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REICHENAU/ Festspiele: DIE WASSERFÄLLE VON SLUNJ -von Heimito von Doderer. Premiere

07.07.2025 | Theater

Festspiele Reichenau:

„DIE WASSERFÄLLE VON Slunj“

Spätwerk von Heimito von Doderer, Dramatisierung von Nicolaus Hagg

Bericht über die Premiere am 6. Juli 2025

Regie: Beverly Blankenship

Mit Daniel Jesch, Günter Franzmeier, Johanna Mahaffy, Sona MacDonald und Weiteren

21 Aufführungen bis 3. August 2025

Alle Infos auf www.festspiele.reichenau.at

Der Star des Abends ist Nicolaus Hagg bzw. seine Dramatisierung des Romans von Heimito von Doderer!

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Robert Clayton / Daniel Jesch  –  Monica Bachler  Johanna Mahaffy  –  Donald Clayton / Skye MacDonald
© Lalo Jodlbauer

Nikolaus Hagg und die Festspiele Reichenau haben eine lange gemeinsame Geschichte. Mit „Parkbankphilosophen“ entstand 2008 sein erstes Stück für die Festspiele Reichenau. Ihm folgten Dramatisierungen der „Strudlhofstiege“ und der „Dämonen“ von Doderer sowie „Anna Karenina“, „Madame Bovary“ und „Effi Briest“. Mit „Oberst Redl“ und „1914 – zwei Wege in den Untergang“, gelangten zwei Stücke zur Uraufführung, die nicht auf Romanen beruhen. Mehr Infos unter https://www.festspiele-reichenau.at/de/ensemble/nicolaus-hagg/13679. Aktuell ist Nikolaus Hagg Mitglied der Wiener Volksoper und dort als Schauspieler und Sänger in „Lass uns die Welt vergessen – Volksoper 1938“ zu sehen und zu hören.

Heimito von Doderer (1896-1966) gehört zum Rax-Schneeberggebiet und zum Semmering ähnlich wie Arthur Schnitzler (1862-1931) zu Reichenau und dem Thalhof. Doderer war Stammgast im Alpengasthof Oberer Eggl in Prein in der Nähe des Riegelhofes, dem Sommersitz der Familie Doderer.

„Die Wasserfälle von Slunj“, Roman, Erstveröffentlichung: 1963

Der Inhalt

Der englische Industrielle Robert Clayton (Daniel Jesch) verlagert die Produktion seiner Maschinenfabrik nach Wien und lässt sich in der Hauptstadt der Donaumonarchie nieder. Doch weder seiner Ehefrau Harriet (Emese Fay) noch seinem Sohn Donald (Skye MacDonald), der später Teilhaber der Firma wird, gelingt es, in Wien heimisch zu werden. Während sich die Erfolge der Firma in den Osten ausdehnen, wachsen Sprachlosigkeit und Unverständnis zwischen Vater und Sohn. Als sich Donald in die junge Ingenieurin Monica (Johanna Mahaffy) verliebt, kommt eine neue Dynamik in die festgefahrenen Beziehungsmuster. „Väter sind Raubtiere“ heißt es mehrfach im Stück. Wo der Sohn zögert, greift der Vater zu. Die Verlobungsanzeige von Robert Clayton und Monica Bachler veröffnet Donald Clayton die Wahrheit. Er verunfallt tödlich bei den Wasserfällen von Slunj.

Die Bühnenfassung reduziert auf 11 Charaktere des über 400 Seiten starken Romans. Spannende Einblicke in die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Donaumonarchie ergeben sich zum Beispiel durch die Beziehung des Studenten Zdenko von Clamatsch (Markus Freistätter) zu Gräfin Emilia Ergoletti (Sona MacDonald). Sie würde seine Ausbildung zum Arzt finanzieren, sollte er sich den Karriereplänen seines Vaters widersetzen. Schlussendlich ist Zdenko doch nicht bereit, seinen Traum vom Medizinstudium zu leben.

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Zdenko von Clamatsch / Markus Freistätter – Gräfin Emilia Ergoletti / Sona MacDonald
© Lalo Jodlbauer

Die beiden Prostituierten Finy (Johanna Arrouas) und Feverl (Bettina Schwarz) retten selbstlos ein Kind vor dem Ertrinken, Monica. Aus Dankbarkeit bietet ihnen die Familie eine gesicherte Existenz auf ihrem Landgut. Mit ihrer lebensbejahenden Art sind sie Monica gute und humorvolle Ratgeberinnen.

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Finy / Johanna Arrouas  – Monica Bachler / Johanna Mahaffy  –  Feverl / Bettina Schwarz
© Lalo Jodlbauer

Ein besonderes Paar sind auch Josef Chwostik (David Oberkogler), ein Urwiener, und Andreas Milohnic (Rafael Schuchter) aus dem ungarischen Teil der Donaumonarchie. Mit Fleiß und Schmäh werden sie Teil des wirtschaftlichen Aufschwungs in Wien.

Dr. Eptinger (Günter Franzmeier), der Rechtsanwalt und Onkel von Monica, komplettiert die Darstellerriege.

Harriet Clayton begleitet zwar ihren Mann Robert nach Wien, muss ihn aber um Erlaubnis fragen, wenn sie ihren Sohnes Donald in England besuchen will. Das Wasser nimmt Robert Clayton früh die Frau und später auch seinen Sohn. Die Figur der Harriet Clayton erinnert ein wenig an Genia Hofreiter im „Weiten Land“, die auch immer auf ein Lebenszeichen und den Besuch von Percy aus dem Internat wartet.

 

Beverly Blankenship ist die Regisseurin des Stücks und wird wie das gesamte Ensemble und das Leading Team bejubelt!!! Einige Besucher:innen haben Tränen in den Augen ob des Leids der Familie Clayton.

Bilanz nach 4 Premieren:

Reichenau beweist wieder, dass es die Schauspielhochburg im Sommer speziell für Theaterfans aus Wien und Graz ist. Auch die Einheimischen kommen in Scharen!

Geht man die Fischerpromenade vom Bahnhof in Payerbach zum Theater in Reichenau, kann man leicht Schauspieler treffen. So ist mir Sona MacDonald mit dem Textbuch in der Hand begegnet! Die Sommerfrische im Rax-Schneeberg-Gebiet erlebt mit und durch die Festspiele Reichenau für mindestens fünf Wochen im Jahr eine kräftige Renaissance, 2025 unter dem wunderbaren Motto „Räume für Träume“.

 

Elisabeth Dietrich-Schulz

 

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