartenskulptur. Foto: Andrea Matzker
Die Direktorin des Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Frau Dr. Julia Wallner, resümiert: „Die Ausstellung thematisiert eine universelle Frage des Menschseins und der Menschlichkeit. Sie vermittelt sich über alle Zeiten und Kulturräume und trägt eine deutliche Botschaft des friedfertigen Umgangs in die Welt.“
Zur Ausstellung ist ein Kurzführer erschienen, der kostenfrei in der Präsentation ausliegt. Weiterhin warten auf die Besucher auf Karten bedruckte Fragen zu den vier Themenkomplexen, die beantwortet werden können. Im Arp Labor ist eine Mitmachstation eingerichtet, in der weiterführende und anschließende Fragen beantwortet werden können. Diese Station übersetzt die Themen der Ausstellung in die heutige Zeit und regt an, über verschiedene Fragen nachzudenken. Im Arp Labor gibt es auch einen sogenannten Denkraum, in dem Gedanken fließen können. Neben vielen Führungen und Vorträgen bietet das Museum noch zwei ganz besonders reizvolle Termine: Am Samstag, dem 14. Oktober 2023, um 18:00 Uhr, spielt das Adelphi Quartett ein Konzert, und am Sonntag, dem 12. November 2023, um 11:00 Uhr, findet ein Wandelkonzert in der Ausstellung mit Werken von Johann Sebastian Bach statt. Abgesehen davon ist das Museum natürlich immer ein Highlight an sich, und das zauberhafte, dazugehörende Museumsrestaurant Interieur No. 253 gehört mit seiner großen Terrasse und seinem malerischen Ausblick zu den schönsten gastronomischen Lokalitäten im ganzen Rheinland.
Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger