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Die Wiener Staatsoper & Co.
MONATSRÜCKBLICK
März 2014
Zunächst: Das Saisonprogramm 2014/15
Zur Programmpressekonferenz am 25.März 2014
Das konnte man an dieser Stelle anlässlich der vorjährigen Programmverkündung für unsere derzeit laufende Saison lesen:
„Mit der Fanciulla del West und der Adriana Lecouvreur kommt erstere nach langem wieder auf den Spielplan, letztere überhaupt zu Erstaufführungsehren. Endlich interessante Erweiterungen im italienischen Fach. Für die eine oder andere Neuheit bei Verdi oder gar einem Trovatore hat es wieder nicht gereicht. Zugegebenermaßen läuft die Sanierung beim deutschen Fach besser an: der Tristan wechselt heuer, der Lohengrin nächste Saison, hoffentlich spannend und nachhaltig„
Nun war der Lohengrin sicher nicht langweilig, aber von besonderer Nachhaltigkeit ist nichts zu bemerken, denn nach der Premierenserie schafft es dieser Wagner weder diese noch nächste Saison erneut auf unsere Bühne und dieses Schicksal teilt der Gralgesandte mit der französischen Diva Adriana Lecouvreur, weil beide offensichtlich das Schicksal von Co-Produktionen erleiden. Und die Fanciulla del West ist gerade einmal mit einer Dreierserie in der kommenden Saison bei uns zu Gast. Viel Investition allemal für wenig Breitenwirkung.
Und die Saison 2014/15 ? Dank Sparpaket, dank Burgtheater: Natürlich ein Sparprogramm!
Hätten nicht die vorhandenen Bühnenbauten noch bespielt werden können bei jenen Inszenierungen, die ausgetauscht werden und denen viele Besucher jetzt schon nachweinen?
Jenen von der seinerzeit so gelobten Schaaf-Inszenierung des Idomeneo, die aber wahrscheinlich schon längst vernichtet oder verscherbelt sind, jenen der Elektra, die unlängst noch genügend Standfestigkeit bei den Atriden beweisen durften, sowie der Kulissenzauber des ebenfalls noch bespielbaren Rigoletto, der nur so aussieht als stammte er aus der Uraufführung an diesem Haus. Vor allem letzteres Werk bringt noch dazu kaum Sensationelles an Besetzung, im Gegenteil, die Sängerin der Gilda durfte schon beweisen, dass sie stimmlich nicht mehr oder noch nicht in dieses Fach passt. Da darf sie dann gleich auch die Norina dazu singen, immerhin eine Nettigkeit, dieser Don Pasquale, bietet er doch einem feinsinnigen Star wie Juan Diego Flórez eine Präsentiermöglichkeit.
Bleiben nur zwei tatsächlich interessante Neuigkeiten, Mussorgskis Chowanschtschina und The Tempest von Thomas Adès. Erstere noch unter Abbado an der Staatsoper erstaufgeführt, (wenn man von einem früheren Gastspiel der Belgrader Oper im Jahre 1964 absieht) letztere vor kaum einem Jahrzehnt in Töne gesetzt, also für Wiener Verhältnisse kann man sagen: „Die Tinte noch nass“. Ansonsten ist es schon wieder zu Ende mit den Erweiterungen im Repertoire, wenn man von Lortzings Undine absieht, die allerdings nur als Fassung für Kinder herauskommt.
Aber dafür entfällt der Begriff „Neueinstudierung“ oder „Wiederaufnahme“ hinkünftig in den Ankündigungen und Programmen, denn Dominique Meyer verspricht für alle vierzig Titel im Repertoire der nächsten Saison beste Bedingungen für die einzelnen Wiederaufnahmen!
Ergänzend noch einen Ausschnitt aus einem Kommentar von MERKER-Redakteur Ernst KOPICA:
„Am 25. März 2014 präsentierte Direktor Dominique Meyer den Spielplan für die kommende Saison 2014/15. Insgesamt herrschte bei den anwesenden Journalisten doch ziemliche Enttäuschung über das Gebotene, manche bezeichneten die Planung als „Sparprogramm“. Zu sehr standen die wirtschaftlichen Probleme im öffentlichen Kulturbetrieb und die Vorfälle rund um das Burgtheater im Mittelpunkt der jüngsten Berichterstattung, so war mehr übers Geld als über Künstler die Rede. Meyer stellte auch die Rute ins Fenster und schloss seinen Rücktritt dezidiert nicht aus, sollte die finanzielle Basis nicht verbessert werden können. Auch das Fehlen von manchen Top-Stars begründete er mit den Finanzproblemen, so etwa konnte man sich mit Jonas Kaufmann nicht entsprechend einigen; der Star-Tenor fehlt in der Jahresplanung. Offenbar war man nicht bereit auf seine Gagenforderungen einzugehen.“
Das Repertoire im März
L`ELISIER D`AMORE am 3.3., 6.3. und 9.3.
Wenige Tage vor ihrem 31. Geburtstag, der sich am 8. März jährt, ist es Nino Machaidze nun doch gelungen, ihr Staatsopern-Debut nachzuholen. Besonders das Happyend, das sie schließlich ganz in die Hand nimmt, spielt Nino Machaidze bezaubernd. Gesanglich allerdings hat die Stimme weder Leichtigkeit noch Dolcezza mehr, sie klingt eigentlich ein bisschen nach scharfem Gekeife, auch dort, wo sie sich um Innigkeit bemüht, die nicht mehr strömen will. Sie ist schon ein paar Stufen zu Dramatischerem hinaufgestiegen. Schreibt Renate Wagner am 3.3. Hingegen fand Peter Skorepa die Sängerin am 9.3. in deutlich verbesserter Form vor: Uneingeschränkt der “Star” des Abends war Nino Machaidze mit ihrem jugendlichen, beweglichen und farbenreichen Sopran, eine Jungbäuerin voller Liebreiz, die ein gutes Bild in den Erntemonaten des entsprechenden Kalenders abgäbe.
Doktor Dulcamara, einst Taddei oder Panerai, heute immer wieder und natürlich ideal unser Alfred Sramek, vom Typ her auch ein Ambrogio Maestri. Erwin Schrott, den man eigentlich eher in die Uniform des Belcore stecken würde, ist ganz anders. Gesanglich war Schrott nicht in sonderlicher Geberlaune, ließ sich bei seiner – zugegeben sehr langen – Auftrittsarie Zeit, stimmlich in Fahrt zu kommen. So Renate Wagner und Peter Skorepa ergänzt dazu: Schrott bietet einen Dottore der Sonderklasse, jedenfalls einen der das A-parte – Singen und Agieren perfekt beherrscht, einen spitzbübischen aber liebenswürdigen Ganoven der immer wie “eingeraucht” wirkte mit seinen drollig aufgerissenen Augen. Stimmlich bot sein heller Bass trotz der kaum hörbaren Rhinitis-Allergie (Direktor Meyer hatte diese vor dem Vorghang angekündigt) genügend komödiantische Fülle.
Charles Castronovo: Gegen seine Technik ist auch nichts einzuwenden, wenngleich ihn sein Timbre keinesfalls an die Weltspitze katapultieren wird: zu guttural, zu baritonal für einen Tenor (R.Wagner)
Und P.Skorepa am 9.3. dazu weiter: Als Problem des Abends allerdings und überhaupt der Belcantopflege auf dem Tenorsektor der Wiener Staatsoper erwies sich Charles Castronovo. Man muß ja nicht in Süditalien geboren sein, um einen perfekten Belcantotenor abzugeben, aber so wenig Sonne und musikalische Helle als Tenor auszustrahlen, das sollte an der Staatsoper nicht passieren. Ähnlich wie beim Tenorissimo aus der “Adriana Lecouvreur” hätten diese Herrschaften eine Qualitätskontrolle hinsichtlich der Eignung für die jeweiligen Hauptrollen erst passieren müssen, ehe sie die Ehre- ja Ehre!- eines Auftritts an diesem Hause bekämen! Aber vielleicht bin ich da zu hart in meinem Urteil.
Alessio Arduini müßte sich noch an die Größe des Hauses heranarbeiten. Meint Renate Wagner, der sympathische Sänger mit dem etwas kleinen aber markanten Bariton wirkt insgesamt noch zu wenig überzeugend.
Nicht sehr glücklich wurde man mit Guillermo Garcia Calvo am Dirigentenpult, eine weitgehend uninspirierte, „breiige“ Interpretation, die gänzlich dazu beitrug, den Abend im braven Mittelmaß zu belassen, aus dem sich keiner hervortat, schließt Renate Wagner.
ADRIANA LECOUVREUR am 4.3., 8.3. und 12.3.
Leider trübten viele der Vorurteile, welche die Gheorghiu selbst über ihrem Haupt ansammelte, die Berichterstattung über ihre Leistung einigermaßen. Schade, denn sie stattete ihre Rolle vor allem gesanglich mit jener ätherischen Flüchtigkeit aus, die für die Darstellung einer zart besaiteten Diva des 18. Jahrhunderts passend erschien.
So aber schrieb E.Habermann: Letaler Zickenkrieg am internationalen Frauentag! Die wiedergenesene Diva Angela Gheorghiu war wieder in der Titelrolle, aber leider nicht verbessert zu hören. Das schöne Timbre spricht wohl nur mehr im Piano so richtig an. Und M&J Jahnas: Angela Gheorghiu – deretwegen man die Adriana Lecouvreur angeblich ins Programm genommen hat – sang die Titelrolle genau so, wie man es von ihr erwartet hatte. Ihre immer noch schöne Stimme erblüht in den lyrischen Passagen, die Höhen bereiten offensichtlich Mühe und kommen oft nicht sauber, die Piani gehen unter (trotz Rücksichtnahme von Evelino Pido) und ihre Darstellung der Diva ist schwer erträglich – wenn man kein erklärter Gheorghiu-Fan ist.
Massimo Giordano mühte sich wieder mit dem schönen Maurizio und bester Tenor des Abends war Raul Gimenez als Abate.(E.Habermann) Massimo Giordano kommt auch mit der Rolle des Maurizio nicht gut zurecht. Er erfüllt mit seiner von Natur aus schönen Stimme in vielen Sequenzen die technischen Anforderungen nicht; die Töne werden angeschliffen, werden nicht gehalten und klingen oft gepresst – kein Hörvergnügen! Meinen M&J Jahnas. Und berichten weiter: Lichtblick des Abends war die russische Mezzosopranistin Elena Zhidkova als Principessa di Bouillon. Im Gegensatz zu den derzeit sehr verbreiteten „Sopranistinnen ohne Höhe“ ist sie ein echter Mezzo mit wunderschönem, dunklen Timbre, mit gepflegten Höhen und mit einer großen Stimme, die auch im Piano bis in den letzten Winkel trägt. Roberto Frontali erwies sich als Michonnet wieder einmal als verlässlicher Bariton mit klarem, technisch perfektem, wohlklingendem Ausdruck. Der Hauptgrund, warum wir unser Kommen nicht bereut haben, war das Staatsopernorchester unter der Leitung von Evelino Pido. Die wunderbaren Vor – und Zwischenspiele von Francesco Cilea wurden feinfühlig bis temperamentvoll gestaltet und entschädigten für manchen szenischen Leerlauf.
EUGEN ONEGIN am 7.3., 10.3. und 14.3.
Der gebürtige Mexikaner Rolando Villazon singt seinen ersten Lenski an der Wiener Staatsoper. Und wie erwartet, spielt er die Figur des sensiblen Dichters, so als würde selbst sein eigenes Leben davon abhängen: Mit allen Fassetten, zuerst liebenswert, übermütig, dann voll brennender Eifersucht und schließlich verzweifelt. Insgesamt mit einer Präsenz, die alle an die Wand spielt. So berichtet H.C.Mayer über den Mexikaner.
Und er spielte an diesem Abend einmal mehr seine starke Bühnenpräsenz und seine darstellerischen Fähigkeiten aus. Er legte den Lenski selbstsicher an, liebeswert, im Tändeln mit Olga manchmal fast übermütig. Nach der alkoholdunstigen Auseinandersetzung mit Onegin zeigte er das Ringen der Figur um Versöhnung auf, legte beim Duell schließlich fest entschlossen die Pistole einfach weg, um zielgerichtet auf Onegin zu zugehen – und lief wie ein naiver, tolpatschiger Kerl ganz einfach in den Schuss. Gesanglich gelang Villazón ein guter Abend im Rahmen seiner inzwischen leider deutlich begrenzten stimmlichen Möglichkeiten, meint Dominik Troger. Seltsamer Weise erreichte Mariusz Kwiecien mit seinem kräftigen Bariton nicht diese hautnahe Wirkung wie Villazon, der sich so voller existentieller Hingabe in den Lenski hineinzulegen schien, als hinge davon sein Seelenheil ab.
Der polnische Bariton zeigte sich im Vergleich einfacher gestrickt – vielleicht sogar zu einfach gestrickt. Seine Stimme vermittelte mehr Kühle und Energie, gewiss eine prächtige Stimme, aber für den Onegin vielleicht schon zu „metallisch“, zu wenig mit leidenschaftlicheren Farben unterfüttert. Darstellerisch hat ihm (Lenski) da der eher steif wirkenden Mariusz Kwiecien als Titelheld, ebenfalls erstmalig in dieser Partie hier am Haus am Ring, nicht viel entgegen zu setzen und auch stimmlich nicht. Soweit H.C.Mayer über den Bariton.
Und Dominik Troger weiter: Als Tatjana stellte sich in dieser Aufführungsserie Dinara Alieva dem Wiener Publikum vor – und sie stand wie Onegin ebenso im Schatten der Bühnenpräsenz von Rolando Villazón, der zudem mit Nadia Krasteva eine nicht minder spielfreudige Olga an seiner Seite hatte Ain Anger – wie Krasteva schon in der Premiere mit dabei – sang einen würdevollen, schönstimmigen Gremin. Die übrige Besetzung erfüllte ihre Aufgaben.
Das Orchester unter Patrick Lange zählte eher nicht zu den treibenden Kräften das Abends, kam erst im Laufe des zweiten Aktes etwas auf Touren und schien sich mehr der täglichen Routine, als brillanter Spielfreude verpflichtet zu fühlen.
TOSCA am 13.3. und 15.3.
Viele Scarpias konnte man in diesem Haus schon hören, die sich akustisch während des Te Deums verabschieden mußten, darunter auch große Namen. Nun sollte der Schluß des ersten Aktes nicht in ein Wettsingen zwischen Orchester, Chor und dem baritonalen Protagonisten ausarten, im Gegenteil, man übt Nachsicht mit ihnen, wenn ein ansonsten guter Scarpia in diesen Klangwogen untergeht. Nichts von dem war bei dem Rollendebüt von Tomasz Konieczny an diesem Haus notwendig.
Mit seinem, an Wagnerschen Klangmassen geschulten Organ durchschnitt er förmlich die Wogen Puccinischer Kirchenmusik und orgelte drauflos was das Zeug hielt, so dass man sich wunderte, vor dem zweiten Akt keine Ansage zu hören. Natürlich passte auch der Stimmklang und dessen etwas nasales, oft gaumiges Timbre zu der Rolle dieses fiesen Charakters. Die Diktion seines Italienisch wäre allerdings verbesserungswürdig. Insgesamt aber sah und hörte man eine beachtenswerte Vorstellung einer neuen Rolle durch diesen Sänger hier in Wien. (Skorepa)
Da konnte leider Norma Fantini als Titelheldin bei weitem nicht mithalten. Nicht dass es ihr an Volumen und Facettenreichtum mangelt, meint H.C.Mayer, aber ihr Sopran weist ein ziemlich starkes Tremolo auf, das vor allem bei den innigeren Tönen, etwa bei ihrer Paradearie „Vissi d’arte“ sehr störend wirkt.
Und mit Yonghoon Lee war der vielleicht beste Asiate in einer italienischen Rolle zu hören, den derzeit der Sängermarkt zu bieten hat, so Peter Skorepa. Er bestätigte, dass nichtitalienische Sänger, wenn sie dank ihres Fleißes und ihrer Intelligenz mit dem italienischen Idiom bestens zu recht kommen oder vielleicht auch einen guten Sprachcoach aufmerksam frequentiert haben, die besten Chancen im italienischen Fach haben. All diese Dinge bringt der junge Koreaner mit, dazu die Fähigkeit die Stimme bis zu einem Piano zurück zu nehmen und dazu auch Höhensicherheit, die das “La vita mi costasse” und besonders das “Vittoria” hörenswert erklingen läßt. Da allerdings, in den höheren Bereichen, neigt die Stimme zur Verengung, da ist zu viel Gepresstes zu hören. Letztlich aber eine gesaglich gut gestaltete Leistung, vor allem im musikalischen Aufbau der großen Arie im 3. Akt und den “Dolci mani”, der Anbetung der süßen Mordpratzerln der Tosca. (Skorepa)
Clemens Unterreiner zerspragelte sich in Darstellung und Gesang für den entflohenen Konsul, dem man sogar den Hunger ansehen konnte und Il Hong als Mesner machte bewußt, welche Stütze des Hauses unser Alfred Sramek darstellt.
Routiniert leitet Stefan Soltesz das Orchester der Wiener Staatsoper. Wenn es drauf ankommt, weiß er jedoch mit nötigem Zupacken spannende, nur selten zu laute Ausbrüche, aber auch klangschöne, teils sehr breite aber auch zart gefühlvolle Momente zu erzeugen. (H.C.Mayer)
LA BOHÈME am 19.3., 22.3., 26.3. und 29.3.
Der Life-Stream aus der Wiener Staatsoper warf seine „Schatten“ voraus, auch wenn es nur die Schattenwirkung einer neuen Frontalbeleuchtung der Szene mit Benoit war. Darin warfen die Mansardenbewohner und ihr Zinsherr riesige Schatten an die kärgliche Mansardenwand im Hintergrund, auch die leichte Umfärbung des Bühnenmittelraumes mag ja vor allem auf dem Bildschirm gut aussehen, stellt aber doch einen Stilbruch zu der durchwegs in Pastelltönen gehaltenen Inszenierung des italienischen Altmeisters dar.
Jedenfalls ist die Stimmung in der Mansarde mit dem ersten Schlag des Dirigenten da: Mikko Franck, bereits bekannt aus dem Theater an der Wien, ist die Entdeckung dieser Serie. Umsichtig und scheinbar mühelos lenkte und formte er mit auffallend präziser Zeichengebung den musikalischen Ablauf des Geschehens und so kommt Puccini aus dem Graben mit all dessen melodischen Einfällen, kurzen Motiven und Tuttischlägen, kurz das Polternde der Mansarde, die Zartheit um Mimi und die bittersüsse Stimmung der letzten Szene. Lebendiger Puccini.
Maija Kovalevska gestaltete das Rollenportrait einer Mimi zum mitfreuen und mitleiden, innig im Spiel und zu großen musikalischen Phrasen fähig. Yosep Kang, der sensationelle Einspringer vom Dezember wiederholte seine gute und wortdeutliche Leistung und ist bei seinen hohen Cs in tono voll dabei.
Sein malender Kollege Adrian Eröd besitzt nicht nur blendende stimmliche Mittel für seine Rolle, nicht nur sein Gesang ist nobel, auch sein Spiel. Und bei Alessio Arduini ist Schaunard in besten Händen und Jongmin Park erntete für eine einfühlsam gesungene Mantelarie sogar reichlich Zwischenapplaus.
Und Valentina Nafornità setzte gesangliche Glanzlichter ihrer gekonnten Darstellung der Edelhure auf. Da schien sie noch nicht von einer Indisposition verfolgt und auch hier besser eingesetzt gewesen zu sein als in den späteren Rigoletto-Vorstellungen. (Peter Skorepa hat diese Boheme besucht)
WOZZECK am 23.3., 27.3. und 30.3.
Die Wiener Staatsoper hat an zwei aufeinander folgenden Sonntagen Alban Bergs „Wozzeck“ zur Kaffeejause am Nachmittag gespielt: Beginn jeweils 16.00 Uhr! Das ist eine ziemlich merkwürdige Programmplanung, meint Dominik Troger.
Diesmal hatte Matthias Goerne es in seiner Rollenwahl entschieden leichter: Ihm „passt“ die Figur wie angegossen auf den fülligen Leib und zu dem runden Gesicht, er ist die bedauernswerte Kreatur schlechthin, der schlichte, einfache Mann, dem zu viel unverdaut im Kopf herumgeht und der hilflos in die Katastrophe schlittert. Und das gänzlich ohne darstellerisches Pathos – wodurch er noch viel stärker wirkt.
Als Gestalterin ist Evelyn Herlitzius immer unerreicht, welche Rolle sie sich auch hernimmt (unvergesslich ihre Isolde), stimmlich scheint ein Leben mit allen Hochdramatischen der Opernliteratur doch nicht ohne Schrammen abgegangen zu sein. Aber gerade bei der Marie, wo ja nichts Belcanto und alles Ausdruck ist, wirkt auch ihre starke, stellenweise rücksichtslos eingesetzte Stimme goldrichtig. Soweit Renate Wagner am 23.3.
Und Dominik Troger ergänzt am 30.3.: Um Goerne und Herlitzius gruppierte sich an diesem Nachmittag ein sehr gutes Staatsopernensemble. Wolfgang Bankl hat sich den Doktor als zynischen Wissenschaftler adaptiert, Herwig Pecoraro war ein Hauptmann mit Charakterschärfe, Norbert Ernst ein kräftig aussingender Andres, Herbert Lippert ein brutaler, etwas forcierender Tambourmajor.
Das Orchester unter Dennis Russel Davies ließ durchaus die sinnlichen Seiten der Musik anklingen, wie diese „Mahlererinnerungen“ im Schmerz über das Schicksal der beiden „armen Leut“.
IL BARBIERE DI SEVILLA am 31.3.
Man spielte die unverwüstliche Inszenierung von Günther Rennert (Ausstattung Alfred Siercke) bereits zum 400.Mal. Sie hatte am 28.4.1966 unter der Direktion von Egon Hilbert ihre Premiere in deutscher Sprache unter dem Dirigat von Karl Böhm. Figaro war Eberhard Waechter, die Rosina Reri Grist und Bartolo Erich Kunz. Schon beim Einsetzen der ersten Gesangstexte ertönte von der Galerie der Ruf: „Rossini auf Deutsch! Pfui!“ (P.Sk.)
Der Star des Abends hieß diesmal Rosina und bewies einmal mehr, dass die russische Mezzo-Sopranistin Margerita Gritskova zu den schönsten Hoffnung der Ära von Dominique Meyer berechtigt.
Bei der Cenerentola-Premiere fiel sie als Stiefschwester positiv auf – im Juni wird sie nun bereits selbst Cenerentola im Haus am Ring übernehmen.
Unter der fast zu forschen Leitung von Stefan Soltesz ( er dirigiert seit 1983 in der Staatsoper ) war Dmitry Korchak ein viriler, höhensicherer Almaviva. Der Südkoreaner Tae-Joong Yang war ein guter Barbier – leider haftet seinem Singen eine gewisse Unnahbarkeit an. Aber seine Technik wird merkbar besser – immerhin.
Großartig der Bartolo des Rumänen Sorin Coliban. Die Stimme wird immer mächtiger, das Timbre dunkelt nach. Die Verleumdungsarie wurde so zu einem der Höhepunkte dieser „Comedia“.
Köstlich wie immer der Bartolo des Alfred Sramek.
Peter Dusek war für den MERKER-Online im Haus am Ring.
Peter SKOREPA
MERKEROnline
Alle Bühnenfotos der Wiener Staatsoper: Michael Pöhn,
Das Titelbild „WIENER STAATSOPER“ mit freundlicher
Genehmigung des Künstlers Karl Goldammer
Wien, April 2014